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Mathilda, Mathilda! - Drei wie Zimt und Zucker: Band 3 (German Edition)

Mathilda, Mathilda! - Drei wie Zimt und Zucker: Band 3 (German Edition)

Titel: Mathilda, Mathilda! - Drei wie Zimt und Zucker: Band 3 (German Edition)
Autoren: Annette Langen
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Krise in Krähwinkel

    W arum weiß kaum jemand, wie schwer es ist, zwölf Jahre alt zu sein? Ich meine, jemand von den Erwachsenen. Aufgebracht stieß ich die Mistgabel in einen Berg schmutziges Stroh, so, als hätte ich nie etwas anderes gemacht. Dabei hatte ich, Mathilda Wilder, die ersten zwölf Jahre meines Lebens mitten in Köln gelebt, in unserem coolen Viertel, wo es witzige Läden und Restaurants gab. Bis Mama plötzlich ein altes Haus auf dem Land geerbt hat, in Krähwinkel. Bei dem Namen krähen doch die Hühner, oder? Okay, ich hätte nie gedacht, dass auf dem Land so viel los ist. Und auch nicht, dass Mist so schwer ist. Keuchend ließ ich ihn in die Mistkarre fallen, während mein Patenpony Blümchen in der Stallgasse stand und mich mit aufmerksam gespitzten Ohren ansah.
    »Ach, du hast es gut«, fand ich. »Ständig wollen die Erwachsenen wissen, wie es in der Schule läuft. Ob man für die Mathearbeit gelernt oder die Englischvokabeln geübt hat. Als ob das alles wäre!« Noch ein Haufen Pferdemist und nasses Stroh flogen in die Mistkarre. So langsam kam ich in Fahrt. Warum fragten uns die Erwachsenen nie nach den wirklich wichtigen Dingen? Ich mistete die Pferdebox aus, bis die Mistgabel über den Boden kratzte, dass fast die Funken flogen. Warum fragte Mama nie, ob Julia, die Beliebteste in meiner neuen Klasse, mich immer noch von oben herab behandelte? So, als ob ich einfach nur Luft wäre. Für Julia und ihr Gefolge. Am liebsten würde ich … nanu, die Mistkarre war voll.
    Einen Moment blieb ich neben Blümchen stehen und strich mir die verschwitzten Locken aus der Stirn. »Sicher, du hast mit den anderen Ponys auch Zickereien auf der Weide. Vor allem mit Candy. Aber glaub mir, in der Schule ist das kein Spaß!«
    Blümchen hob den Kopf und pustete mir ins Ohr, dass ich lachen musste. So als ob sie alles wegpusten wollte, was mich bedrückte. Aber das geht leider nicht. So viel konnte sie gar nicht pusten. Als ob es nicht schon reichte, dass ich neuerdings Brackets tragen musste – so eine an die Zähne festgeklebte Zahnspange – und mir vorkam wie ein Alien mit all dem Draht im Mund. Alles, nur nicht hübsch. Seit kurzem musste Papa auch noch am anderen Ende der Welt, in Hongkong, arbeiten. Er fehlte mir ganz schrecklich. Ich seufzte und kraulte die Ponystute hinter den flauschigen Ohren. Jetzt, mit ihrem Winterfell, sah sie fast so kuschelig aus wie ein Teddybär. »Weißt du, was ich wirklich gerne hätte?«, fragte ich so leise, dass es nur Blümchen hören konnte. Erst zögerte ich, es auszusprechen, aber dann murmelte ich in ihre Mähne. »Ich weiß, dass es echt fies klingt und natürlich sind Linn und Philippa meine besten Freundinnen …«, ich schluckte. »Trotzdem würde ich zu gerne zur Clique der Beliebtesten in unserer Klasse dazugehören. Denn ich möchte auch mal erleben, dass die ganze Klasse begeistert lacht, obwohl ich nur etwas halbwegs Witziges gesagt habe. Dass sich alle darum reißen, zusammen mit mir auf dem Schulhof zu stehen. Hmm, wenn ich ehrlich bin, möchte ich vielleicht auch mal bestimmen, wer in unserer Klasse ›in‹ und wer ›out‹ ist.«
    Blümchen nickte zustimmend. Aber ich wusste genau, das würde nie passieren, weil Julia ihren Posten nie im Leben abgeben würde. »Bin gleich wieder da«, sagte ich zu dem Pony, fasste die Griffe der Mistkarre, die so schwer war, dass ich sie kaum heben konnte. Ich schob sie aus dem Stall und draußen im Hof über das schmale Brett auf den Misthaufen hinauf. Als ich da oben stand, wie ein Hahn auf dem Mist, fühlte ich mich auf einmal richtig frei. So als ob mich der Zickenterror in der Schule gar nicht mehr betreffen würde.
    Doch dann sah ich einen dunkelhäutigen Jungen auf der einzigen Straße von Krähwinkel – und wäre am liebsten auf der Stelle unsichtbar geworden. Das war Scott aus meiner Klasse und er marschierte zum Krone-Hof! Scott, mit dem ich doch erst um 16 Uhr verabredet war, um ein Geschichtsreferat zu schreiben. Was machte er so früh hier? Ich riss mein Handy aus der Jackentasche und warf einen Blick darauf. 16:08 Uhr, Hilfe! So spät war es schon? Ich schnappte nach Luft. Irgendwie musste ich im Stall getrödelt haben. Ausgerechnet jetzt, wo Scott kam. Scott, der immer total lässig gekleidet und super witzig ist.
    Und wie sah ich dagegen aus? Mal vom Misthaufen unter mir abgesehen, steckte ich in grünen Gartencloggs, hatte Strohhalme in den Haaren und trug eine alte Jacke, die Blümchen angesabbert
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