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Die Herrin von Sainte Claire

Die Herrin von Sainte Claire

Titel: Die Herrin von Sainte Claire
Autoren: Emily Carmichael
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umklammert.
    »Was gibt es, Sir Guillaume?« Verzweifelt versuchte sie ihre Stimme zu beherrschen.
    »Die Patrouille hat sich gestern abend nicht mehr zurückgemeldet, Mylady- ich fand sie niedergemetzelt an der Kiesgrube im Osten. Ein Bursche war noch nicht tot, doch kurz davor. Er konnte mir gerade noch berichten, ehe er starb – sie hatten ein Heer entdeckt, das sich zu später Stunde auf dem Marsch befand. An seiner Spitze ritt Gilbert de Prestots Banner gefolgt von Phillips gekreuzten Schwertern und Dolch. Ich hab’ die Gegend erkundet und ihr Lager in einer Mulde, ein paar Minuten zu Pferd entfernt von der Grube ausgemacht. Dorthin habe ich einen Trupp gesandt. Und ich hab’ den Befehl gegeben, die Burgtore zu schließen.«
    Zuerst atmete Alaine auf, daß die Nachricht nicht Rorik betraf, doch dieses Gefühl der Erleichterung wurde sofort von einer Welle unsäglichen Zorns hinweggespült. Dabei bemerkte sie nicht das beharrliche Schweigen Gunnors, seit Sir Guillaume die Nachricht überbracht hatte.
    »Wann, meint Ihr, werden sie uns angreifen?«
    »Schwer zu sagen, Mylady. Vielleicht sind sie mir auf den Fersen gefolgt. Doch wenn sie sich in dem Glauben wiegen, unbemerkt heranzuschleichen, legen sie vielleicht ein oder zwei Tage Rast ein, ehe sie uns angreifen. Das wäre der vernünftigere Weg.«
    »Gilbert und Phillip Verbündete!« rief sie erstaunt. »Was erhoffen sie sich von einem Überfall auf Brix? Sie glauben doch nicht etwa, sie könnten die Burg erobern?« Sie warf Sir Guillaume einen durchdringenden Blick zu. »Es sei denn, sie gehen davon aus, wir verschanzen unsere Verteidigungsanlagen ebenso achtlos wie der alte Fulk. Mehr als die Dorfbewohner einzuschüchtern und ihr Vieh zu schlachten, wird ihnen nicht gelingen. Die meiste Ernte ist schon eingebracht, also können sie auch da keinen besonderen Schaden anrichten.«
    Alaine schürzte nachdenklich die Lippen. »Ich vermute, Gilbert führt etwas im Schilde. Phillip mag dumm genug sein, eine sinnlose Belagerung durchzuführen, nur um sich zu rächen, doch würde Gilbert sich nie mit ihm verbünden, wenn er sich keinen Gewinn davon verspräche.«
    Guillaume sah einen Moment lang betreten drein. Sie fragte sich, ob er tatsächlich so selbstbewußt war, wie er sie gerne glauben machte. Wußte er etwas über die Verteidigungsanlagen von Brix, was ihr entgangen war? Sie wischte diesen Gedanken gleich wieder fort. Niemals würde Brix fremden Kräften anheimfallen. Es sei denn, ein Narr oder ein Verräter trüge die Verantwortung für ihre Verteidigung.
    Sie musterte Gunnor mit unverhohlenem Mißtrauen. »Ich nehme an, du weißt nichts darüber?«
    Empört hob Gunnor die Brauen. »Natürlich nicht!«
    »Gilbert hat dir vor etlichen Monaten den Hof gemacht«, erinnerte Alaine sie.
    »Ja«, stimmte ihr Gunnor zu, »doch dein Rorik hat dem ein Ende gesetzt, nachdem du törichterweise den armen Ritter in dein Gemach gelockt hast. Seitdem habe ich Gilbert nicht mehr gesehen.«
    Alaine spürte, wie ihr das Blut ins Gesicht schoß, als sie Sir Guillaume daraufhin mit zusammengepreßten Lippen mißbilligend anstarrte. Hatte der gestrenge Ritter bis dahin noch nichts von ihrer angeblichen Treulosigkeit vernommen, so tat er es jetzt. Gunnor warf ihr einen triumphierenden Blick zu. Jede Spur von Freundlichkeit war aus ihrem Gesicht gewichen. Aus dem Gefühl heraus und ohne es begründen zu können, war sich Alaine sicher, daß Gunnor mit Gilberts Eintreffen heimlich zu tun hatte.
    Gunnor lächelte süßlich beim Anblick von Alaines sorgenvoller Miene. »Ich bin überzeugt, Gilbert hat seine Gefühle für mich nicht vergessen. Wenn er diesen Bergfried erobert hat, wirst du diejenige sein, die mich um Gefälligkeiten bittet und ich diejenige, die dir die Befehle geben wird, dies und das zu tun wie einer erbärmlichen Leibeigenen.«
    Alaine überging ihre Häme. Sie wandte sich wieder an Sir Guillaume, der unruhig von einem Bein aufs andere trat. Offensichtlich fühlte er sich in ihrer Gesellschaft unwohl. Sie hatte den Mann noch nie gemocht. Er war ihr zu verschlossen, griesgrämig und schroff. Sie vermutete, seine Meinung über sie fiel ebenso unschmeichelhaft aus. Nun, da er Gunnors boshafte Beschuldigung vernommen hatte, respektierte er sie womöglich noch weniger. Wenn aber Brix erhalten werden sollte, dann mußten sie zusammenarbeiten, ob es ihm gefiel oder nicht.
    Guillaume und seine Mannen hatten den Saal verlassen, da wandte sie sich mit zornfunkelndem Blick
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