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Die Herrin von Sainte Claire

Die Herrin von Sainte Claire

Titel: Die Herrin von Sainte Claire
Autoren: Emily Carmichael
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seiner Gegenwart umfangen lassen. Sie lehnte sich gegen die Tür und wurde von einem Schwindelgefühl erfaßt, als ein seltsamer, krampfartiger Schmerz ihren Körper überflutete. Der Schmerz steigerte sich zur Marter. Sie konnte einen kleinen Schrei nicht unterdrücken.
    Rorik drehte sich um. Er sah ihr aschfahles Gesicht und war sofort an ihrer Seite. »Alaine, was …?«
    Der heftige Schmerz ließ nach, als Rorik sie an der Schulter packte. Sie öffnete die Augen und sah Guillaumes mächtige Gestalt sich drohend über ihren Mann erheben. Der Dolch, den sie gedankenlos hatte fallen lassen, blitzte im Fackellicht auf.
    »Nein!« erscholl ihr Entsetzensschrei.
    Sie sammelte alle ihre Kräfte und stieß einen verdatterten Rorik außer Reichweite des heruntersausenden Messers. Die Zielrichtung des Messers blieb, doch jetzt war das Opfer ein anderes. Eine Feuerflamme züngelte in ihrem Fleisch, als die Klinge ihr in die Seite stieß. Das Feuer steigerte sich zu einer stetig wachsenden Qual, die sich wellenartig ausbreitete und sie schließlich – so schien es ihr – in die Hölle hinabzog. Ehe sie in Ohnmacht sank, hörte sie als letztes noch, wie Rorik ihren Namen rief.

27
    »Es wird noch ein Weilchen dauern, ehe dies Kleine in die Welt eintritt«, erklärte Ruth und warf Alaine den fürsorglichen Blick einer Glucke zu. Hadwisas Gestalt stand undeutlich im Hintergrund, ihr Gesicht vor Besorgnis bleich und verkniffen. »Was Wunder, solch ein Kampf mußte die Wehen früher auslösen. Wenn das Fruchtwasser platzt, ist das Kind auf dem Weg. Setzt also keinen Fuß aus dem Bett, Mylady. Bleibt schön liegen und ruht Euch aus. Ihr werdet alle Eure Kraft brauchen, wenn die Zeit gekommen ist.«
    In der Tat, der Schmerz und die Krämpfe waren verflogen. Es war nur noch das Brennen an ihrer Seite von der Schnittwunde da, die Guillaume ihr beigebracht hatte. Ein Schmerz, der durch Hadwisas Nähte sich noch verschlimmert hatte. Trotz dieser Unannehmlichkeit fühlte sie sich alleingelassen, als Ruth und ihre alte Amme das Gemach verließen, mit der Erklärung, sie müßten für die Geburt des Kindes die letzten Vorbereitungen treffen und kämen bald wieder.
    Als hätte sie ihre Gedanken lesen können, trat Gunnor zaudernd durch die Vorhänge an der Tür in das Gemach. Ihr Gesicht war bleich, und Sorgenfalten ließen sie um zehn Jahre älter erscheinen.
    »Gunnor«, begrüßte sie Alaine mit matter Stimme.
    »Alaine«, erwiderte sie leise.
    Sie trat ans Lager und nahm auf dem harten Boden Platz. Ihr unsteter Blick vermied Alaine in die Augen zu sehen. Mehrmals öffnete sie den Mund, um etwas zu sagen, gab es dann aber gleich wieder auf.
    »Rorik ist zurückgekehrt.« Gunnor hatte ihre Stimme wiedergefunden, doch sie klang tonlos und erschöpft.
    »Ja«, bestätigte Alaine.
    »Das ist auch gut so.«
    Unschlüssig blickte Gunnor ihr ins Gesicht. »Das wollte ich nicht, daß du verletzt wirst. Hätte Gilbert den Sieg davongetragen, hätte ich es niemals zugelassen, daß er dir etwas antäte.«
    Die betrogene Betrügerin bis zum bitteren Ende. Alaine schloß die Augen, und ein Gefühl unendlicher Erschöpfung überkam sie.
    »Die Belagerung ist vorbei«, sagte Gunnor stockend. »Ich war oben auf den Zinnen. Rorik hat seine Gefolgsmänner aus den Wäldern geholt und Gilbert mit dem Rücken zur Mauer besiegt.«
    »Du hättest nicht auf die Zinnen gehen sollen«, rügte sie Alaine. »Es ist zu gefährlich.«
    »Was ist schon dabei, wenn mir etwas zustößt? Ich bin doch nur eine Last für meine Mutter und für dich. Eine Last, die du gerne los sein würdest, besonders jetzt, wenn ich dir gestehen werde, daß ich.:. Gilbert kommen ließ und ihm von Roriks Berufung nach Brionne berichtet habe. Ich bin geblieben, als meine Mutter abreiste, um für ihn zu spionieren. Er versprach mich dafür zur Frau zu nehmen und reich und mächtig zu machen. Doch nun … habe ich wohl verloren.«
    Alaine seufzte nur. Es war, wie sie es sich gedacht hatte. Trotzdem war es seltsam, dies aus Gunnors eigenem Mund zu erfahren. Doch schien es keine Bedeutung mehr zu haben. Gilbert hatte, seit Rorik zum erstenmal nach Ste. Claire gekommen war, auf Rache gesonnen. Gunnor hatte ihm lediglich als willkommenes Werkzeug gedient, das man achtlos wegwerfen konnte.
    »Warum erzählst du mir das alles?« fragte Alaine erschöpft.
    »Es ist besser, dir alles zu erzählen, ehe dein Mann es aus Gilberts Mund erfährt. Rorik würde mich an den Galgen bringen, doch von dir
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