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Die Insel der Roboter

Die Insel der Roboter

Titel: Die Insel der Roboter
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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daß er über etwas anderes nachdachte – vielleicht darüber, wie er mich dazu bringen konnte, daß ich mich nicht mehr innerlich sperrte. »Was glauben Sie, wohin wir jetzt fahren?« fragte er. »Bestimmt haben Sie darüber nachgedacht!«
    »An die Ostsee?« fragte ich.
    »Und woraus schließen Sie das?«
    »Aus unserer Fahrtrichtung – und aus dem Wort INSEL in meinem Ausweis.«
    »Aha«, sagte er nur, dann wandte er sich der Steuerung zu, schaltete die Autobahn-Automatik ab und verließ bei einer Abfahrt, die gerade kam, die Autobahn. Die folgenden fünf Minuten wurde kein Wort gesprochen. Dann lenkte er von der Chaussee herunter in einen Waldweg ein und hielt den Wagen an.
    »Wenn also jemand das Wort INSEL in Erfahrung gebracht und unsere Abfahrt beobachtet hätte, würde er unser Ziel an der Ostsee suchen?«
    »Demnach liegt es entgegengesetzt?«
    Er nickte. »Im Erzgebirge. Wenigstens INSEL liegt dort, wenn wir auch nicht sofort hinfahren. INSEL ist das Deckwort für das ganze Projekt und zugleich eine Abkürzung aus dem offiziellen Namen: Institut für elektronische Pädagogik.«
    »Darf ich mir eine Frage erlauben, Genosse Heilig?«
    »Jede. Dazu halten wir hier. Aber vorher noch etwas anderes. Unser Verhältnis ist zwar dem Wesen nach durchaus militärisch, aber das gewisse Formelle im Umgang, das in einer Einheit sicherlich unentbehrlich ist, hat sich in unserer Arbeit meist als Behinderung erwiesen. Wir dürfen nichts voreinander verbergen, weder Fragen noch Vermutungen, weil in allem der Keim zu einer wichtigen Einsicht stecken kann, den der andere vielleicht aufnimmt und weiterentwickelt. Und das brauchen wir, weil wir häufig aus einem Minimum an Information ein Maximum an Schlußfolgerungen ziehen müssen. Widerspruch ist erwünscht, Vertrautheit im Umgang notwendig, verstehen Sie? Und ich glaube kaum, daß wir deshalb schwatzhaft werden. Einverstanden?«
    Ich nickte. Ich hatte schon gefürchtet, er würde mir das Du anbieten, und, ehrlich gesagt, das wäre mir schwergefallen. Ich habe nicht das Talent, mit jedem gleich Kumpel zu sein – vielleicht ist die militärische Erziehung daran schuld, vielleicht auch eine gewisse Kontaktarmut, es hat mich selbst schon manchmal gestört, aber öfter noch hat es sich als nützlich erwiesen. Er hatte es also nicht getan, wahrscheinlich hatte er zuviel Menschenkenntnis dazu, und dem, was er vorschlug, konnte ich durchaus zustimmen. Ich stellte nun meine Frage. »Warum ist die Art und Weise dieser Kommandierung und auch unsere jetzige Fahrt so…, so…« Ich suchte nach einem passenden Ausdruck.
    »So abenteuerlich organisiert?« fragte er.
    »Ja«, gestand ich. »Ganz so hart wollte ich es aber nicht ausdrücken.«
    Sein Gesicht wurde ernst. »Natürlich bildet sich niemand ein, daß das den Gegner hindern würde, unsere Spur zu finden. Aber wenn ihm das nur vierzehn Tage später gelingt, wenn er auch nur für den Anfang seine Kräfte aufsplittern muß, ist das für uns ein Riesengewinn. Aber ganz werden Sie das erst begreifen, wenn Sie unsere Aufgabe begriffen haben, und dazu muß ich Sie etwas examinieren.« Er lächelte wieder.
    »Nur los!« sagte ich, ebenfalls lächelnd.
    »Haben Sie die Stellungnahme des ZK zur letzten Tagung des Politischen Beratenden Ausschusses des RGW gelesen?«
    »Ja, sicher«, sagte ich, aber ich sagte es, weil ich mich nicht verstellen kann, sehr unsicher; denn man liest ja leider häufig solche Dokumente allzusehr unter dem engen Gesichtswinkel der eigenen Arbeit.
    »Suchen Sie jetzt nicht in Ihrem Gedächtnis nach irgendwelchen Besonderheiten«, riet er, »aus denen nur der Fachmann etwas für sein Gebiet herausnehmen könnte. Ich meine die grundsätzlichen Dinge, die sehr direkt gesagt wurden.«
    »Da ist vor allem die Aufgabe, in eine neue Etappe der wissenschaftlich-technischen Revolution einzutreten und das absolute wirtschaftliche Übergewicht in der Welt zu erreichen.«
    »Genau. Und wodurch?«
    »Durch…, durch… Also ehrlich gesagt, diese speziellen ökonomischen Fachausdrücke habe ich nicht behalten. Irgend etwas mit Extrem!«
    »Ja«, sagte er, »durch vollständige Automatisierung der wichtigsten Produktionszweige auf der Basis von Extremwert-Technologien. Aber darüber später. Nun lassen Sie mal Ihre politische Phantasie walten – was kann der Imperialismus dagegen tun? Was bedeutet das im Klassenkampf?«
    »Was das bedeutet? Ihr ökonomisches Abhängigkeitssystem bricht zusammen. Die wirtschaftliche
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