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Die Herrin der Kelten

Die Herrin der Kelten

Titel: Die Herrin der Kelten
Autoren: Manda Scott
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zweifellos Gefahr, sie konnten sie beide deutlich spüren, Gefahr durch irgendeine ferne, feindlich gesinnte Macht, die nur durch ihrer beider Schnelligkeit in Schach gehalten wurde. Die Stute zuckte mit den Ohren, um ihm zuzuhören, dann stellte sie sie plötzlich kerzengerade auf. Der Junge spürte eine Veränderung in ihrer Gangart und hob den Kopf. Vor ihm blockierte eine umgestürzte Eibe den Weg. Die Stute sammelte ihre Kräfte und zog den Kopf ein, während sie ihre Schritte verkürzte. Der Junge krallte die Finger beider Hände in das flammende Rot ihrer Mähne, fühlte dabei ihr raues Stichelhaar in seine Handflächen schneiden. Sie sprang sauber ab und flog über das Hindernis hinweg, und er schwebte mit ihr in die Ewigkeit empor. Auf der anderen Seite des Baums war der Boden fest. Die Stute streckte die Vorderbeine, um wieder auf dem Erdboden aufzusetzen, und der Junge lockerte seinen Griff um ihre Mähne und richtete sich wieder auf; und diesmal, zum ersten Mal, gab er sich voll und ganz der wilden Freude des Rittes hin und schwelgte in den Geschichten, die er Breaca und ihrem Vater erzählen würde, und später, wenn er alles richtig verstanden hatte, seiner Mutter.
    Als sie wieder auf dem Boden landeten, veränderte sich die Welt ganz plötzlich. Der Nebel verschwand mit dem Wind, und es war Abenddämmerung, nicht mehr helllichter Tag, und er selbst war auf einmal auch kein Junge mehr, der eine Stute ritt, sondern ein Mann, ein bewaffneter Krieger, der sich flach über den Hals eines mächtigen Schlachtrosses beugte, gegen das die Stute ein kleines, schmächtiges Pony war. Das Tier war von der fieberhaften Erregung der Schlacht ergriffen und raste wie der Sturmwind dahin, während es mit seinen Hufen Erdklumpen und Steine hinter sich aufwirbelte. Die Erde und sogar der Himmel erzitterten unter seinen donnernden Hufen, und die Bäume wurden aus ihrer Verwurzelung gerissen. Er strich mit einer Hand über den schwarzen, mit dichtem Winterfell bedeckten Hals des Pferdes, und als er sie wieder zurückzog, war die narbenübersäte Haut seiner Handfläche mit Schweiß und frischem Blut beschmiert. Beim Anblick des Blutes schnappte er erschrocken nach Luft. Dabei drang ihm der Geruch seines eigenen Schweißes in die Nase und löste eine schreckliche Angst in ihm aus, die weit über bloße Furcht hinausging. In diesem Moment wäre er um ein Haar vom Rücken des Pferdes gestürzt, so hart fuhr ihm der Schreck durch die Glieder, aber er fühlte, wie sich von hinten ein Arm um seine Taille legte und ihn fest umklammert hielt, und da wusste er, dass noch jemand mit ihm auf dem Rücken des Schlachtrosses saß und dass das Leben dieses anderen Menschen wichtiger war als sein eigenes. Mit plötzlicher Klarheit begriff er, dass die Gefahr nicht ihm drohte, sondern dem anderen, und dass ein Stück weit vor ihnen die ersehnte Sicherheit lag. Er lehnte sich gerade zurück, um dies auch dem anderen mitzuteilen, als sich das Pferd plötzlich mit einem Huf in einem Kaninchenloch verfing und stolperte. Es drehte sich mitten im Laufen ruckartig um seine eigene Achse und kämpfte verzweifelt darum, wieder Halt unter den Hufen zu finden, und der große Kopf drehte sich auf dem Hals, so dass der Blick des Kriegers für einen flüchtigen, blendenden Moment mit dem des Tieres verschmolz, und was er in den Augen des Pferdes sah, ließ ihm den Atem in der Kehle stocken. Da schrie eine Stimme eine Warnung, in einem Ton, den er noch nie zuvor gehört hatte, und selbst jetzt, im Halbschlaf, krümmte er sich entsetzt zusammen, als ganz plötzlich und wie aus dem Nichts eine Schwertklinge herabsauste und seine linke Hand von seinem Arm abtrennte.
    Es war der Schmerz dieses Schwerthiebs, der ihn das erste Mal aus seinem Traum geweckt hatte, und er tat es auch diesmal wieder. Zum zweiten Mal in dieser Nacht lag der Junge mit weit aufgerissenen Augen in der Dunkelheit, während das Hämmern seines Herzens wie Hufschläge in seinen Ohren klang, laut genug, um die Sterne vom Firmament zu schütteln. Diesmal fürchtete er sich weniger. Er hatte etwas gesehen, das nur die Götter sehen sollten, und die schiere Unmöglichkeit dessen trieb ihn durch Furcht und Schrecken hindurch zu dem stillen Ort jenseits davon. Er atmete tief ein und zwang sich, die Dinge um ihn herum wahrzunehmen. Der Hund, der das Bett mit ihm teilte, war aufgestanden und hinausgetappt, und nun lag er allein zwischen den Schlaffellen, nur mit seiner jüngeren Schwester neben
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