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Die Insel der Roboter

Die Insel der Roboter

Titel: Die Insel der Roboter
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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das kennt ja wohl jeder.
    Inzwischen war auch die Sekretärin wieder hereingekommen, hatte einen Blick auf die Uhr geworfen und die Sprechtaste gedrückt. »Genosse General, es ist elf Uhr.«
    Sie wandte sich an uns. »Bitte gehen Sie hinein!«
    Der General begrüßte uns mit Handschlag und bat uns, Platz zu nehmen. Im Zimmer war außer ihm noch ein Zivilist, der uns ebenfalls die Hand drückte und dabei etwas murmelte, von dem man nicht wußte, ob es guten Tag oder Müller oder Schulze heißen sollte. Während der General uns direkt gegenübersaß, nahm der Zivilist – bescheiden, wie es schien, seitlich vor uns Platz. Klaus Schmalfuß faßte seine Anwesenheit als Bestätigung seiner Theorie auf und zwinkerte uns zu, unauffällig, glaubte er, aber dem General war es nicht entgangen. Er lächelte.
    »Sie haben sicher schon Vermutungen angestellt über die etwas seltsamen Begleitumstände des Befehls, der Sie hierher geführt hat. Im Gewirr der Einzelheiten Zusammenhänge ausfindig zu machen gehört ja zu Ihren funktionellen Pflichten. Aber in diesem Fall ist es Ihnen von jetzt ab untersagt, Vermutungen anzustellen, ganz gleich, wie unser Gespräch ausgeht. Diese Zusammenkunft haben Sie sogar vor sich selbst geheimzuhalten. Bin ich verstanden worden?«
    Ich glaube, wir nickten alle drei gleichzeitig wie auf Kommando. Aber wenn wir gedacht hatten, dieser ungewöhnlichen Eröffnung würden sensationelle Enthüllungen folgen, sahen wir uns bitter enttäuscht. Der General bat uns, über den Einsatz der Gefechtsleitelektronik zu berichten.
    Ich will nun nicht wiederholen, was jeder einzelne von uns gesagt hat. Ich könnte das auch gar nicht, denn offen gestanden: Ich hörte kaum zu. Klaus Schmalfuß, das erkannte ich nach seinen ersten Worten, wiederholte mit Variationen seinen Diskussionsbeitrag von der letzten Beratung, die ja erst kürzlich stattgefunden hatte; ich wußte also, was kommen würde. Er hatte es gut getroffen, in seiner Einheit waren alle aufgeschlossen, der Kommandeur betrieb als Freizeitbeschäftigung Mathematik, so was gibt es, und die Parteiorganisation hatte sich auf Klaus’ Antrag schon zweimal mit der GLE befaßt – kurz, er war ein Glückspilz, und man konnte, obwohl er keineswegs sich selbst in den Vordergrund schob, heraushören, daß er es für recht und billig hielt, so glückliche Arbeitsbedingungen zu haben.
    Ich hatte es da schwerer. Nein, keine ernsthaften Widerstände – wer wird schon dem Neuen bewußt entgegentreten! Aber das Neue ist anfangs immer mit Mehrarbeit verbunden, und die laufende Arbeit muß auch erledigt werden, man kann ja die Armee nicht wie einen HO-Laden einfach schließen, renovieren und dann fröhliche Wiedereröffnung feiern. Ich hatte jedenfalls nicht die Absicht, mich hier zu beklagen, solche Probleme löst man nicht durch Jammern, sondern nur mit dem Blick nach vorn. Aber ich war entschlossen, die Gelegenheit, daß ich mir den genauen Gegenstand meines Berichts selbst aussuchen durfte, zu nutzen, so wenigstens verstand ich die Aufforderung des Generals. Ich wollte einige Gedanken loswerden, von denen ich überzeugt war, daß sie mal mit allem Nachdruck ausgesprochen werden mußten; Dinge, die auf großen Tagungen unterzugehen pflegen, auch heute noch, auch wenn man jeden Beitrag auf Tonband aufnimmt und elektronisch speichert. Es hängt ja doch immer alles von den Menschen ab, die die Speicher benutzen, und ein Hologramm kann genauso zum Grab eines Gedankens werden wie früher ein Aktenschrank.
    Erst später begriff ich, daß der General genau das gewollt hatte; nämlich prüfen, was wir mit der gebotenen Gelegenheit anfangen. Doch da war es – wenn ich mal so sagen darf – für mich schon zu spät.
    Klaus hatte geendet, Konni war an der Reihe.
    »Ich könnte auch nur meinen Bericht von der letzten Beratung wiederholen«, sagte er trocken, »neue Entwicklungen hat es seitdem nicht gegeben, dazu ist die Zeit zu kurz. Wenn Sie es wünschen, fasse ich das Wesentliche noch einmal kurz zusammen.«
    »Ist nicht nötig«, sagte der General freundlich und wandte sich an mich. »Und Sie, Oberleutnant Tischner?«
    »Ich möchte die Gelegenheit nutzen, über etwas zu sprechen, das ein wenig außerhalb des Berichtsschemas liegt. Ich habe kürzlich auf der Beratung subjektive Schwierigkeiten erwähnt. Nun sind Schwierigkeiten an sich etwas Negatives, man soll sie überwinden und nicht so viel darüber reden. Aber es gibt eine bestimmte Schwierigkeit, die ich fast als
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