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Die Heilerin

Die Heilerin

Titel: Die Heilerin
Autoren: Aufbau
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Dirck waren um einige Jahre älter als sie. Sie waren rau aber herzlich. Meistens konnte Margaretha mit ihren Scherzen gut umgehen, doch heute wollte sie noch einen Augenblick alleine sein, bevor sie sich an den Tisch mit der Familie und dem Gesinde setzte. Ihre Gedanken wanderten zu Jan. Die Stunden mit ihm verwirrten sie. Er war nett und hilfsbereit, aber sein Verhalten Eva gegenüber erschien ihr dumm. Trotzdem, dachte sie, hatte er sich nicht abschrecken lassen.
    Lächelnd ging sie die Treppe hinab, half Annemieke beim Decken des Tisches und dem Auftragen der Speisen in der großen und warmen Wohnküche. Im Raum nebenan badete die Mutter Eva in einem kleinen Waschzuber. Wenig später versammelten sich alle zum Essen. Eva strahlte die Geschwister an und erzählte lauthals in dem ihr eigenen Kauderwelsch vom Tag. Lächelnd hörten sie ihr zu.
    »Wie sieht es im Wallgarten aus?«, fragte dann Gretje ernst.
    »Ich habe Möhren geerntet und auch Erbsen und Bohnen. Es ist aber noch einiges übrig. Wir können noch zwei oder drei Körbe füllen.«
    »Zwei oder drei Körbe. Gottegot. Das hilft uns nicht annähernd über den Winter. Und dieser wird streng werden. Wir müssen dazukaufen, bevor die Nahrung knapp wird. Hermann, bitte fahre morgen nach Linn auf den Markt. Besser noch nach Uerdingen. Da legen die Rheinschiffe mit allerlei Waren an. Nimm deinen jüngsten Bruder Dirck mit. Er kann lernen, wie man handelt und feilscht. Lass dich ob des Schnees und Frosts nicht verunsichern, das Wetter kann noch umspringen und uns einen goldenen Herbst bescheren.« Gretje schnaufte, trank einen Schluck verdünnten Wein. »Ich selbst glaube da nicht dran, aber das muss ja keiner wissen. Kaufe Bohnen und Erbsen. Rüben und Getreide haben wir. Zwei Schweine, eines hier im Hof, eines drüben. Das reicht nicht, aber nach Martini können wir immer noch Speck kaufen.« Sie senkte den Kopf über ihren Teller, ganz in Gedanken versunken.
    »Wir könnten den Stall nebenan ausbauen und eine Kuh einstellen. Dann hätten wir frische Milch«, meinte Dirck. »Die Loers halten es so.«
    »Das würde uns an Heu und Futter mehr kosten als die Milch vom Bauern. Loers haben zwei große Wiesen, wir nicht.« Hermann schüttelte den Kopf.
    »Es wird schon werden.« Gretje nahm sich ein Stück Brot und saugte den Bratensaft damit auf. Sie reichte den Kanten Eva, die ihn glücklich nahm und daran lutschte. »Margret, wir müssen gleich noch zur Wöchnerin. Annemieke, bring Eva nach dem Essen zu Bett. Leg ihr einen heißen Backstein unter die Decke. Wir werden morgen die Fenster abdichten müssen. Dirck, schau nach, wie viel Kohle noch da ist, eventuell müssen wir die Vorräte auch aufstocken, wenn wir jetzt schon heizen müssen.« Sie stand auf, wusch sich die Hände und gingdann in die kleine Kammer neben der Küche, in der sie ihre Kräuter und Tinkturen aufbewahrte. Margaretha folgte ihr.
    »Wenn wir einen strengen Winter bekommen, werden viele Leute unter Husten und Auswurf leiden. Vor allem in den engen Vierteln der neuen Stadt.«
    Seit einigen Jahrzehnten zogen immer mehr Mennoniten nach Krefeld. Anderswo wurden sie verfolgt oder gezwungen, ihren Glauben zu verleugnen. Die Oranier hatten in Krefeld die Glaubensfreiheit gestattet, und so wurde die Stadt zu einer Zufluchtsstätte. Allerdings war der Wohnraum knapp, und viele Familien zwängten sich auf engstem Raum. Das begünstigte die Ausbreitung von Krankheiten und Seuchen.
    Gretje seufzte. »Noch können wir Birkenblätter ernten und Efeu. Auch Hagebutten gibt es noch im Überfluss. Vielleicht kann Hermann mir Fenchelsamen vom Markt mitbringen.« Sie ging ihre Vorräte durch, schaute in Säckchen, Bottiche, Körbe und strich über die einzelnen Flaschen. »Öl werde ich auch brauchen. Wir sollten uns auf das Schlimmste einstellen.« Sie nahm eine Handvoll getrocknete Blätter und Blüten aus einem Korb und steckte diese in ein kleines Leinensäckchen. »Aber jetzt kümmern wir uns erst einmal um Thilda. Wir kochen ihr einen schönen Aufguss aus Frauenmantel, das hilft im Wochenbett und fördert die Milchbildung.«
    Die Luft war frostig, und der Rauch der vielen Kamine lag über der Stadt. Sie eilten durch die Straßen, die Dämmerung brach herein. Gretje hatte die letzte Nacht nicht geschlafen und auch bisher keine Ruhe gefunden. Sie gähnte verstohlen und rieb sich über das Gesicht. Margaretha überlegte, ob sie an diesem Abend ihrer Mutter noch weitere Arbeiten abnehmen konnte. Das Schwein
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