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Die Jungfrau im Lavendel

Titel: Die Jungfrau im Lavendel
Autoren: Danella Utta
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nach längerem Schweigen sagte Clemens: »Dido.«
    »Du sollst den Namen nicht nennen.«
    »Ich sprach nicht von ihr. Ich dachte an die erste Dido. Die sagenhafte Gründerin Karthagos. Das muß eine ungewöhnliche Frau gewesen sein.«
    »Das ist meine Dido auch.«
    Er schwieg wieder eine Weile und sagte: »Ich bin sehr froh, daß du mir ein wenig erzählt hast von dem, was dich bewegt. Später einmal – kann ja sein, nicht? –, später werden wir versuchen, diesen Ort wiederzufinden, der dir so viel bedeutet. Wir beide ganz allein, du und ich. Was hältst du davon?«
    Sie wandte den Kopf zur Seite und lächelte ihn an. Es war so wohltuend, mit einem Menschen zu sprechen, um den es kein Geheimnis, kein Rätsel und keine Lügen gab.
    In der folgenden Nacht wachte sie auf mit einem Schrei. Sie hatte von der Ferme geträumt. Und dann stand sie plötzlich da oben bei der Ruine, stand dicht am Abgrund, Danio kam auf sie zu, aber er küßte sie nicht, er stieß sie hinab.

Virginia
    Juschi rief an; sie hatte eine Schule gefunden, sei gar kein Problem, Virginias Zeugnisse seien ja ausgezeichnet, auch fange die Schule in München gerade erst an.
    »Wenn ihr nicht mehr zu lange herumbummelt, versäumt sie gar nichts«, sagte sie zu Clemens.
    »Ich finde es sehr betrüblich, daß du mich schon wieder verläßt«, sagte Anita zu ihrer Tochter, und sie meinte es ernst. »Wir hatten kaum Gelegenheit, uns kennenzulernen. Aber wir werden uns oft sehen. Ich besuche dich in München, und du wirst in den Ferien immer zu mir kommen.«
    Am betrübtesten war Rose, daß nun doch keine Tochter im Hause sein würde. Sorgfältig packte sie Virginias Koffer, es waren drei Stück, angefüllt mit chicer Garderobe jeder Art.
    Zu Clemens sagte Anita, als er sich verabschieden kam: »Bitte Clemens, wie wollen wir es denn finanziell halten? Wenn Virginia wirklich bei euch wohnen soll, möchte ich natürlich für ihren Lebensunterhalt aufkommen.«
    »Ich werde es Juschi sagen. Sie ist der Boss. Anzuziehen hat Virginia ja erst mal für eine Weile. Und falls sie im Winter einen warmen Mantel braucht und einen Pullover, werden wir Ihnen die Rechnung schicken. Das bißchen, was Virginia ißt, das können wir uns gerade noch leisten.« Er lachte Anita an. »Aber niemand will Sie daran hindern, Ihrer Tochter ein großzügiges Taschengeld auszusetzen. Angenommen, wir richten ein Konto für sie ein, dann überweisen Sie halt darauf, was Sie für angebracht halten.«
    Anita nickte stumm. Auf die Idee war sie noch gar nicht gekommen.
    Und dann wurde Clemens auf einmal sehr ernst. Sie waren allein im Terrassenzimmer, es war ein trüber Tag, am Vormittag hatte es geregnet. Die Bilder im Raum waren von Strahlern geschickt beleuchtet.
    Clemens stand auf, trat in die Mitte des Raumes und betrachtete eindringlich die blauen Bilder des Malers Castellone.
    »Sehr schöne Bilder, wirklich. Sie gefallen mir jedesmal besser.«
    Dann blickte er Anita an. »Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, und ich möchte nicht vorlaut erscheinen. Irgendwie betrachte ich Sie aber nun als zur Familie gehörig. Also wirklich, es geht mich Null an: Wollen Sie Carone wirklich heiraten? Wäre es nicht besser und sicher auch klüger, es bei dem derzeitigen Zustand zu belassen? Wie gesagt, ich bitte um Vergebung für die ungebührliche Einmischung. Aber Sie haben neulich mal so nett von Ihrem Mann gesprochen. Was würde Senhor Henriques wohl sagen, wenn sein hart verdientes Geld so nach und nach über den Spieltisch verschwindet?«
    Anita zog die Brauen hoch.
    »Sie sind wirklich sehr vorlaut, Clemens. Aber ich habe ähnliche Überlegungen auch schon angestellt. Ich gewinne wenigstens manchmal, wenn ich spiele. Danio verliert immer. Übrigens – Senhor Henriques haßte Spielsalons.«
    Clemens nahm das schweigend zur Kenntnis und war erleichtert, daß sie ihm seine Worte nicht übelgenommen hatte.
    »Wo ist Signor Carone? Kann man sich von ihm auch verabschieden?«
    »Er ist heute und morgen weggefahren. Zu seiner Familie. Er haßt Abschiedsszenen.«
    »Auch gut. Grüßen Sie ihn von mir.«
    Am nächsten Morgen begann Virginias zweite große Reise, sie sollte diesmal vom Süden Frankreichs nach Deutschland führen. Eine Reise, an der nichts unklar war, sie besaß sogar einen provisorischen Paß des Konsulats in Nizza.
    Der Abschied zwischen Anita und ihrer Tochter war erstaunlicherweise sehr herzlich. Anita weinte sogar. Sie hielt Virginia im Arm und sagte immer wieder: »Wir sehen uns
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