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Die Herrin von Sainte Claire

Die Herrin von Sainte Claire

Titel: Die Herrin von Sainte Claire
Autoren: Emily Carmichael
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ich hab’ jahrelang gedient«, knurrte er. »Zwanzig Jahre und mehr habe ich Robert dem Teufel und seinem Bastardjungen William gedient. Ich hab’ Besseres verdient als eine elende, halbverfallene Burg, sehr viel Besseres. Gilbert bietet mit mehr als Rorik je imstande wäre.«
    »Und meint Ihr, Gilbert und Phillip werden es Euch vergelten?« fragte sie verächtlich. »Ich bezweifle, ob Brix so groß ist, um Euch drei gierige Köter zu befriedigen.«
    »Gilbert wird niemals mit diesem jungen Gecken Phillip teilen«, stieß er hervor. »Und ohne Gilberts Hilfe wird der es nicht wagen, den Fuß ans Ufer der Normandie zu setzen. Gilbert wird mir Sauvear und Ste. Claire übergeben und Eure Kanalinseln dazu.«
    »Das werdet Ihr niemals erleben«, prophezeite sie ihm. »Wenn Rorik eintrifft, reißt er Euch einzeln die Glieder aus und Gilbert auch.«
    »Rorik wird nicht kommen«, eröffnete er ihr selbstgefällig. »Ich hab’ keinen Boten entsandt.«
    »Aber ich«, erwiderte sie gelassen.
    »Das war also der Mann, den Gilbert aufgehalten hat«, sagte der Ritter finster.
    »Ich hab’ zwei entsandt.«
    Guillaume sah noch düsterer drein. »Zwei?«
    »Ja.«
    Guillaume straffte die Schultern und trat einen Schritt nach vorn, sein Schwert ausgestreckt auf ihr Herz gerichtet. »Wenn Rorik kommt, wird es zu spät sein. Nun laßt mich vorbei, Lady, oder ich setze zwei Leben mit einem Hieb ein Ende.«
    »Halt ein!«
    Die Stimme erscholl aus der Dunkelheit des Gewölbes. Alaine erkannte den gebieterischen Ton, den tiefen, volltönenden Klang.
    »Was geht hier vor?« verlangte Rorik zu wissen und trat ins Licht der Fackeln.
    Sir Guillaume wandte sich überrascht, aber keineswegs verwirrt um. Alaine hätte nicht gedacht, daß er so ein großer Komödiant war. »Mein Herr! Wie …?«
    »Das tut nichts zur Sache«, erwiderte Rorik knapp und sah unheildrohend von Guillaume auf Alaine. »Was geht hier vor? Sprecht.«
    Alaine lehnte vor Schreck wie betäubt an der Tür. Was, um alles in der Welt, tat er hier im Bergfried? Wie war er hereingekommen? Wenn er hier mit seinem Heer war, warum griff er dann nicht Gilbert von draußen an?
    Sir Guillaume schwenkte seine Klinge in ihre Richtung und tat so, als würde er nur widerwillig sprechen wollen. »Wie Ihr seht, Mylord. Lady Alaine … sie … äh … Ich hab’ sie hier vorgefunden, als sie auf die Querbalken einhieb. Ich befahl ihr, sofort aufzuhören, mein Herr, aber sie war nicht aufzuhalten. Also beschloß ich, ihr endgültig Einhalt zu gebieten, ehe der Feind in unsere Mauern eingedrungen ist. Es gelang mir, ihr den Dolch zu entreißen und nun greift sie mich mit ihrer Fackel an.«
    Roriks Augen, gleich glitzernden Splittern aus kaltem, grünem Glas, ließen sie fast zu Boden sinken. Es war klar, was er von ihr dachte. Hier stand sie nun vor ihm, schuldbeladen wie die Sünde selbst. Als der Mensch, der er war – wie konnte er anders, als sie für schuldig zu befinden?
    »Alles Lügen«, widersprach sie atemlos. »Er lügt. Diesmal ist es keine Frau, die Brix verraten hat. Es ist ein Mann. Er!«
    Noch ehe sie die Worte gesprochen hatte, wußte sie, daß er ihr nicht glaubte. Sir Guillaume war, in seinen eigenen Worten, ein treuergebener Gefolgsmann und ein guter Mensch. Und sie – sie war diejenige gewesen, die fortgelaufen, gekämpft, gestritten und sich versteckt hatte, als er seinen rechtmäßigen Anspruch auf Ste. Claire erhoben hatte. Sie war die Dirne gewesen, die er im Bett wälzend mit Gilbert ertappt hatte. Sie war die Frau, trügerisch, untreu, gefährlich, und in Roriks Augen, für immer verdammt. Trotz allem flehte sie um ein Wunder. Glaub mir, bat sie stumm. Um Brix’ willen, nicht um meinetwillen, glaub mir.
    »Seid verdammt!« knirschte Guillaume und erhob sein Schwert.
    Roriks Klinge kam zischend aus der Scheide und parierte mühelos den gefährlichen Hieb. Mit einer Drehung seines Handgelenks schleuderte Rorik Guillaumes Schwert in die Ecke, das klirrend gegen die Steinmauer prallte.
    Rorik lächelte grimmig. »Ihr ward schon immer besser zu Pferd mit der Lanze, denn zu Fuß mit dem Schwert. Ich hab’ Euch oft davor gewarnt, das wird Euer Untergang sein.«
    Alaine rang freudig nach Luft. Das Wunder war geschehen. Rorik hatte ihr geglaubt, entgegen den Worten eines hochgeschätzten Gefolgsmanns vertraut! Sie wollte schreien vor Glück, durch die Kammer ihrem Mann entgegeneilen, ihn berühren, seine Arme um sich zu spüren, sich von der Stärke und Geborgenheit
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