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Die Herrin der Kelten

Die Herrin der Kelten

Titel: Die Herrin der Kelten
Autoren: Manda Scott
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plötzlich in kurzen, stoßweisen Schluchzern über seine Lippen. Sie fühlte etwas Warmes und Nasses an ihrem Hals entlang auf ihre Schulter rinnen und von dort aus über ihre Brust. Da gab sie ihren Widerstand auf und ließ sich von ihm in den Armen halten, während er hilflos weinte, und sie fragte ihn nicht, warum ihre Mutter nicht mit ihm gekommen war, um sie zu suchen. Ihre Mutter, die sein Kind unter dem Herzen trug.
    Die Magensäure auf seiner Tunika stammte von ihrer Mutter. Sie lag in der Nähe des Hütteneingangs, und auch sie hielt einen Speer in der Hand. Gegen einen ihrer Angreifer hatte sie ihn noch erfolgreich einsetzen können, aber sie waren zu zweit über sie hergefallen, und das Kind, das sie erwartete, hatte sie in ihrer Beweglichkeit behindert. Die Schwertschneide ihres Gegners hatte ihren Körper vom Brustbein bis zu den Hüften aufgeschlitzt und alles herausquellen lassen, was in ihrem Inneren gewesen war. Breaca kauerte sich neben ihrer toten Mutter nieder. Das zögernde Licht des neuen Tages verlieh allem, was vorher noch blass und grau gewesen war, wieder Farbe. Breaca steckte die Hand nach dem kleinen, verschrumpelten Ding aus, das neben ihrer Mutter lag, und drehte es vorsichtig herum. Ihr Vater stand hinter ihr. »Es wäre ein Junge geworden«, sagte sie.
    »Ich weiß.« Er ließ seine Hand auf ihrer Schulter ruhen. Seine Finger zitterten nicht. Seine Tränen waren versiegt. Er kniete sich neben Breaca und umarmte sie ganz fest. Sein Kinn drückte auf ihren Kopf, und der Klang seiner Stimme vibrierte durch ihren Hals bis zu ihrer Brust, als er sprach. »Wozu brauche ich noch einen Sohn, wenn ich doch schon eine Tochter habe, die einem bewaffneten Krieger gegenübertreten kann und aus diesem Zweikampf als die Überlebende hervorgeht?«
    Seine Stimme war voller Wärme, und in seinem Kummer schwang Stolz mit. Sie brachte es daher nicht übers Herz, ihm zu sagen, dass sie rein instinktiv gehandelt hatte und nicht aus Mut oder aus der Gesinnung einer Kriegerin heraus.
     
    Ihre Mutter war die Anführerin der Eceni gewesen, die Erstgeborene der königlichen Linie, und man erwies ihr im Tode die gleiche Ehrerbietung, die man ihr auch zu Lebzeiten entgegengebracht hatte. Ihr Leichnam wurde in feines Leinen und Felle gewickelt, um das Kind wieder in ihrem Leib einzuschließen. Es wurde eine hohe Plattform aus Ulmen- und Haselholz errichtet und die Tote darauf emporgehoben, um sie den Göttern näher zu bringen und zu verhindern, dass Bären und Wölfe über sie herfielen. Die drei toten Krieger der Coritani, die die Gesetze der Götter gebrochen hatten, indem sie eine schwangere Frau ermordeten, und die Gesetze der Ältesten, indem sie den Anführer eines benachbarten Stammes ohne fairen Kampf töteten, wurden entkleidet und in den Wald geschleift, um den wilden Tieren als Futter zu dienen. Breaca bekam das Schwert desjenigen Kriegers überreicht, den sie getötet hatte. Sie wollte es jedoch nicht. Stattdessen gab sie es ihrem Vater, der es auf seinem Schmiedeblock zerbrach und erklärte, er würde ihr ein besseres schmieden, ein richtig großes, für später, wenn sie erwachsen war. An Stelle des Schwertes überreichte ihr eines der älteren Mädchen eine Krähenfeder mit rot gefärbtem Kiel, die mit blauem Rosshaar umwickelt war, das Zeichen für einen getöteten Feind. Ihr Vater brachte ihr bei, ihr Haar an den Seiten zu flechten, so wie es die Krieger taten, bevor sie in eine Schlacht zogen, und die Feder in dem Zopf zu befestigen, so dass sie locker an ihrer Schläfe baumelte.
    Am späten Vormittag führte Eburovic, Krieger und Schmied der Eceni, seine Tochter zum Fluss hinunter, um sie von dem Blut des Kampfes sauber zu waschen und die Schnittwunde an ihrer Hand zu verbinden; dann brachte er sie zu dem Rundhaus zurück, um sie in die Obhut von Macha zu geben, die die Schwester ihrer Mutter war und die Mutter von Bán, seinem ersten und einzigen lebenden Sohn.

ERSTER TEIL
    A.D. 33

I
    Er hatte den Traum zum ersten Mal, als er acht Jahre alt war, in dem Frühjahr, nachdem Breaca ihre Mutter verloren und eine Schwertverletzung an der Hand davongetragen hatte. Bán erwachte ganz plötzlich und lag schweißgebadet unter den Schlaffellen, während sein Blick in der Dunkelheit des Dachgebälks über seinem Kopf nach Trost und Beruhigung suchte. Vor langer Zeit, als er noch klein gewesen war und sich vor der Nacht gefürchtet hatte, hatte sein Vater die Zeichen für Pferd, Bär und Zaunkönig in
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