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Die Jungfernbraut

Titel: Die Jungfernbraut
Autoren: Catherine Coulter
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ein kurzes Schläfchen machen, vielleicht auch ein langes, wer weiß. Entspann dich, meine Liebe, und vertreib dir die Zeit, indem du den Ratten beim Nagen zuhörst. Ich werde versuchen, nicht zu schnarchen.«
    Er breitete einige Decken auf dem Boden aus und legte sich darauf, wobei er ihr den Rücken zuwandte.
    Sinjun beschloß, noch etwa zwanzig Minuten zu warten. Ihre Hände waren endlich frei, obwohl sie sich dabei die Gelenke aufgeschürft hatte. Sie verspürte jedoch keinen Schmerz. Bald würde sie frei sein, dachte sie triumphierend.

KAPITEL 21
    Verdammt, warum schnarchte er nur nicht, damit sie sicher sein könnte, daß er auch wirklich schlief?
    Sie durfte nicht länger warten. Wenn er sich nur schlafend stellte, um sie bei einem Fluchtversuch zu ertappen, hatte sie eben Pech gehabt. Langsam bückte sie sich und begann die Fesseln um ihre Knöchel zu lösen. Sie brauchte dafür länger als die Ratten für das Durchnagen der Papiertüten.
    Schließlich war sie aber frei, doch als sie leise aufzustehen versuchte, ließ sie sich sofort wieder auf den Stuhl sinken, weil ihre tauben Beine sie nicht trugen. Ohne MacDuff aus den Augen zu lassen, massierte sie ihre Knöchel und Waden. Als der Riese sich plötzlich bewegte, hielt sie erschrocken den Atem an, aber er drehte sich nur auf den Rücken.
    O Gott, bitte laß ihn nicht aufwachen!
    Diesmal gelang es ihr aufzustehen und zur Tür zu schleichen.
    Eine Ratte quiekte, und Sinjun erstarrte zur Salzsäule.
    MacDuff stöhnte im Schlaf.
    Sie umklammerte die Türklinke, drückte sie hinunter, aber nichts geschah. Verzweifelt rüttelte sie daran.
    Ein besonders lautes Quieken riß MacDuff aus dem Schlaf, und natürlich sah er Sinjun sofort. »Du verdammtes Luder!« schrie er und sprang von seinem Lager auf.
    Die Angst verlieh Sinjun neue Kräfte. Sie riß die Tür auf und stürzte in die Dunkelheit hinaus. Schon nach wenigen Schritten wurde der Boden unter ihren Füßen naß und schwammig, saugte sich an ihren leichten Schuhen fest und zog an ihren Röcken. Gräßliche Gerüche stiegen ihr in die Nase, und sie hörte seltsame Laute von irgendwelchen Kreaturen, die sie gottlob nicht sehen konnte.
    MacDuff war ihr dicht auf den Fersen. »Du verdammtes Luder!« brüllte er. »Du wirst im Sumpf krepieren. Ich habe dir doch gesagt, daß ich dich höchstwahrscheinlich nicht töten werde. Komm sofort zurück! Mir geht es nur um das Geld. Sobald ich es habe, lasse ich dich frei. Du kannst doch nicht glauben, daß ich mir einbilde, dich, Colin und vielleicht auch noch deine Brüder ermorden und ungestraft davonkommen zu können. Sei nicht dumm und komm zurück!«
    O nein, dachte sie, o nein! Das Knacken von Zweigen verriet ihr, daß er ganz in der Nähe sein mußte. Sie machte in wilder Panik eine Kehrtwendung und rannte mit solcher Wucht in einen Baum hinein, daß sekundenlang Sterne vor ihren Augen tanzten. Sie umklammerte den Baum und versuchte sich zu orientieren. Der Stamm fühlte sich glitschig an und neigte sich dem dunklen Wasser entgegen. Sie spürte, daß sie tiefer in den Morast einsank, und es gelang ihr nicht, sich daraus zu befreien. Das Moor schien sie in sich einsaugen zu wollen. Sie steckte nun schon fast bis zu den Knien darin. Ihr großartiger Plan war fehlgeschlagen. Entweder sie würde im Sumpf krepieren, wie MacDuff vorhergesagt hatte, oder aber er würde sie umbringen. Warum versank er eigentlich nicht? Er wog doch mindestens dreimal soviel wie sie und müßte eigentlich sofort wie ein Stein untergehen.
    »Du dummes Ding, eigentlich sollte ich dich deinem Schicksal überlassen!«
    Mit einem kräftigen Ruck befreite er sie aus dem Morast und warf sie sich kurzerhand über die Schulter. »Wenn du mir noch einmal Ärger machst, schlage ich dich wieder bewußtlos, verstanden?«
    Sie keuchte, ihr war übel, ihr Gesicht stieß an seinen Rücken, aber sie wollte noch immer nicht aufgeben. Irgendwie müßte sie ihm doch entkommen können. Aber wie?
    Dann flog sie plötzlich in hohem Bogen von MacDuffs Rücken auf den Boden und landete auf dem Bauch. Sie hörte Colins kalte Stimme: »Schluß der Vorstellung, du verdammter Dreckskerl! Es ist aus!«
    Sinjun drehte sich schnell um. Colin hielt eine Pistole auf MacDuff gerichtet. Gott sei Dank versuchte er nicht mit dem Riesen zu ringen, der ihn bestimmt einfach zerquetschthätte. Und hinter Colin standen im Halbkreis ihre Brüder und Schwägerinnen, alle mit Pistolen bewaffnet.
    Colin kniete nieder und nahm sie in
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