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Black Rabbit Summer

Black Rabbit Summer

Titel: Black Rabbit Summer
Autoren: Kevin Brooks
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|7| Eins
    D er Sommer dieser Geschichte begann für mich an einem heißen Donnerstagabend Ende Juli, während die Sonne allmählich unterging. Ich war mit Nichtstun beschäftigt – lag bloß auf dem Bett und starrte die Decke an –, weshalb ich in Wirklichkeit gar nicht sah, wie die Sonne unterging, trotzdem bin ich mir ziemlich sicher, dass sie da draußen irgendwo war. Alles war irgendwo da draußen – der von Sonnenstrahlen erleuchtete Horizont, das abnehmende Rot des Himmels, der Mond, der Rest der Welt –, ich wollte nur mit nichts davon etwas zu tun haben.
    Ich wollte damals mit
gar
nichts etwas zu tun haben.
    Das Einzige, was ich wollte, war auf meinem Bett liegen und die Decke anstarren.
    Ich hatte keine Ahnung, woher meine Lethargie kam – und ich glaube, es interessierte mich auch nicht besonders –, doch in den ungefähr drei Wochen seit Schulende hatte ich offensichtlich die Gewohnheit angenommen, gar nichts zu tun, und es fiel mir schwer, von dieser Gewohnheit wieder loszukommen. Spätmorgens aufstehen, stundenlang zu Hause rumhängen, ein Weilchen in der Sonne sitzen... vielleicht ein Buch lesen, vielleicht auch nicht. Was spielte es für eine Rolle? So wie ich es sah, würden die Tage und Nächte vergehen, |8| egal ob ich irgendwas tat oder nicht. Und genauso war es. Die Vormittage vergingen, die Nachmittage vergingen, die Abende wurden nach Sonnenuntergang zu Nächten... und ehe ich mich versah, lag ich wieder auf meinem Bett, starrte die Decke an und wunderte mich, wo der Tag geblieben war, warum ich nichts gemacht hatte und wieso ich mich nicht aufraffen konnte, irgendwas zu tun.
    Es gab jede Menge Dinge, die ich an jenem Abend hätte tun können. Es war erst halb zehn. Ich hätte fernsehen, eine DVD gucken oder mich anziehen und irgendwo hingehen können. Ich hätte fernsehen, eine DVD gucken und mich
danach
anziehen und irgendwo hingehen können.
    Aber ich wusste, ich würde es nicht tun.
    Ich war zufrieden, nichts zu tun.
    Zufrieden?
    Keine Ahnung.
    Ich nehme an, dass ich zufrieden war.

    Das jedenfalls tat ich, als das Telefon klingelte und der Sommer dieser Geschichte begann – ich lag auf dem Bett, starrte die Decke an und war in gedankenlose Gedanken versunken. Das Klingeln des Telefons drang nicht richtig zu mir durch. Es war bloß ein Geräusch, das vertraute eintönige Trillern des Telefons unten im Flur, und ich wusste, der Anruf galt sicher nicht mir. Wahrscheinlich war es nur Dad, der vom Büro aus anrief, oder eine von Mums Freundinnen, die ein bisschen quatschen wollte.
    Kein Grund, sich aufzuregen.
    Kein Grund für irgendwas.
    Höchstens was zum Hören.
    Jetzt hörte ich Mum unten – wie sie aus dem Wohnzimmer |9| kam, durch den Flur ging, sich leise räusperte, den Hörer abnahm...
    »Hallo?«, hörte ich sie sagen.
    Kurze Pause.
    Danach: »Oh, hallo, Nicole. Wie geht’s?«
    Nicole?
, dachte ich und mein Herz schlug ein bisschen schneller.
Nicole?
    »Pete!«, rief Mum. »Telefon!«
    Einen Moment rührte ich mich nicht. Ich lag bloß auf meinem Bett, starrte die Zimmertür an und überlegte, warum mich Nicole Leigh an einem Donnerstagabend um halb zehn anrufen sollte. Wieso rief sie mich
überhaupt
an? Sie hatte mich seit einer Ewigkeit nicht angerufen.
    »Pete!«, rief Mum wieder, diesmal lauter. »Telefon!«
    Mir war eigentlich nicht danach, mit jemandem zu reden, und ich wollte Mum schon fast bitten, sie solle Nicole sagen, ich sei nicht da und würde später zurückrufen. Doch dann begriff ich, dass ich, um das zu tun, ebenfalls aufstehen und nach unten gehen musste, außerdem würde Mum fragen, wieso ich nicht mit Nicole sprechen wollte, und ich müsste mir irgendwas ausdenken, was ich ihr sagen könnte...
    Und darauf hatte ich keinen Bock.
    Und selbst wenn...
    Also, es war ja schließlich nicht irgendwer am Apparat, oder? Es war Nicole Leigh.
    Ich rappelte mich hoch, reckte die Steifheit aus meinem Nacken und machte mich auf den Weg nach unten. Als ich ankam, stand Mum am Ende des Flurs und hielt die Hand über den Hörer.
    »Nicole ist dran«, sagte sie übertrieben flüsternd und formte die Worte mit den Lippen, als ob es um irgendetwas |10| Geheimes ginge.
    »Danke«, antwortete ich und nahm ihr das Telefon aus der Hand. Ich wartete, bis sie wieder im Wohnzimmer verschwunden war, dann hob ich den Hörer ans Ohr. »Hallo?«
    »Guten Abend«, sagte eine vornehm tuende Stimme. »Spreche ich mit Mr Peter Boland?«
    »Hi, Nic.«
    »Mist«, sagte sie und lachte. »Woher
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