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Die Insel der Roboter

Die Insel der Roboter

Titel: Die Insel der Roboter
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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das war es also nicht. (Ich muß hier daran erinnern, daß damals, in der ersten Hälfte der neunziger Jahre, die GLE noch ziemlich neu war und deshalb von Zeit zu Zeit »etwas Dampf unter den Kessel« gemacht werden mußte, wie der Chef der Verwaltung sich auszudrücken pflegte.)
    Also eine Beratung war es nicht. Vielleicht neue Instruktionen? Unsinn, die wären auf dem Dienstweg gekommen.
    Hinter mir hupte etwas, ein Wagen glitt vorbei, eine Hand winkte aus dem Fenster. Undeutlich konnte ich ein Gesicht sehen. Sollte das Schmalfuß sein?
    Tatsächlich, vor der Anmeldung trafen wir uns. Klaus Schmalfuß begrüßte mich lachend, fragte, ob ich auch zum Alten bestellt sei, was ich von der Sache hielte, und fuhr gleich fort, er würde sich gar nicht wundern, wenn nun auch noch Konni auftauchen sollte.
    Konni, Klaus und ich hatten zum ersten Studienjahr einer Offiziershochschule gehört, die eine Spezialausbildung in GLE absolvierte, und wir drei hatten dabei die Durchschnittsnote 1 erreicht. Aber wir waren nie das gewesen, was man dicke Freunde nennt – mir zum Beispiel ging die Geschwätzigkeit von Klaus gegen den Strich, und ebenso hatte mich manchmal Konnis Hang gestört, die Wogen jeglicher Diskussion mit dem Öl der Sanftmut zu glätten; nicht, daß ich ein Streithammel gewesen wäre, aber mein Fehler, der nun wieder die beiden anderen gestört hatte, war und ist auch noch, daß ich manchmal verbissen und verbohrt sein kann, ja sogar stur, wenn ich der Meinung bin, daß es sich um der Sache willen lohnt.
    Vielleicht entwerfe ich hier ein zu finsteres Bild von uns, und ich muß das schnell korrigieren, da Konni und Klaus in dieser Geschichte keine weitere Rolle spielen werden. Also sagen wir so: Konnis Haltung war von einer gewissen Weisheit geprägt, die darin bestand, daß er sich nur sehr selten und nur bei wirklich wichtigen Anlässen erregte, und Klaus’ Tendenz, viel zu reden, war eigentlich mehr Ausdruck seines beweglichen Geistes, der häufig schon an nebensächlichen Kleinigkeiten eine Situation ziemlich genau erkannte – wie eben jetzt wieder. Denn als wir in das Vorzimmer des Generals kamen, wartete Konni schon auf uns.
    Ich habe noch gar nicht erwähnt, daß wir angewiesen worden waren, in Zivil zu erscheinen; und das war ja nun wirklich merkwürdig. Alle, die ins Vorzimmer kamen – und da herrschte ein ziemlich reger Betrieb –, sahen uns neugierig an; nur die Genossin Oberfeldwebel, die hier ihr Reich hatte, war um ein sachlich-unbeteiligtes Aussehen bemüht. Doch von Zeit zu Zeit warf sie uns einen aufmerksamen Blick zu, den ich mir nicht zu deuten wußte. Klaus Schmalfuß erklärte diese Blicke, als sie einen Augenblick hinausgegangen war: »Wetten, daß sie auch nicht weiß, was wir hier sollen? Wir haben noch fünf Minuten Zeit, also kombinieren wir mal. Es wurden herbestellt drei Angehörige des ersten Studienjahres – erster Fakt. Es wurden die drei besten Absolventen ausgewählt, wohlgemerkt, nicht die drei besten Praktiker, denn von mir will ich aus Bescheidenheit nicht sprechen, aber bessere als euch gibt es bestimmt – zweiter Fakt. Der Gegenstand wurde offenbar ungewöhnlich streng geheimgehalten, und außerdem sind wir in Zivil hier – dritter Fakt. Was ist daraus zu schließen? Es handelt sich um etwas, das a) geheim, b) nicht oder noch nicht direkt militärisch und c) mit der GLE eng verbunden ist. Ich denke an –« er machte eine Pause, um die Spannung zu erhöhen, und schloß dann im gespielten Tonfall einer Offenbarung – »Tests mit neuentwickelten Geräten auf unserm Gebiet. Na?«
    Konni brummte etwas wie »werden sehen«. Ich konnte mich nicht enthalten, ihm seine freundschaftliche Unverschämtheit zurückzugeben, und sagte: »Vielleicht sollst du eine Schule für militärische Prophezeiungen eröffnen, dann können wir uns die ganzen teuren Geräte überhaupt sparen!«
    Im stillen hielt ich zwar seine Schlußfolgerungen für sehr wahrscheinlich, aber ich wollte jetzt nicht darüber diskutieren, denn er hatte mich bei einem, wie mir schien, vernünftigen Gedanken unterbrochen. Da wir nicht wußten, was verhandelt werden würde, wollte ich mir für meinen Teil wenigstens das zurechtlegen, was ich von mir aus an passender Stelle zur Sprache bringen wollte. Schließlich kommt man nicht alle Tage ins Ministerium, und im persönlichen Gespräch kann man oft Dinge vorbringen, die für eine schriftliche Behandlung nicht reif sind oder im allgemeinen Berichtswesen untergehen, na,
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