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Die Insel der Albträume und andere unbedingt geheim zu haltende Dinge

Die Insel der Albträume und andere unbedingt geheim zu haltende Dinge

Titel: Die Insel der Albträume und andere unbedingt geheim zu haltende Dinge
Autoren: Arena
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1. Der Albdruck
    Es ist eigentlich streng geheim, aber ich muss euch unbedingt erzählen, was passiert ist, auch wenn Rocky Angst hat, sie könnten ihn finden und zurückholen. Aber es ist genug Zeit vergangen und es ist wichtig, dass ihr Bescheid wisst, nur für den Fall, dass ihr eines Nachts aufwacht und einer von denen steht an eurem Bett.
    Natürlich heißt Rocky nicht wirklich Rocky. Ich nenne ihn nur so, um ihn vor seinen Verfolgern zu schützen. Aber ich finde, dass der Name ausgezeichnet zu ihm passt. Eigentlich sogar besser als sein echter. Als es passierte, war Rocky zehn Jahre alt und lebte in Hellberg, einer kleinen Stadt, in der nicht viel los ist. Um genau zu sein, ist da sogar noch weniger los als an irgendeinem anderen Ort auf der Welt und genau deshalb ist es absolut überraschend, dass Rockys großes Abenteuer ausgerechnet hier begann. Dabei hätte er es ahnen können. Denn irgendwas stimmte schon länger nicht mit ihm. Er war schlecht gelaunt. Sogar furchtbar schlecht gelaunt. Das war keine normale schlechte Laune, so wie sie jeder mal hat. Nein, das war eine Laune, die Angst machen konnte.

    Es war ein Sommer, genau so, wie er sein sollte: Tagsüber war es heiß, sodass sich Rocky jeden Tag mit seinen Freunden am See treffen konnte. Am Abend zogen oftmals Gewitter auf. Durch den Himmel zuckten Blitze, der Donner grollte und der Regen prasselte auf das Dach. Rocky liebte das. Dann lag er immer in seinem Bett, die Arme hinter dem Kopf verschränkt, und zählte die Sekunden zwischen Blitz und Donner, bis er irgendwann eingeschlafen war. Doch wenn Rocky morgens aufwachte, war er schweißgebadet. In seinem Kopf hämmerte es, als hätte sich darin ein kleiner, mieser Zwerg eingenistet, der sein Gehirn mit einer Spitzhacke bearbeitete. Wenn Rocky in den Badezimmerspiegel schaute, erschrak er vor seinem eigenen Spiegelbild. Das, was ihm dort entgegenstarrte, war nicht er, sondern ein Rocky-Monster mit Haaren, die in alle Richtungen abstanden, als hätte er in eine Steckdose gefasst. Sein Blick war finster und auf seiner Stirn hatte sich eine tiefe Schlechte-Laune-Falte gebildet, so, wie man das von Schurken aus dem Kino kennt. Außerdem hatte Rocky einen furchtbaren Geschmack im Mund – als hätte er in der Nacht eine nasse Katze abgeschleckt. Dieser fiese Geschmack war auch nach dem Zähneputzen noch da. Und nach dem Frühstück. Vielleicht hätten drei Kugeln Zitroneneis geholfen, was ich aber nicht mit Bestimmtheit sagen kann, denn Rocky hasste Zitroneneis und aß niemals welches.

    Rocky war zu dieser Zeit unberechenbar und zu allem fähig. So kam es dann auch zu dem Zwischenfall am See mit Luis. Rockys bester Freund war ein kleiner Angeber und Mädchenschwarm. Sein Vater kam aus Südamerika. Von ihm hatte Luis die Statur und die langen dunklen Haare geerbt. Im Vergleich zu seinem Freund sah Rocky selbst … na ja, halt langweilig aus. Er hatte ein verkniffenes Würstchengesicht und Haare, deren Farbe ständig zwischen Blond und Braun wechselte, je nach Sonnenlicht. Das einzig Auffällige an ihm war seine Knubbelnase, auf die einfach keine Brille passen wollte. Das war besonders ärgerlich, weil Rocky ohne Brille nichts oder fast nichts sah.
    Wenn er einen Raum mit Mädchen betrat, passierte gar nichts. Wenn Luis hingegen in denselben Raum kam, hörte man von überall leise „Ahs“ und „Ohs“ und „Mhms“, zumindest glaubte Rocky, die zu hören. Luis drückte dann immer besonders auf die Tube, hampelte herum und erzählte blöde Witze – was Rocky normalerweise nicht störte, immerhin war Luis sein bester Freund. Aber in diesem Sommer änderte sich das.
    Rocky war gerade am See angekommen, stellte sein Fahrrad ab und ging zu Luis und Norbert hinüber, die ihre Handtücher unter ein paar Bäumen und natürlich in Hör- und Sichtweite der Mädchen ausgebreitet hatten. Als Luis Rocky sah, stieß er Norbert in die Seite und prustete los.
    „Ey Alter, du siehst ja aus, als hätten sie eine Atombombe auf deinem Kopf gezündet.“
    Norbert kippte lachend nach hinten und beömmelte sich so sehr über diesen blöden Witz, dass er fast erstickt wäre. Die Mädchen kicherten leise. Rocky schluckte die blöde Bemerkung hinunter, tat, als sei nichts gewesen, und breitete sein Handtuch aus. Aber als Luis aufstand, in die Hände spuckte, „Ich bring das mal in Ordnung!“ sagte und mit seinen Rotzgriffeln Rockys Haare platt drückte, platzte ihm der Kragen. Rocky packte seinen Freund und schubste den
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