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Die Insel der Roboter

Die Insel der Roboter

Titel: Die Insel der Roboter
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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meist, und die besseren Argumente fallen mir erst hinterher ein. Na egal, dachte ich, über kurz oder lang mußte die Entwicklung doch dahin gehen, und ich hatte jedenfalls die Gelegenheit, wenn vielleicht auch nicht gut, so doch immerhin überhaupt genutzt. Schließlich war mein Vortrag das einzige gewesen, was an dem ganzen Gespräch von Belang war, glaubte ich. Aber als wir wieder hineingerufen wurden, war von alledem nicht mehr die Rede. Der General stand, und so blieben auch wir stehen. »Ich stelle Ihnen jetzt eine Frage«, sagte er, »und ich möchte von jedem eine präzise Antwort. Beachten Sie bitte: Es ist kein Befehl. Noch nicht. Also: Wären Sie bereit, für ein halbes oder dreiviertel Jahr an einer – hm – Sonderaufgabe mitzuwirken, die – hm – außerhalb Ihrer Einheit liegt?«
    Klaus sagte: »Selbstverständlich, Genosse General!«
    Konni hielt sich ans Militärische: »Jawohl, Genosse General.«
    Ich sagte: »Nein.«
    »Begründen Sie!« forderte der General mich auf.
    Meine Antwort war etwas steif, ich wußte es, aber das entsprach meiner Stimmung. »Das Erreichen einer hohen Effektivität der GLE-Technik in unserer Einheit ist ein komplizierter Prozeß, der noch nicht abgeschlossen ist; kompliziert vor allem in ideologischer Hinsicht. Ein Wechsel des verantwortlichen Offiziers würde diesen Prozeß aufhalten oder sogar die Entwicklung zurückwerfen.«
    »Sie haben sich vorhin für Experimente mit Ihrem Gerät ausgesprochen«, schaltete sich der Zivilist ein. »Angenommen, es würde außerhalb Ihrer Einheit eine Experimentiergruppe gebildet, würden Sie zu einer Berufung in diese Gruppe auch nein sagen? Es handelt sich hier nicht darum, aber angenommen, es wäre so?«
    »Ich würde in diesem Fall der Meinung sein, daß sich auch andere geschickte Experimentatoren finden ließen«, sagte ich starrköpfig.
    »Andere Gründe? Auch familiärer Natur?« fragte der General.
    Ich verneinte.
    »Dann lassen Sie uns bitte noch mal allein.«
    Diesmal saßen wir schweigend im Vorzimmer. Klaus sah ich an, daß er Pläne schmiedete. Konni bewahrte philosophische Ruhe. Ich selbst war froh, so konsequent gewesen zu sein. Natürlich reizt auch mich das Unbekannte, aber ich stehe auch heute noch auf dem Standpunkt, daß die Gesellschaft wie der einzelne größeren Gewinn davon haben, wenn einer seine übernommene Aufgabe zu Ende führt und nicht von einer angefangenen Arbeit zur anderen hüpft.
    Dann klingelte das Telefon. Die Sekretärin hob ab, horchte, sah mich an, dann die beiden andern, und legte auf.
    »Genosse Oberleutnant Tischner zum General!« sagte sie. »Die andern beiden Genossen sollen zu Ihren Einheiten zurückkehren. Der General erinnert Sie noch einmal an die Geheimhaltung.«

    Ich kann heute nicht mehr sagen, mit welchen Gefühlen ich nun das Zimmer des Generals betrat. Mir scheint aus der Erinnerung, daß sich schon beim Überschreiten der Schwelle mein Grimm und meine Enttäuschung in die innere Bereitschaft zu verwandeln begannen, die man mit der Formel ausdrückt, »jeden Auftrag von Partei und Regierung in Ehren zu erfüllen«. Aber vielleicht sehe ich mich da besser als ich bin – oder war.
    Ein fröhliches Gesicht machte ich jedenfalls nicht, aber das schien der General, der mich einen Augenblick lang mit erhobenen Augenbrauen ansah, auch gar nicht erwartet zu haben.
    »Ich stelle Ihnen hier«, sagte er, »den Genossen Horst Heilig vor. Sie sind ihm ab sofort unterstellt und haben seine Weisungen zu befolgen wie die Befehle eines militärischen Vorgesetzten. Alles andere wird Ihnen Genosse Heilig selbst erklären. Hier sind Ihre Papiere – warten Sie!« Ihm schien noch etwas eingefallen zu sein, denn er ging zum Schreibtisch, schrieb einen Satz auf eins der Formulare und stand dann wieder auf.
    »Hier ist ein Sonderausweis und hier ein Freigabeschein für ein GLE-Gerät. Ihre Dienststelle brauchen Sie nicht mehr aufzusuchen, sie wird von mir unterrichtet. Ich wünsche Ihnen Erfolg!«
    Er sah mich noch einmal prüfend an, nickte dann, als habe er sich überzeugt, daß weiteres Gerede nicht nötig sei, und entließ uns.
    Ich folgte dem Zivilisten, dem Genossen Horst Heilig also, wie ich jetzt immerhin schon wußte, und warf dabei einen verstohlenen Blick auf das Freigabeformular – ich wollte wissen, was der General darauf geschrieben hatte. Der Satz lautete: »Das Gerät ist unplombiert auszuliefern.«
    Wenigstens ein Grund zur Freude – was ich im Gespräch gesagt hatte, war offenbar
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