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Die Herrin von Sainte Claire

Die Herrin von Sainte Claire

Titel: Die Herrin von Sainte Claire
Autoren: Emily Carmichael
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versichert Euch, sollte der Schurke in die Normandie zurückkehren, wird er seine gerechte Strafe bekommen und vom Herzog verurteilt werden, möge es auch noch so lange dauern.«
    Rorik brach das Siegel und öffnete die Urkunde. Der Bote hatte den ersten Teil der Nachricht fast wortwörtlich wiedergegeben, doch war dies die weitaus unwichtigere. Der Jüngling verharrte in respektvollem Schweigen, während Rorik die Urkunde sorgfältig durchlas. Erst als Rorik wieder die Augen hob, fuhr er fort.
    »Wann könnt Ihr zur Reise aufbrechen, Mylord?«
    Rorik runzelte nachdenklich die Stirn. »In einer Woche«, erwiderte er. »Nicht eher. Ich muß von meinen Vasallen Krieger einberufen, und die befinden sich über das Land verstreut.«
    Alaine blickte erschrocken zu Rorik. »Was gibt es, mein Gemahl?«
    »William hat mich auf Brionne bestellt.«
    Sie hätte schwören können, einen freudigen Schimmer in seinen Augen zu sehen, als er ihr diese Nachricht eröffnete. Es sah doch den Männern gleich, sich zu freuen, wenn sie in den Krieg zogen. Kaum zu glauben, daß auch sie einst sich gewünscht hatte, ein Mann zu sein und das gleiche zu tun.
    »Der Verräter Guy de Burgundy hat sich hinter den Mauern von Brionne verschanzt. William hat die Burg unter Belagerung gestellt, doch mit wenig Erfolg. Er will sich einen neuen Standpunkt anhören und wohl auch neue Kämpfer haben.«
    Alaine blickte verwirrt. »Guy de Burgundy …?«
    »Ja«, antwortete Rorik mit aufblitzenden Augen. »Er hat versucht, William bei Valognes zu töten, dann wurde er von Williams und Henrys Kriegern bei Val-es-Dunes besiegt. Die meisten verräterischen Schurken fanden den Tod im Ornefluß. Einige streckten die Waffen und schwörten William die Treue. Doch Guy, ihr Anführer, entkam dem Netz. Damals wußten wir es noch nicht, daß er auf seine Burg Brionne geflüchtet war. Jetzt hockt er dort wie ein Stinktier in seiner Höhle.«
    Nach acht Tagen führte Rorik seine Vasallen und ihre Krieger durch das Burgtor, um sich auf den langen Marsch nach Brionne zu begeben. Alaine stand auf dem Wehrgang und blickte ihm nach. Sie hatte ihm tapfer den Abschiedstrunk gereicht und inbrünstig ihren Schwur wiederholt, sein Zuhause bis zu seiner Rückkehr zu schützen. Sie glaubte, ein kurzes Aufflackern von Reue in seinen Augen zu sehen, ehe er auf seinem Pferd kehrt machte und sich an der Spitze seines Heeres in Trab setzte. Was mußte es ihn gekostet haben, erst seine Geburtsrechte zurückzuerobern, um sie dann in die Hände einer Frau zu legen, die ihn schon einmal betrogen hatte?
    Im Burghof wimmelte es von Burginsassen und Dörflern, die ihren Herrn verabschieden wollten. Am Rande der Menge stand Gunnor und beobachtete Roriks Aufbruch. Lange nachdem sich das Volk zerstreut hatte, stand sie immer noch mit nachdenklichem Gesicht in der dunklen Mauerecke.

25
    Die Last unter ihrem Herzen wurde immer beschwerlicher. Alaine machte es sich nun zur Gewohnheit, ihre meiste Zeit in dem großen Frauengemach zu verbringen, das sich im südlichen Ende zum großen Saal hin öffnete. Sie beschäftigte sich mit Spinnen, Weben und Nähen, unterdessen Hilda die Küche überwachte und nach dem Haushalt sah. Die Tage vergingen in heiterer Geschäftigkeit. Als der erste leichte Frost in der Morgensonne lag, gab sie sich der freudigen Erwartung hin – daß ihr Kind auf die Welt kam, daß Rorik zurückkehrte. Es war verlockend, alle Sorgen und Nöte beiseite zu schieben und die Tage dahinplätschern zu lassen.
    Doch der ruhige, gleichmäßige Ablauf der ersten Herbsttage wurde eines klaren, kalten Morgens jäh unterbrochen. Alaine nahm gerade mit Gunnor und Ruth ihr Morgenmahl ein. Meist gesellten sich Sir Guillaume zu ihnen sowie der neue Priester auf Brix, Vater Egar. Doch heute waren nur die drei Frauen zugegen.
    Alaine hielt gerade einen kleinen Schwatz mit Gunnor, als plötzlich Tumult im Saal ausbrach. An seiner Spitze Sir Guillaume, atemlos und schweißbedeckt, trotz der kühlen Nachtluft.
    »Mylady«, rief er und setzte seinen Helm ab, wobei er sich mit der Hand durch das graue Haar fuhr, das an seinem Kopf klebte. »Ich fürchte, ich hab’ schlimme Nachricht für Euch.«
    Die beiden Krieger zu seiner Seite sahen äußerst finster drein. Alaines Herz begann wie wild zu pochen. Ihr erster Gedanke galt Rorik- Guillaume hatte wohl einen Boten abgefangen mit der Nachricht über eine Verletzung Roriks oder gar seinen Tod. Ihre Hände hielten die Sessellehne krampfhaft
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