Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Insel der Roboter

Die Insel der Roboter

Titel: Die Insel der Roboter
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
Vom Netzwerk:
verhafteten? Horst mußte ziemlich sicher sein, daß das nicht der Fall war, wenigstens nicht unmittelbar. Aha, der Brief! Der war sicherlich die Vollzugsmeldung! Aber das würde ja heißen, daß der Abholer gar nicht die Absicht hatte, der Gruppe das Gerät zu bringen – er schaffte es vielmehr fort! Er fuhr ja auch nach Nordwesten. Brauchte denn die Gruppe das Gerät nicht mehr? Wenn – ja, wenn sie es nicht brauchte, dann hieße das, daß der Chef auch schon in unserer unmittelbaren Umgebung saß! Ja, nur so konnte es sein. Und Horst hatte das auf den ersten Blick durchschaut!
    Und wenn er sich geirrt hatte? Nein, auf die Dauer wäre das doch nicht die richtige Arbeit für mich. Zuviel hing ab von Entscheidungen, die blitzschnell getroffen werden mußten!
    Vor dem Briefkasten stand ein Streifenwagen. Wir wiesen uns aus, und dann sagte Horst Heilig: »Sieh du dir den Inhalt an, ich fahre weiter. Du erreichst mich telefonisch.«
    Ich setzte mich zu den Genossen in den Streifenwagen. Der Briefkasten hatte noch nicht viel enthalten – sieben Briefe und Karten. Alle trugen als Absender Adressen aus der Ortschaft, in der wir uns befanden. Aber ein Brief war an eine Person auf dem Zeltplatz gerichtet.
    Ich gab die anderen Postsachen zurück und sagte: »Die können Sie wieder einwerfen. Den hier…« Ich wog den Brief in der Hand. Es war ein gewöhnlicher, durch nichts auffallender Brief. Ich sah noch einmal auf den Absender. »Können Sie feststellen, ob dieser Absender hier existiert?«
    »Selbstverständlich, wir fahren auf’s Revier!« erklärte der Polizist.
    »Gut, ich bleibe in meinem Wagen, Sie finden mich wieder hier!«
    Ich wechselte in meinen Wagen hinüber und rief Horst Heilig an.
    »Kennen wir den Adressaten?« fragte er.
    »Nein, noch nicht.«
    »Na, wunderbar, haben wir wieder einen mehr. Wie sieht der Brief aus?«
    »Ein gewöhnliches Kuvert.«
    »Geh aufs Revier, und öffne den Brief so, daß man hinterher nichts merkt. Notier dir alles, was drin ist, verschließ ihn wieder und wirf ihn ein. Moment, ich rufe gleich wieder.«
    Einen Augenblick blieb es still, dann klingelte das Telefon. »Ich erhalte eben die Meldung, daß unser Mann gestellt wurde. Aber er hat Zyankali genommen. Aus. Ich fahre trotzdem hin. Wenn du dort alles erledigt hast, fahr zurück nach Karl-Marx-Stadt, wir treffen uns am Bahnhof.«
    Ich fuhr zum Revier. Die Genossen kamen mir entgegen, gerade als ich aus dem Wagen stieg, und erklärten, den Absender auf dem Brief gebe es hier nicht, die Adresse sei erfunden.
    »Ich weiß ja nicht, worum es sich handelt«, sagte der Hauptwachtmeister, »aber wenn ich mal tippen darf, sind das ausländische Agenten.« Er grinste dabei so unverschämt, daß ich schon, um ihm eine Freude zu machen, fragte: »Wieso?«
    »Weil sie so’n unbegrenztes Vertrauen zu unserer Post haben!« platzte er heraus.
    Ich erwiderte nichts darauf, aber er hatte mit seiner bissigen Bemerkung nicht unrecht. Ich merkte mir vor, mit Horst Heilig darüber zu sprechen.
    Der Brief enthielt einen Schein der Bahnhofsgepäckaufbewahrung in Karl-Marx-Stadt. Wir fotografierten ihn, dann verabschiedete ich mich von den Genossen.
    Der Koffer auf dem Bahnhof enthielt eine Maschinenpistole.
    »Da hätten wir also den Umschlagplatz für die Waffen!« sagte Horst Heilig befriedigt.
    »Für alle?« fragte ich zweifelnd.
    Horst Heilig sah mich überrascht an.
    »Du meinst, sie dezentralisieren das?«
    »Es erschiene mir sicherer. Die Post ist für den Transport des Aufbewahrungsscheins doch eine – nun, etwas störanfällige Methode, ich meine, wenn es die einzige wäre.«
    »Im Zeltlager verteilt der Resident die Post!« sagte Werner, der über Funk an unserem Gespräch teilnahm.
    »Aber sie müssen doch damit rechnen, daß wir den Zeltplatz als ihr Aufmarschgebiet betrachten und folglich die Post kontrollieren, bevor sie dort ankommt.«
    »Das ist auch wieder richtig«, gab Werner zu. »Und das sollten wir überhaupt tun, ich werde das veranlassen.«
    »Ich halte es auch für wahrscheinlich, daß sie noch andere Wege benutzen«, meinte Horst. »Aber jedenfalls haben wir dadurch eine zeitliche Kontrolle über ihre Pläne. Sie werden den Koffer erst unmittelbar vor dem Einsatz holen. Dann wissen wir Bescheid.«
    »Und dieser – Vergiftete?« fragte ich. »Werden sie ihn nicht vermissen?«
    »Ich bin überzeugt«, erklärte Horst Heilig lächelnd, »daß sie aufmerksam Zeitung lesen. Und da werden sie übermorgen eine Notiz finden,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher