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Die Herrin der Kathedrale

Die Herrin der Kathedrale

Titel: Die Herrin der Kathedrale
Autoren: Claudia Beinert , Nadja
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enterbt und Mieszko, seinen zweiten Sohn, als Nachfolger erkoren hat. Und Mieszko scheint wenig mit unserem Kaiser Heinrich gemein zu haben, obwohl Mieszkos Schwester seit dem vergangenen Sommer meine Gemahlin ist.«
    »Zwei Frauen Eurer Familie für die Sicherung des östlichen Vorfeldes unseres Reiches?«, fragte Adalbert aufmerksam und ließ seinen Blick zufrieden zu seiner Frau gleiten.
    Uta hingegen erschauderte bei dem Gedanken an einen Vater, der seine Tochter als Kriegspfand einsetzte.
    »Mieszko erscheint mir noch unberechenbarer als sein Vater«, grübelte der Markgraf an die Runde gewandt. Beim Anblick der kleinen Grafentochter mit den vor Spannung weit aufgerissenen Augen schaute er aber sofort wieder fürsorglich. »Deswegen hat Kaiser Heinrich nach dem Friedensschluss in Bautzen entlang der Elbe auch das halbe Heer zurückgelassen. Man kann ja nie wissen. Die Befehlsgewalt soll er seiner Gattin, Kaiserin Kunigunde, übertragen haben.«
    »Pah!« Graf Adalbert schlug mit der Faust auf die Tafel und schüttelte verständnislos den Kopf.
    Uta zuckte zusammen und griff unter dem Tisch nach der Hand der Mutter. Sie wusste aus Erfahrung, dass der Vater im Zorn gern seine körperliche Kraft zur Demonstration seines Willens einsetzte, wie damals, als die Neugier sie das Wort an einen königlichen Gesandten hatte richten lassen, noch bevor der Vater dazu gekommen war, diesen formal zu begrüßen. Hochschwanger hatte sich die Mutter schützend vor sie gestellt und war vom Vater wie eine Puppe zur Seite geschleudert worden. Durch den harten Aufprall an die Wand des Burgsaals hatte sich ihr ungeborenes Kind im Mutterleib gedreht. Bei der drei Tage dauernden nachfolgenden Geburt hatte die Wehmutter dann von einem Wunder gesprochen: Der kleine Wigbert war gesund geboren worden. Doch nach diesem Vorfall hatte Uta sich geschworen, ihre Mutter nie wieder in eine solche Situation zu bringen. Sie seufzte und dachte dann an ihre jüngeren Geschwister, die auf Anweisung des Vaters während der Tafel von ihrer Amme Gertrud in der mütterlichen Kemenate beaufsichtigt wurden, damit sie unter keinen Umständen das Fest störten.
    »Kaiserin Kunigunde unterzeichnet inzwischen sogar als Mitregentin – als consors regni «, ergänzte der Markgrafensohn.
    »Was ist eine Mitregentin?«, flüsterte Uta der Mutter ausgerechnet in dem Moment ins Ohr, in dem Graf Adalbert sich seiner Gattin zuwendete. Mit einem scharfen Blick quittierte er das Tun seiner Tochter und beugte sich zu ihr hinüber. »Du sprichst nur, wenn du ausdrücklich dazu aufgefordert wirst. Hast du verstanden?« Adalbert von Ballenstedts linkes Augenlid pochte, als er seine Gattin vorwurfsvoll anschaute. »Sie kann ja nicht einmal pünktlich erscheinen, wenn es von ihr verlangt wird!«
    Traurig senkte Uta den Kopf. Sie hatte doch lediglich das Wort an die Mutter gerichtet. Noch dazu im Flüsterton. Sollte ihr dies ab dem heutigen Tag etwa auch versagt sein?
    »Eine Mitregentin«, begann Hermann von Naumburg an Gastgeber und Gastgeberin gerichtet zu erklären, »hat wichtige politische Pflichten zu erfüllen, will sie ihren königlichen Gatten tatkräftig unterstützen.«
    Graf Adalbert ließ daraufhin von den Frauen seiner Familie ab und konzentrierte sich wieder auf die gegenüberliegende Tafel. Betreten senkte Uta den Kopf.
    »Unsere Kaiserin Kunigunde hilft ihrem Gatten zum Beispiel nicht nur bei der Organisation des Heerlagers«, fuhr der Markgrafensohn mit seiner tiefen Stimme ruhig fort, »sie berät ihn sogar bei der Besetzung von Ämtern oder bei Landesschenkungen.«
    Vor lauter Erstaunen über diese Worte hatte Uta Mühe, den Kopf gesenkt zu halten.
    »Solche Kaiserinnen sind die Ausnahme«, belehrte Markgraf Ekkehard die Runde, als er die irritierten Gesichter beider Gefolge bemerkte. »Für solche Angelegenheiten hat der Kaiser in der Regel Berater wie mich.«
    »Heinrich muss mit seiner Gattin ein besonders enges Vertrauensband haben, wenn er ihr diese Verantwortung überträgt«, sagte Markgrafensohn Hermann mehr zu sich selbst als an die Tischgesellschaft gewandt. »Er muss ihr mindestens genauso viel Verstand und Verhandlungsgeschick zubilligen wie uns, seinen Beratern.«
    »Nicht so melancholisch. Du hast doch ein vernünftiges Weib«, sagte der Markgraf und stieß seinen Sohn in die Seite.
    »Ja, ja. Die holde Weiblichkeit. Die hat ihre eigenen Waffen im Kampf um Einfluss und Macht«, fuhr er dann lauter und für alle vernehmbar fort.
    Daraufhin
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