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Die Judas-Verschwörung: Mysterythriller (German Edition)

Die Judas-Verschwörung: Mysterythriller (German Edition)

Titel: Die Judas-Verschwörung: Mysterythriller (German Edition)
Autoren: Scott McBain
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voll war.
    »Möchtest du mitkommen?«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich bleib hier.«
    »Weil ich krank bin?«
    »Nein«, log er.
    Miriam schloss die Tür des Taxis und startete den Motor. Sie steuerte zwischen den Autos durch. Am Ende der Brücke führte die Straße direkt in die Wüste. Die Fahrt zum Kloster dauerte rund sechs Stunden. Das konnte sie doch schaffen, oder? Ihr Mund war pergamenttrocken, weil sie nichts gegessen und getrunken hatte, und wegen der Krankheit war ihr schwindlig. »Ich muss Josua sehen«, das war ihr einziger Gedanke. Sie gab Gas, hielt das Lenkrad fest in Händen. Nach einigen Kilometern standen keine Autos mehr am Straßenrand. Vor ihr erstreckte sich die Wüste – nichts als Wüste –, und die Sonne schien auf den sengend heißen Sand.
    Beim Fahren dachte Miriam über ihr Leben nach. Es war jammerschade, dass das Ende der Welt bevorstand, wo sie doch erst achtundzwanzig war. Wäre die Epidemie nicht ausgebrochen, was wäre ihr dann widerfahren? Hätte sie geheiratet? Wäre Josua ihr Mann geworden? Wie viel länger hätte ihr Vater noch gelebt? Alle Möglichkeiten – alle menschlichen Wandlungen –, aber es war anders gekommen. Dann dachte sie über die grundsätzlichen Fragen ihres Lebens nach. Warum war sie als Frau geboren worden? Und wieso in Alexandria? Und weshalb als Kind ihrer Eltern? Es war ein ganzer Strauß von Fragen, die sie Gott stellen wollte – schon bald. Sie hustete immer öfter. In der großen Hitze wurde sie schläfrig. Die Stunden verstrichen.
    »O, verdammt!«
    Ein Reifen platzte, der Wagen geriet ins Schleudern. Miriam wachte gerade noch rechtzeitig auf, um zu verhindern, dass der Wagen in den tiefen Sand geriet. Sie stieg aus, besah sich den Reifen und öffnete den Kofferraum. Kein Ersatzreifen. Am liebsten hätte sie geweint. Warum ließ Gott zu, dass das Böse zuschlug, wenn die Seele bereits zermürbt war? Warum gingen die Dinge nicht gut aus, trotz der innigsten Hoffnungen? Wer wusste das schon? Weitere Fragen an Gott. Sie blickte die Straße hinunter. Es gab keinen Weg zurück, es gab nur eine Möglichkeit: vorwärts. Sie setzte sich wieder ans Steuer und gab Gas. Es war ihr egal, dass der Wagen auf den Felgen fuhr, solange sie nur ankam. Vierzig Minuten später brach die Achse. Das Taxi kam ruckelnd zum Stehen. Am Steuer sitzend, weinte sie still. »Ich möchte ihn doch nur noch mal sehen, bevor ich sterbe«, beschwerte sie sich. »Ist das zu viel verlangt?«
    Stark hustend stieg sie aus und klappte wieder den Kofferraumdeckel auf. Sie nahm ein paar ölverschmierte Lappen, schlang sie sich um die Arme und legte sich den Kopfschal um. Zwanzig Kilometer – konnte sie das bei dieser Hitze schaffen? Sie musste es. Josua sollte wissen, dass er geliebt wurde und dass sein Leiden nicht vergebens war. Zwei Kilometer weiter strauchelte sie und stürzte. Auf der Straße liegend, wurde ihr klar, dass sie vergessen hatte, das Kästchen mit den Gebeinen des Apostels mitzunehmen. Miriam blickte über die Wüste. Wer waren all diese Menschen? Wo sie auch hinsah, lagen Leichen – Gefallene. Wo bin ich?, dachte sie. In was für einer Welt? Ist dies das Tal der Gebeine?
    Miriam zwang sich aufzustehen und sammelte all ihre Kräfte, um weitergehen zu können. Dabei betete sie. Einige hundert Meter weiter fiel sie erneut hin. Sie wurde bewusstlos, wachte wieder auf. Sie befand sich gar nicht auf Erden, oder? Vielmehr auf einem Schlachtfeld. Rings um sie herum kämpften Menschen und Engel mit äußerster Wildheit. »Steh auf, steh auf!«, flüsterte sie. Mit letzter Kraft taumelte sie weiter. Als sie zum dritten Mal stürzte, blickte sie auf die lange Straße vor ihr. Sie würde es nicht schaffen. Ihr letzter Moment auf Erden war gekommen.
    Sie schaute hoch. Aus dem Himmel, sah sie, schwebte ein großer Adler herab. Langsam verließ Miriams Geist ihren sterbenden Körper, während sie auf den Rücken des Seraphs stieg. Josua hatte ihn geschickt.

64
    … er macht die Fürsten zunichte, er nimmt den Richtern

der Erde jeden Einfluss. Kaum sind sie gesät und gepflanzt,

kaum wurzelt ihr Stamm in der Erde, da bläst er sie an,

so dass sie verdorren; der Sturm trägt sie fort wie Streu.
    Jesaja 40,23,24
     
    S pencer Woods stieg im Norden Irans in die Präsidentenmaschine. Sie wollten in Rom zwischenlanden und dort tanken, da sie für einen Direktflug nicht genug Treibstoff hatten. Trotzdem war ihm und seinem verbliebenen Piloten klar, dass sie – sollten sie
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