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Die Jungfrau im Lavendel

Titel: Die Jungfrau im Lavendel
Autoren: Danella Utta
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sie nicht immerzu Angst hatte, etwas falsch zu machen oder Dinge zu sagen, von denen nicht gesprochen werden sollte. Sie konnte mit ihm zusammen lachen, sie war fasziniert von seinem manchmal recht schnoddrigen Wortschatz, und sie selber redete soviel wie nie zuvor in ihrem Leben.
    Ohne gefragt zu werden, erzählte sie vom Leben im Kloster, sie sprach über ihren Vater, und sie tat es liebevoll wie nie zuvor; einmal, sie fuhren an diesem Tag bis Aix-en-Provence, erzählte sie ausführlich, wie das vor sich gegangen war mit Danio. Der erste Blickwechsel auf der Terrasse, die Begegnung vor dem Schuhladen, und wie sie dann, am Tag darauf, wie verhext in seinen Wagen gestiegen war, die mörderische Fahrt, die folgte. Clemens sagte nicht viel dazu, er ließ sie sprechen. In Aix dann spazierten sie durch die Stadt, Virginia entzückte sich an den Brunnen, die silbern im Sonnenlicht glitzerten, sie gingen in die Kathedrale, und Clemens war gespannt, ob ihre klösterliche Erziehung an diesem Ort irgendeine besondere Verhaltensweise hervorbringen würde, aber keine Rede davon, sie tauchte den Finger in das Weihwasserbecken, sie knickste, aber sie dachte nicht daran, zu beten.
    Später, sie schlenderten durch die Stadt, nachdem sie gut gegessen hatten, erzählte Clemens: »Hier hat der gute König René regiert, als die Provence noch sein Königreich war. Zu jener Zeit war Aix eine Hauptstadt, verstehst du?«
    Virginia nickte. »Von dem guten König René hat mir Chariot schon erzählt.«
    »Wer?«
    Sie zögerte, das war ihr so herausgerutscht.
    »Ach, jemand, den ich kennenlernte. Da draußen. Ich konnte ihn anfangs sehr schwer verstehen.«
    »Warum?«
    »Na, sein Dialekt.«
    »Sprach der provençalisch?«
    »Ja .«
    »Das war alles Schwindel mit Italien, nicht? Danio hat dich gleich nach Frankreich gebracht.«
    » Ja .«
    »Und warum dann der Schwindel mit der Cousine?«
    »Es ist ein Geheimnis, und man darf nicht darüber sprechen. Es war eine Frau dort, auch ein Mann. Danio brachte mich zu ihr. Ich weiß nicht, wer sie war. Aber sie ist – sie ist wunderbar. Und ich denke, sie hat mich gerettet.«
    »Gerettet? Was heißt das? Wovor gerettet?«
    »Vor Danio. Ich weiß es nicht, aber ich glaube, er hat mich nicht in Gollingen in seinen Wagen geladen, um mich zu Anita zu bringen.«
    »Sondern?«
    »Er wollte mich weghaben. Aus dem Weg räumen, verstehst du? Nein, er hat es nicht gut gemeint mit mir. Er wußte nur nicht, wie er es tun sollte. Er war zu feige. Und er dachte, Dido würde ihm helfen. Aber das tat sie nicht. Als sie dann fort war, und als er gar nicht mehr wußte, was er mit mir anfangen sollte, brachte er mich halt zu Anita. Er saß in der Klemme und wußte nicht, wie er da herauskommen sollte.«
    Clemens schwieg lange. Dann sagte er: »Das sind ungeheuerliche Dinge, die du da erzählst. Woher weißt du das?«
    »Ich weiß es nicht. Es ist nur so, daß ich nach und nach alles ein wenig besser verstehe. Danio will Anita und ihr Geld. Ich störe da nur. Ich denke immerzu darüber nach, wie das alles gekommen ist und warum es so war.«
    »Du könntest Danio danach fragen.«
    »Nein. Ich will überhaupt nichts mehr mit ihm zu tun haben. Darum werde ich auch nicht bei ihnen bleiben. Ich fahre mit dir nach München.«
    Er schob seine Hand unter ihren Arm.
    »Fein. Ich habe ja von vornherein gesagt, du selbst mußt entscheiden. Ich werde gleich heute abend Juschi anrufen und ihr erzählen, daß du kommst. Fahren wir dann irgendwann nächste Woche? Du kannst ja ruhig ein wenig merken lassen, daß Danio der Grund ist, warum du dich von deiner lieben Mami trennst.«
    »Ach, wozu?« sagte Virginia, und es klang resigniert. »Es ist ihr sowieso egal.«
    Auf der Rückfahrt sagte Clemens plötzlich: »Sie hieß Dido?«
    Virginia nickte. »Danio sagte aber: das darfst du nie, nie jemand sagen. Das mußt du mir versprechen. Niemand darf diesen Namen jemals hören.«
    »Und warum?«
    »Ich weiß es nicht. Es ist eben so. Aber ich wünsche mir so sehr, sie einmal wiederzusehen.«
    »Hm«, machte Clemens, die Augen geradeaus auf die Straße gerichtet, während seine Hand zärtlich über Virginias Knie strich.
    »Soviel Geheimnis in deinem jungen Leben. Aber warte nur, ich werde dafür sorgen, daß du ein ganz normales junges Mädchen wirst. Wollen wir heute abend tanzen gehen?«
    Virginia lachte. »Aber das kann ich ja gar nicht.«
    »Das wollen wir erst einmal sehen. So wie man heutzutage tanzt, das kann jeder.«
    Und wieder
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