Die Insel der Albträume und andere unbedingt geheim zu haltende Dinge

freundlich, glaube ich.“
    Hahn strahlte wie ein Honigkuchenpferd.
    „Dieses Wesen kenne ich in der Tat nicht. Das ist ja hervorglänzend! Das rundet meine Forschungsarbeit ab. Ich will ihn dir zu Ehren …“, er überlegte kurz, „,Amphibia Rockyiensis‘ nennen. Vielen Dank!“
    Rocky fühlte sich geehrt und nickte stolz.
    „Bis bald. Und gute Reise.“
    Leschnikov und Hahn kletterten zurück in das U-Boot. Die Tabea 2 verschwand in den Fluten.
    „Viel Glück!“, rief Rocky seinen Freunden noch hinterher. Er wollte so schnell wie möglich zu Hause anrufen. Sicher machten sich seine Eltern längst Sorgen, vielleicht hatten sie sogar schon die Polizei informiert. Eine alte Dame mit Dackel lieh Rocky schließlich ihr Mobiltelefon aus. Sekunden später war seine Mutter am Apparat, die ihre Freude und Erleichterung nicht unterdrücken konnte.
    Am selben Abend saß Rocky zu Hause am Abendbrottisch. Es gab Pfannkuchen, weil Rocky die so mochte. Sein Vater hatte ihn in der Hafenstadt abgeholt – das war eine ganz schön weite Reise. Er hatte ein Donnerwetter erwartet, vielleicht sogar Stubenarrest, Fernsehverbot oder Taschengeldkürzungen. Aber nichts geschah. Seine Mutter hatte wieder einmal für alles Verständnis.
    „In deinem Alter ist so was ganz normal“, sagte sie und lächelte sanft. „Aber mach es bitte nicht noch einmal.“
    Klar – hätte sich Rocky eigentlich denken können.
    Seine Eltern fragten nicht einmal, wo er gewesen war. Anscheinend waren sie einfach nur froh, dass er gesund zurück war. Gut so, denn Rocky wollte auch gar nichts erzählen. Dennoch brannte ihm eine Frage auf der Zunge.
    „Sagt mal, kennt ihr eigentlich Doktor Hahn?“
    Sein Vater schaute irritiert auf.
    „Doktor Hahn? Ja natürlich! Der hatte doch diese Fernsehsendung. Wie hieß sie noch gleich?“
    „,Es hat sich ausgefletscht – Doktor Hahn zähmt wilde Tiere‘“, ergänzte Rockys Mutter. „Warum gibt es die eigentlich nicht mehr?“
    „Keine Ahnung!“
    Den Rest des Abends erzählten Rockys Eltern, an welche Folgen von Hahns Sendung sie sich noch erinnern konnten. Und das waren einige, fast alle. Und so wurde es spät. Irgendwann, als Rocky die Augen schon zufielen, ging er ins Bett. Seine Mutter gab ihm noch einen Gutenachtkuss, dann schlief er ein.
    Ach ja. Rocky träumte übrigens jede Nacht. Von Myrte. Aber das war kein Albtraum mehr. Es war ein schöner Traum. Nun weigerte er sich natürlich nicht mehr, mit ihr zu spielen. Im Gegenteil. Jede Nacht stiegen die beiden hinauf auf den Gipfel des Furzföhns und warfen von dort Steine hinab.

    35 Der Amurleopard ist eine sehr seltene Raubkatze, die im Osten Russlands vorkommt. Dr. Hahn hat seine Erlebnisse mit diesen Tieren später in dem Buch „Auf leisen Tatzen – mit dem Amurleopard durch Russlands Wälder“ festgehalten.