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Die Heilerin

Die Heilerin

Titel: Die Heilerin
Autoren: Aufbau
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Hand, und wir laufen zu deiner Schwester.«
    »Wel, wel!«, rief Eva und nahm seine Hand. Nur langsam kamen sie voran, das Mädchen knickte immer wieder ein.
    »Verdomme! Du bist doch bis hierher gekommen, dann musst du es auch zurückschaffen. Gottegot!« Er zog das Kind an der Hand, aber es stolperte und strauchelte, begann leise zu wimmern. »Nun denn«, sagte Jan entnervt und nahm Eva hoch, trug sie vor sich her und achtete darauf, dass er keinen Kontakt zu ihrer verschmutzten Kleidung bekam.
    »Margret! Ich habe sie gefunden. Sie ist hier!«, rief er wieder und wieder. Schließlich hörte Margaretha ihn und stürmte ihm entgegen, riss das Kind aus seinen Armen und umschlang es fest. »Goddank! Sie lebt. Eva, Eva, geht es dir gut?« Sie strich die Haarsträhnen aus dem Gesicht des Kindes, schaute es an und küsste es dann.
    »Sie stinkt.« Angewidert verzog Jan das Gesicht.
    »Ja und? Es ist ein Kind.«
    »Sie ist fast vier und noch nicht sauber?«
    Margaretha setzte zu einer Antwort an, schloss aber dann wieder den Mund. Zu oft war sie auf Unverständnis bei den Mitmenschen gestoßen. Ihrer Familie war klar, dass dieses Kind etwas Besonderes war. Viele dieser Kinder lebten nicht lange. Entweder wurden sie ausgesetzt, ertränkt oder ins Armenhaus gebracht. Die op den Graeffs wollten diesem besonderen Kind ein Zuhause geben und ihm Liebe schenken, so wie Gott es vorgesehen hatte. Viele Lutheraner und andere Christen glaubten immer noch, dass diese Art von Kindern vom Teufel kam.
    Welch ein Blödsinn, dachte Margaretha und drückte die kleine Schwester an sich. Eva strahlte so viel Glück und Liebe aus, sie konnte nicht vom Teufel sein.
    »Lass uns zurückgehen«, sagte sie und wickelte Eva in die Decke. Wind kam auf, und dunkle Wolken bezogen Stellung am Himmel.
    Margaretha sah, wie Jan nachdenklich und schweigend den Korb nahm, der bis zum Rand gefüllt war. Er ging neben ihr, warf immer wieder einen Blick auf Eva, die sich müde an die Schulter ihrer Schwester kuschelte und versonnen am Daumen lutschte, der in einem seltsamen Winkel von der Hand abstand.
    Schließlich brach er das Schweigen, redete über das Wetter, die Kälte, die so früh hereingebrochen war, über Belanglosigkeiten. Sie passierten das Obertor, nickten der Wache zu und hielten vor der Straße, die zu dem Haus der op den Graeffs führte. Jan zögerte. Sein Elternhaus lag in der Nähe des Schwanenmarktes, die Hauptstraße runter. Lachend griff Margaretha nach dem Korb.
    »Ich danke dir für deine Hilfe und Gesellschaft«, sagte sie.
    Jan sah sie unsicher an. »Ich kann dich auch bis zu eurem Haus bringen. Es ist ja nicht mehr weit.«
    »Genau, es ist nicht mehr weit, und die paar Meter schaffe ich auch mit Kind und Korb. Deine Familie wartet. Du hast schon einige Stunden mit mir verschwendet. Wir sehen uns sicherlich spätestens am Sonntag zum Gottesdienst.« Margaretha lächelte ihm zu und drehte sich um.
    »Ich freue mich darauf«, rief Jan ihr nach.
    Margaretha spürte, dass sie rot wurde. Sie drückte ihre heiße Wange an den Kopf der Schwester, lief beschwingt die letzten Meter.
    Zuhause ließ sie den Korb im Flur stehen und brachte Eva in die Küche. Dort duftete es herrlich nach gebratenem Huhn und frischem Brot. Margarethas Brüder wuschen sich lautstark trotz der Kälte im Hof, und die Magd deckte den großenTisch in der Küche. Der Kamin prasselte, und die Katze strich schnurrend um Margarethas Beine. Hier bin ich zu Hause, dachte sie und war für einen Moment vollends glücklich.
    »Da seid ihr ja endlich. Was ist mit Evale?« Gretje nahm Margaretha das Kind aus den Armen, herzte es. Eva wurde wach und schlang die kurzen Arme um den Hals der Mutter. »Oh weh, sie muss gebadet werden. Annemieke, setze Wasser auf.«
    Für einen Augenblick sah Margaretha ihrer Mutter zu, wie die das kleine Kind herzte und drückte, dann ging sie zurück in den Flur, nahm den Korb und brachte ihn in die Vorratskammer. Sie band die Pflanzen zum Trocknen in Bündel, hängte sie auf, legte die Wurzeln in die Sandkisten, die dafür bereitstanden. Noch war der Vorratsraum erschreckend leer, denn der frühe Kälteeinbruch prophezeite einen strengen Winter. Aber ihre Mutter würde sicherlich wissen, wie sie die Familie gut über den Winter brachte.
    Margaretha ging in ihr Zimmer, wusch sich dort. Das Wasser im Krug war nicht viel wärmer als das aus dem Brunnen, mit dem sich die Brüder reinigten, aber hier war sie alleine. Ihre Brüder Hermann, Abraham und
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