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Snap - Im Haus des Bösen

Snap - Im Haus des Bösen

Titel: Snap - Im Haus des Bösen
Autoren: Douglas Preston , Lincoln Child
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    SNAP
    Im Haus des Bösen
     
     
     
    D rei Personen saßen in der großen, schwach beleuchteten Bibliothek in der Villa, die einsam und verlassen am Riverside Drive 891 in New York City stand. Zwei von ihnen saßen in Sesseln vor einem prasselnden Kaminfeuer. Die eine war Special Agent A. X. L. Pendergast, der lustlos in einem Katalog mit Futures auf Bordeaux-Weine blätterte. Ihm gegenüber hatte sein Mündel Constance Platz genommen, vertieft in eine Abhandlung mit dem Titel
Trepanation im Mittelalter: Werkzeuge und Techniken
.
    Die dritte im Raum anwesende Person ging in gereizter Stimmung auf und ab. Der merkwürdige, komisch wirkende Mann war von kleiner Statur und trug einen Frack mit Schwalbenschwanz, dazu allerlei seltsame Amulette und Reliquien an silbernen Halskettchen, die bei jeder Bewegung klirrten und klimperten. Beim Gehen stützte er sich auf einen knüppelähnlichen Gehstock, dessen Griff zu einem grinsenden Totenschädel geschnitzt war. Hin und wieder war zu hören, wie sein leerer Magen rumorte. Dies war Monsieur Bertin, Pendergasts alter Lehrer, der ihn in der Kindheit in Naturgeschichte, Zoologie sowie in unkonventionelleren Fächern unterrichtet hatte. Er weilte in New York zu Besuch bei seinem früheren Zögling.
    »Das ist ja ungeheuerlich!«, rief er quer durch die Bibliothek. »
Fou, très fou!
Also in New Orleans hätte ich das Abendessen bereits vor Stunden beendet. Aber schauen Sie – es ist praktisch Mitternacht!«
    »Es ist noch nicht einmal halb neun,
maître
«, sagte Pendergast mit leisem Lächeln.
    Eine Gestalt erschien im Durchgang zur Bibliothek. Pendergast blickte hinüber. »Ja, Mrs. Trask?«
    »Es geht um Cook«, antwortete die Haushälterin. »Sie hat mich gebeten, Ihnen auszurichten, dass das Abendessen sich um eine halbe Stunde verzögert.«
    Bertin machte ein angewidertes Geräusch.
    »Leider hat sie die Pasta zu lange gekocht«, fuhr Mrs. Trask fort, »und muss einen neuen Teig herstellen.«
    »Richten Sie ihr aus, sich deswegen keine Gedanken zu machen«, erwiderte Pendergast. »Wir sind nicht in Eile.«
    Mrs. Trask nickte, drehte sich um und entschwand.
    »Nicht in Eile!«, rief Bertin. »Das ist Ihre persönliche Meinung. Und wer denkt an mich? Ich bin zu Gast in Ihrem Haus – und hungrig wie ein Gefangener in der Bastille. Nach heute Abend wird meine Verdauung nicht mehr die gleiche sein.«
    »Glauben Sie mir,
maître
, es lohnt sich zu warten.
Tagliatelle al tartufo bianco
ist ein sehr einfaches Gericht und dennoch von großem Raffinement.« Pendergast hielt inne, als schmeckte er in Gedanken bereits die bevorstehende Mahlzeit. »Zubereitet wird es aus den besten frischen weißen Trüffeln, dünn geschnitten, Butter und Tagliatelle-Nudeln. Cook verwendet dafür natürlich Trüffel aus Alba im Piemont. Es sind die besten der Welt – nach Gewicht berechnet sind sie beinahe so teuer wie Gold.«
    »Pah!«, sagte Bertin. »Diese Vorliebe von euch Yankees für halbgare Pasta wird mir ewig ein Rätsel bleiben.«
    Jetzt meldete sich Constance erstmals zu Wort. »Das ist keine Vorliebe nur von ›Yankees‹. Auch die Italiener essen ihre Pasta am liebsten fest: al dente – mit Biss.«
    Die Erklärung schien Bertin nur zu erzürnen. »Nun,
ich
mag meine Spaghetti weich, genauso wie meinen Reis und meine Maisgrütze. Aber das macht mich wohl zu einem Philister,
oui?
Al dente – bäh! Fragen Sie Ihren Vormund doch einmal nach den
dents
. Also das wäre eine gute Geschichte, um sich die Zeit zu vertrieben, während man vor Hunger halb umkommt.«
    Und damit zog er beleidigt ab. Sein Gehstock klapperte auf dem Boden des angrenzenden Empfangszimmers, bis das Geräusch allmählich verklang.
    Einen Moment lang war es still in der Bibliothek. Constance sah hinüber zu Pendergast. Sein Blick ruhte auf dem Durchgang, durch den Bertin soeben das Zimmer verlassen hatte, dann wandte er sich zu Constance um. »Bertin ist durchaus ein Schlemmer. Beachte ihn nicht, sind wir erst einmal beim Hauptgang angekommen, wird seine gute Laune schon zurückkehren.«
    »Was hat er eigentlich damit gemeint – mit dieser Geschichte über ›dents‹?«, fragte Constance.
    Pendergast zögerte. »Es wird dich nicht interessieren, sie zu hören. Da bin ich sicher. Es ist keine schöne Geschichte. Außerdem … handelt sie von meinem Bruder.«
    Ein kurzer, undurchdringlicher Ausdruck zog über Constances Gesicht. »Das weckt mein Interesse nur noch mehr.«
    Eine Zeitlang sagte Pendergast kein
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