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Die Juweleninsel

Die Juweleninsel

Titel: Die Juweleninsel
Autoren: Karl May
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wohl auch gar manche Thräne perlte. Bald aber öffnete sich die Thür wieder, und es trat eine Gestalt hervor, welche einige Augenblicke wie unschlüssig stehen blieb und dann langsam am Garten vorüber nach dem Walde schritt. Es war der Pater. Unter einer hohen Tanne angekommen, legte er sich mit einem tiefen Seufzer in das Moos nieder. Legte? O nein! Hätte der Mond geschienen, so hätte Jeder, der in die Nähe gekommen wäre, eine Gestalt knien sehen im tiefen, innigen – Gebete. – –
    Man hatte sich in der Mühle sehr spät zur Ruhe gelegt. Dies war der Grund, weshalb die Betheiligten erst gegen Mittag erwachten. Beim Kaffee versammelten sie sich. Da trat Klaus der Knappe herein. Seine lange Nase machte allerhand bedenkliche Bewegungen, und endlich nahm er sich den Muth, zu fragen:
    »Herr Lieutenant, wissen Sie es schon?«
    »Was!«
    »Die Neuigkeit!«
    »Welche?«
    »Vom Prinzen! Das versteht sich ganz von selber.«
    »Was denn? Heraus damit!«
    »Er ist von der Mauer gestürzt.«
    »Ah! Und todt natürlich?«
    »Nein. Das versteht sich ganz von selber.«
    »Was! Weiter, weiter!«
    »Er ist mit dem Rocke an einem alten Tannenkrüppel hängen geblieben, der da oben im Felsen steckt, und hat die ganze Nacht gerufen. Erst gegen Morgen hat mans gehört und ihn mit Stricken und Seilen heraufgeholt. Aber sein Kopf ist schneeweiß geworden vor Angst. Er soll ganz verwunderlich aussehen; das versteht sich ganz von selber.«
    »Er ist nun krank vor Schreck?«
    »Gott bewahre, sondern kerngesund. Er ist gleich zur Bahn gegangen und auf und davongefahren. Er soll gesagt haben, daß er in seinem ganzen Leben nicht mehr nach Himmelstein kommen werde, vielleicht auch nach Süderland nicht. Das versteht sich ganz von selber.«
    Nachdem seine Nase einige ganz außerordentliche Drehungen gemacht hatte, verließ er brummend die Stube.
    Keins der Anwesenden sprach ein Wort, aber über das Angesicht des Paters ging ein Zug stiller seliger Befriedigung. Doch dauerte diese Stille nicht lange. Sie wurde unterbrochen von einer furchtbaren Detonation, welcher sofort eine zweite und dann eine dritte folgte. Alle erhoben sich, um vor die Mühle zu eilen. Da oben war der Steinbruch eingestürzt, und diese ganze Seite des Berges zeigte sich bedeckt von Fels-und Baumtrümmern. Die Menge des Volkes, welche die nahende Wallfahrt bei den beiden Klöstern vereinigt hatte, sah man nach der Gegend der Verwüstung fluthen.
    »Was mag das sein?« frug der General.
    »Man sagt, der Berg sei inwendig hohl, weil er früher ein feuerspeiender gewesen ist,« antwortete der Müller. »Nun ist er zusammengebrochen. Ein großes Glück, daß das Schloß und die Klöster noch stehen!«
    Der Pater aber neigte sich zu dem alten Mylungen:
    »Ich weiß es.«
    »Nun?«
    »Es sind seit langer Zeit Minen bereit, die heimlichen Gänge einzuschütten, sobald einer derselben entdeckt wird. Man hat die Gefangenen vermißt und die Minen angezündet. Nun machen Sie Anzeige!«
    »Ich weiß es, daß man da oben Alles leugnen wird. Ich werde mit dem Generalstaatsanwalt sprechen, der ja baldigst kommen muß. Aber wenigstens die beiden Kerls, welche wir da drin gefesselt liegen haben, sollen ihrer Strafe nicht entgehen.«
    – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –
    Zwei Jahre später wurde das neu erbaute Schloß Helbigsdorf eingeweiht. Der Prachtbau kostete beinahe, die innere Ausstattung mit gerechnet, eine Million. Die Mittel des Generales hätten dazu bei Weitem nicht ausgereicht, aber König Max, der frühere Schmiedesohn, hatte aus seiner Privatschatulle die sämmtlichen Kosten des Baues bestritten, um dem Generale ein Geschenk damit zu machen.
    Natürlich war nun Seine Majestät zur Feier dieses Tages geladen. Er war der Einzige, denn Helbig wollte nur die bei sich sehen, die seinem Herzen nahe standen. Die Mylungen und Walmy waren bereits eingetroffen, der Schmied Schubert nebst Frau, der Müller Uhlig auch nebst Frau, ebenso Pastor Walther nebst Frau.
    Da kam eine lange Wagenreihe den Schloßberg heraufgefahren. Voran sah man die königliche Equipage.
    »Sie kommen!« rief die Blaue.
    »Alle!« fügte die Grüne hinzu.
    »Alle miteinander!« vervollständigte die Purpurne.
    »Seine Majestät voran! Thue ich meine Bibi weg?« frug Freya.
    »Und ich meine Lili?« frug Wanka.
    »Und ich mein Mimi?« frug Zilla.
    »O,« meinte der nahe bei ihnen stehende Schmied, »die Damen mögen Ihre Mimi, Lili und
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