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Die Judas-Verschwörung: Mysterythriller (German Edition)

Die Judas-Verschwörung: Mysterythriller (German Edition)

Titel: Die Judas-Verschwörung: Mysterythriller (German Edition)
Autoren: Scott McBain
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nicht wahr? Er würde niemals sein Versprechen an die Menschheit erfüllen. Es gab keine spirituelle Welt, kein göttliches Reich. Eden und Zion, das waren bloß Märchen, die Illusionen einer einsamen Spezies, verlassen auf einem Planeten, ohne zu wissen, warum. Das war Gottes Spiel, nicht wahr? Ein Spiel leerer Versprechen, extravaganter Lügen und die Bestrafung für imaginäre Sünden.
    Josuas Blick schweifte über die Welt. Ein paar hundert Menschen auf der Erde, das war alles! Er sah zu, wie die Engel sie zu Boden schlugen. Wachend oder schlafend kletterte er nun weiter den spirituellen Berg hinauf. Doch streng genommen kletterte er gar nicht; er wurde von einem Seil hinaufgezogen, von seinem einzigen Freund. Wie konnte er diesem Kind seine Güte vergelten?
    In dieser Nacht sah Josua, wie der letzte Priester neben den Türen des Petersdoms in Rom starb. Der Stamm Juda hatte sie offen gehalten. Josua verspürte einen extremen spirituellen und menschlichen Durst. Er rutschte auf den Knien aus der Mönchszelle in Richtung Brunnen. Das Tal der Todesschatten, die Erde, war zum Tal der Gebeine geworden. Die gesamte Menschheit, soweit er sehen konnte, lag tot, und der enge Kreis, der sich um ihn versammelt hatte, um ihn zu beschützen – die größten Seelen –, wurde niedergemacht. Eine Frau neben einem Altar in Russland, ein alter Mann in den hohen Bergen des Himalajas. Welch Gefäße der Herrlichkeit doch auf der Erde versteckt waren! Sie fielen und starben. Doch wo war das Gelobte Land? Immer wenn Josua glaubte, dass er den Brunnen erreicht habe und daraus trinken könne, fand er sich an der Tür seiner Mönchszelle wieder. Immer noch kletterte er hinauf.
    »Josua.«
    Er hob die eine erfrorene Hand, dann die andere. Er kniete zu Füßen eines Kindes.
    »Ich habe dich getragen, soweit ich konnte. Meine Zeit auf Erden ist vorüber.«
    Auf der Treppe zum Petersdom, vor den offenen Türen, saßen eine Frau und ein Kind – die letzten Menschen in Rom. Die Frau war bereits gestorben. Der Knabe lag sterbend in ihren Armen.
    »Du bist im Land der Serafim angekommen. Der Gipfel befindet sich nicht weit entfernt, hinter der Dornenkrone.«
    »Bitte, ich kann nichts sehen. Ich bin blind.«
    »Ich weiß«, sagte das Kind. »Du befindest dich in der spirituellen Finsternis, aber du wirst drei Visionen haben. Hier ist die erste.«
    Josua gewahrte drei Inseln – drei Welten. Das Meer zwischen der menschlichen Welt und der spirituellen Welt hatte sich zurückgezogen – die Engel streckten die Arme aus, so dass die letzten Menschen übersetzen konnten. Das Meer zwischen der spirituellen und der göttlichen Welt war gewichen, während alle Himmel Zion verlassen hatten, um die letzte Schlacht zu schlagen. Die großen Engel der Herrlichkeit – Abdiel, Gabriel, Michael, Raguel, Raphael, Simiel und Uriel – stürzten herbei, um der Menschheit auf ihrer ruhmvollen Reise beizustehen.
    Auf der Erde lag Josua neben dem Brunnen, außerstande aufzustehen. In der spirituellen Welt taumelte er zwischen großen Felszacken, die aus der Bergwand herausragten.
    »Schließ dich mir an!«, sagte Satan und erschien als majestätischer Engel des Lichts. »Wir werden siegen!«
    Die furchtbare Realität der Dornenkrone bohrte sich tief in Josua. Er nahm wahr, dass alle Menschen, wenn sie der Macht Satans gegenüberstanden, losliefen und sich versteckten. Sie flohen und betrogen ihn – ließen ihn allein in der Auseinandersetzung mit seinem unerreichbaren Gegner. Kein Wunder, dass Judas Verrat begangen hatte.
    »Gib jede Hoffnung auf.«
    Als es dunkelte, wurde das Gefühl des Verlassenseins unerträglich.
    Wieder hatte Josua eine Vision. Er sah einen alten Mann, der loslief, um seine Frau und seinen Sohn zu umarmen. Er sah einen jungen Mann, der zu seinem Vater zurückkehrte. Er sah eine Frau, die auf ihren Mann zulief. Auf dem spirituellen Schlachtfeld hatte die Dreifaltigkeit alle Menschen und alle Engel in ihre göttlichen Arme geschlossen. Sobald die drei sich vereinigten, würde die Macht des Bösen nicht mehr existieren.
    Im Morgengrauen setzte Josuas Todeskampf ein. Er, der letzte Mensch auf Erden, erreichte schließlich den Gipfel des Horeb, des heiligen Berg Gottes. Er hatte den gesamten Kreuzweg hinter sich gebracht. Und was war dort? Nichts. Nur Wind, der um einen Berggipfel fegte.
    »Dort ist niemand«, sagte Satan. »Es ist nur ein Traum. Dein Leben war umsonst – wie das aller Menschen.«
    Josua nickte. Ein Traum, ja. Das
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