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Die Hexenmeister

Die Hexenmeister

Titel: Die Hexenmeister
Autoren: Jason Dark
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sogar, mir den Rücken zuzuwenden.
    Ich hatte ihn schon angreifen, die Messer mit dem Kreuz stoppen wollen, aber ich hielt mich zurück. Ich spürte, daß etwas geschah.
    Ein rascher Blick auf das Kreuz. Es strahlte leicht auf. Nicht als Warnung, wegen des Bösen in diesem Verlies. Dieses Strahlen war irgendwie anders, heller, einfach optimistischer. So, als hätte ich es zum Teil aktiviert.
    Sehr ungewöhnlich…
    Cigam kümmerte sich nicht darum. Noch immer befand er sich in Bewegung. Er schlenkerte mit den Armen vor und zurück. Das Licht der Fackel warf Reflexe auf die Klingen, und ich war in diesem Moment nicht mehr als ein Statist.
    Dann blieb er stehen. Leicht geduckt sogar. Hätte er Haare besessen, sie hätten sich bestimmt auf seinem Schädel gesträubt. Mir drehte er sein Profil zu.
    Ich empfand es als flach und irgendwie fischig…
    Auch über sein graues Gesicht tanzte der Widerschein von Licht und Schatten. Er bewegte seinen Mund. Zunächst sagte er nichts, dann hörte ich ihn die Frage leise stellen.
    »Wo bist du…?«
    Keine Antwort.
    Er lachte auf, drehte den Kopf. Seine Blicke streiften mich. Bei dieser kalten und tintigen Schwärze der Augen bekam ich eine Gänsehaut.
    »Wo bist du? Du kannst nicht hier sein. Du bist doch tot!« Die Stimme war eigentlich keine Stimme mehr.
    Mehr ein Krächzen und Greinen.
    Stille…
    »Sinclair!« Er schüttelte sich und hob den rechten Arm mit der Klinge.
    Ich hielt ihm die Waffe entgegen.
    Er lachte. »Was hast du getan? Sie… sie ist tot. Sie kann nicht mehr leben, aber ich spüre sie. Ja, ich spüre sie. Sie ist wieder da. Ich merke es genau.«
    »Vielleicht bist du zu spät gekommen, Cigam. Auch der Teufel ist nicht allwissend.«
    Er heulte und kümmerte sich im nächsten Augenblick nicht mehr um mich. Etwas anderes war geschehen, hatte ihn abgelenkt und ihn zu einer Drehung gezwungen.
    Er starrte auf die Wand, die mir gegenüber lag.
    Dort schien sich das uralte Gestein geöffnet zu haben, als wollte es einen Blick ins Jenseits freigeben. Ich sah in einen langen Tunnel hinein, der mit einem ungewöhnlichen Licht gefüllt war. Es strahlte, aber es blendete nicht.
    Und im Hintergrund schimmerten Gesichter.
    Feinstofflich, sehr ernst, dabei fast überirdisch schön. Gesichter, die ich eigentlich kannte, die ich auch schon zusammen mit ihren Gestalten gesehen hatte.
    Unwillkürlich senkte ich den Blick, weil ich auf die vier Buchstaben an den Enden meines Kreuzes schauen wollte.
    Eingraviert waren ein für M Michael, ein R Raphael, ein G für Gabriel und das ein für Uriel.
    Vier Buchstaben, vier Erzengel, deren Gesichter ich tief in der Wand erblickte.
    Aber das war nicht alles, auch nicht das Wichtigste in diesem Augenblick. Von meiner und auch Cigams Perspektive mußte es so aussehen, daß die fleisch- und knochenlose Gestalt vor den Gesichtern schwebte. Und diese Gestalt, so durchscheinend sie auch war, besaß eine doch starke Ähnlichkeit mit dem Körper, der reglos auf der Steinplatte lag.
    Es war Solara.
    Aber sie war nicht wiedergeboren worden, sondern kehrte als Engel zurück…
    ***
    Dieser Augenblick war so ehrfurchtseinflößend, daß ich den Atem anhielt. Ich wollte nicht direkt von einem Wunder sprechen, aber viel fehlte nicht. Hier in diesem alten Verlies, in einem Kloster, erlebte ich Grenzen meines Wissens und auch die Grenzen dieser Welt. Ein Engel kam…
    Er wollte kommen, er mußte kommen, denn es stand noch eine Rechnung offen.
    Vor mir lag die Tote. Ich konnte nicht sagen, daß ich damit zufrieden war, doch ich war beruhigter, daß sie denselben Weg wie Maria gegangen war.
    Der Hexenmeister hatte verloren! Wieder einmal war der Tod überwunden worden.
    Und sie schwebte näher…
    Trat sie aus der Wand, hielt sie sich dort noch auf? Ich wußte es nicht, es war einfach zuviel, was mir durch den Kopf ging. Mich durchströmte eine große Freude, ein gewaltiges Staunen, wie bei einem Kind, daß zum erstenmal den Sinn des Weihnachtsfestes wahrnimmt und zusätzlich noch vor einem Tannenbaum steht.
    Der Engel wollte den Günstling des Teufels, und Cigam wußte dies. Er wußte allerdings auch, daß er nicht mehr fliehen konnte, denn an der Tür stand ich mit meinem Kreuz.
    Er drehte den Kopf so schnell, daß er beinahe einen Kreis geschlagen hätte.
    Dann heulte er auf.
    »Komm«, lockte ich ihn und war bereit, mein Kreuz zu aktivieren. Dann dachte ich daran, daß es dem Engel gegenüber unfair gewesen wäre, und ich hielt mich zurück.
    Er hatte
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