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Die Insel der Albträume und andere unbedingt geheim zu haltende Dinge

Die Insel der Albträume und andere unbedingt geheim zu haltende Dinge

Titel: Die Insel der Albträume und andere unbedingt geheim zu haltende Dinge
Autoren: Arena
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wären sie aus verschiedenen Tierarten zusammengesetzt. Bei manchen passte der Kopf nicht zum Körper und umgekehrt. Wieder andere waren, ähnlich wie Hans-Peter, kaum zu beschreiben. So sah man hier Kugelmonster, Wesen, die eher wie Gemüse- oder Obstsorten aussahen, Teigmonster, die vor sich hin wabbelten, oder unheimliche Lichterscheinungen. Einige waren übersät mit Augen, andere hatte unzählige Arme und Beine, mehrere Köpfe oder gar keinen. Und Mund und Nase saßen auf dem Bauch oder am Po. Rocky entdeckte im Trubel auch den einen oder anderen Bären: Braun- und Schwarzbären, Pandas, Brillen- und Kragenbären oder Eisbären. Und auch die Typen mit den Arschknödeln im Po waren zahlreich unterwegs. Sie wuselten hektisch umher und sahen dabei ziemlich gestresst aus.
    Einen Reim auf das alles konnte sich Rocky nicht machen. Das einzig Positive an diesem Chaos war, dass ihn anscheinend niemand beachtete. Niemand außer einem pummeligen Kugelmonster, das von mindestens hundert Augen übersät war. Es baute sich vor Rocky auf und blaffte ihn mit knarziger Stimme an: „Alter, du stinkst ja wie ein hundertjähriger Rollmops. Wer hat dich denn geträumt?“
    „Geträumt? Mich? Niemand“, antwortete Rocky überrumpelt. Das Kugelwesen warf hundert kritische Blicke auf ihn, die sich anfühlten, als seien es tausend.
    „So, nicht geträumt?“, knarrte das Ding. „Aber ein Nachtmahr bist du auch nicht, oder?“
    „Nachtmahr? Nein. Tut mir leid!“
    Ihr könnt mir glauben, Rocky wäre am liebsten schreiend davongelaufen. Aber er war ja nicht dumm und wusste, dass es keinen Sinn hatte, blindlings wegzurennen – vor allem wenn man nicht wusste, wohin. Er verabschiedete sich stattdessen freundlich, drehte sich um und schlenderte so gelassen wie möglich davon. Zwar spürte er die brennenden Blicke des Monsters in seinem Rücken, ließ sich aber nichts anmerken. Nachdem er ein Stück gegangen war, wagte er einen Blick zurück. Das Kugeldings war weg. Zum Glück.

    Rocky lief weiter durch die überfüllten Gassen und kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Die Stadt schien endlos, genauso wie die Zahl ihrer Bewohner. Kein Wesen glich einem anderen. Leider hatten sie trotzdem eines gemeinsam: Sie waren alle ziemlich unhöflich. Immer wieder wurde Rocky angerempelt und niemand kam auf die Idee, sich zu entschuldigen. Glücklicherweise erreichte er nach kurzer Zeit einen großen Platz, auf dem das Gedränge etwas nachließ.
    Rocky blieb stehen und schaute sich um. Langsam, ganz langsam wie die Katze die Maus, beschlich ihn eine Erkenntnis. Rocky kannte diesen Ort. Er war schon einmal hier gewesen. In seinen schlimmsten Träumen! Es gab jedoch zwei große Unterschiede: Die seltsamen Häuser hatten auf einmal Türen und alle Bewohner waren auf den Straßen unterwegs.
    Bedeutete das etwa, dass er auch jetzt träumte? Diese Idee beruhigte Rocky etwas. Denn vielleicht würde er ja gleich aufwachen und alles wäre vorbei? Rocky tat also das, was man in solchen Momenten immer tut: Um aufzuwachen, kniff er sich selbst in den Oberarm. Einmal. Zweimal. Dreimal. Dann etwas fester. Und schließlich so fest, dass er es kaum aushalten konnte. Doch nichts passierte – außer dass er vom vielen Kneifen jetzt einen blauen Fleck hatte.
    Rocky stand noch immer in dieser Stadt, umringt von deren seltsamen Bewohnern. Das ließ leider nur einen Schluss zu, diese Stadt war verdammt real. Realer als Rocky lieb war. Wie konnte das sein? Er musste sich setzen. So verlassen wie jetzt hatte er sich noch nie in seinem ganzen Leben gefühlt. Eine solche Erkenntnis ist nicht leicht zu verdauen. Fast hätte Rocky angefangen zu weinen, aber nur fast.
    Nach einer Weile spürte er plötzlich, dass ihn jemand beobachtete. Er schaute auf.
    „Scheiße!“, entfuhr es ihm gänzlich unbeabsichtigt, aber völlig zu Recht. Mitten auf dem Platz stand eine alte Bekannte, die ihn mit großen Glasmurmelaugen anblickte: das furchterregende Mädchen aus seinem Traum. Woher kam die denn auf einmal? Wie hatte sie ihn bloß gefunden? Und wer war der Mann, der neben ihr stand? Ihr Begleiter war dünn und groß geraten und hatte alles in allem entfernte Ähnlichkeit mit einer Straßenlaterne. Er trug Uniform und einen mächtigen Oberlippenbart.
    Das Mädchen schaute ziemlich überrascht. Offensichtlich hatte sie Rocky erkannt und war erstaunt, ihm hier zu begegnen. Doch dann huschte ein Lächeln über ihr ebenmäßiges Gesicht, als wäre Rocky ein alter Freund, den sie nach
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