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Die Jungfrau im Lavendel

Titel: Die Jungfrau im Lavendel
Autoren: Danella Utta
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würde manchmal vorbeischauen. Sicher würde er traurig sein, dort keinen mehr zu treffen.
    Ob er wohl meine Bilder manchmal ansieht? Warum wollte Danio nicht, daß ich sie mitnehme?
    Weil keiner sehen sollte, sehen durfte, wie es auf der Ferme und in der Gegend rundherum aussieht.
    Als Virginia im Bett lag, weinte sie. Sie war von Luxus umgeben, sie hatte eine Mutter, sie hatte Juschi und Clemens kennengelernt, die so nett zu ihr waren, Cattie war bei ihr.
    Warum weine ich denn?
    Einmal in meinem Leben möchte ich den Weg zur Ferme wiederfinden. Dido sollte dort sein. Und Alain. Und alles sollte wieder so sein, wie es war, als wir zusammen dort lebten.

Clemens
    Die nächsten zwei Wochen waren abwechslungsreich, erfüllt von vielen neuen Eindrücken, und sie halfen Virginia, ihre Traurigkeit und ihre Sehnsucht zurückzudrängen.
    Ihr Verhältnis zu Anita war ausgesprochen harmonisch und ohne jede Schwierigkeit, auch Danio wurde zugänglicher, als er merkte, daß sie wirklich über Dido und die Ferme schwieg. Anita stellte nicht allzu viele Fragen, sie war ein Mensch, der hauptsächlich an sich selbst, an seinem eigenen Leben interessiert war.
    Einmal nur sagte sie: »Was hast du bloß gemacht, Kind, in den ganzen Wochen da in Italien?« Und gleich darauf, ohne ihre Antwort abzuwarten: »Ich habe gar nicht gewußt, Danio, daß du dort irgendwo eine Cousine hast.«
    Danio hob abwehrend die Hände.
    »Du hast keine Ahnung, Anita, wieviel Familie ich habe.«
    Er hatte die Geschichte sehr geschickt erzählt, so zum Beispiel die Sache mit Lucias Paß, und daß er Virginia, die sehr ermüdet und verängstigt war, zunächst einmal zu seiner Cousine Maria gebracht habe, auch weil er es nicht wagen wollte, mit dem falschen Paß noch eine Grenze zu passieren.
    »Sie sind ganz einfache Leute, sie haben einen kleinen Hof auf dem Weg nach Calizzano, ein bißchen Vieh, aber einen Hang mit wunderschönen Olivenbäumen. Nicht, Virginia?«
    »Ja«, bestätigte Virginia. »Sehr schöne Olivenbäume.«
    »Maria hat selbst Kinder, sie ist eine freundliche Frau, und ich dachte, Virginia ist dort erst einmal gut untergebracht, bis ich dich verständigt habe. Ich ahnte ja nicht, daß es so lange dauern würde, bis du wieder kommst.«
    Und so weiter in dem Stil, er log geschickt, und Virginia nickte dazu oder sagte ja.
    Allzu sehr interessierte es Anita sowieso nicht, sie sagte nur: »Müßten wir uns bei deiner Cousine nicht irgendwie erkenntlich zeigen? Sie hat doch Kosten gehabt?«
    »Aber Cara, das habe ich längst erledigt. Wenn du willst, besuchen wir sie mal.«
    Er konnte sicher sein, daß sie darauf nicht zurückkommen würde.
    Clemens, dem vielleicht einige Widersprüche aufgefallen wären, war bei diesem Gespräch nicht dabei. Er war viel unterwegs in diesen Tagen, an der Küste hin und her, ins Hinterland, in die Provinzstädte, seine Notizen häuften sich. Oft nahm er Virginia mit auf diesen Fahrten, auf diese Weise bekam das Mädchen viel zu sehen. Wenn sie Spaß an der Gegend fand, in die Clemens fuhr, kam auch Anita mit, einmal sogar Danio, das war, als sie nach St. Paul de Vence fuhren. Clemens grinste vor sich hin, als sie zu viert den Maler Castellone besuchten. Er war gespannt, was nun wohl passieren würde; nichts passierte. Castellone begrüßte alle vier, als hätten sie sich ein Leben lang gekannt, er kam mit keinem Wort auf den Besuch zurück, den Clemens ihm gemacht hatte, das erschien ihm ganz unwichtig. Wichtig waren nur seine Bilder, und über die sprachen sie denn auch.
    Virginia staunte ihn mit großen Augen an, das war nun der erste wirkliche Maler, den sie zu sehen bekam.
    Clemens flüsterte ihr zu: »Bei dem könntest du auch in die Schule gehen. Was meinst du?«
    Virginia lachte und stieß mit der Schulter leicht an seine. Zu Clemens hatte sie einen kameradschaftlichen, leichten Ton gefunden, sie hatte ihn gern, er brachte ihr Mut und Selbständigkeit bei, ganz von selbst, durch sein Verhalten.
    Die Fahrten mit ihm waren unterhaltsam, er bedrängte sie weder mit Fragen noch mit Ratschlägen. Er war jung, unbeschwert, von heiterem Wesen, doch dabei sehr genau und fleißig, was seine Arbeit betraf. Seine Notizen stapelten sich, er fotografierte auch viel, und Virginia, die manchmal etwas für ihn aufschreiben oder nach bestimmten Motiven Ausschau halten mußte, wurde so etwas wie seine Assistentin.
    Der Umgang mit ihm machte sie frei, löste die Spannung in ihr und machte sie gleichzeitig erwachsener, weil
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