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Die Heilerin

Die Heilerin

Titel: Die Heilerin
Autoren: Aufbau
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köchelte.
    »Du hast dich wacker gehalten, mein Kind.«
    »Ich dachte, Thilda müsse sterben.«
    »Das weiß man nie so genau. Sie hatte viel Blut verloren und sich sehr verkrampft. Aber es ist ja gut gegangen. Ich möchte, dass du nachher mitkommst, wenn wir nach ihr schauen. Doch vorher geh bitte in den Wallgarten. Der Frost kommt zu früh, aber vielleicht kannst du ja noch ein paar Sachen retten.«
    Die op den Graeffs hatten – so wie viele andere Familien auch – vor der Stadtmauer und dem Graben große Gärten. Dort bauten sie Obst und Gemüse an. In dem kleinen Garten hinter dem Haus zog Gretje Kräuter. Im Schuppen hielten sie ein Schwein, das meist zu Martini geschlachtet wurde, und im Hof lebten ein paar Hühner.
    Margaretha aß hungrig den heißen Grützbrei. Wohlige Wärme breitete sich in ihrem Magen aus. Sie hatte gar nicht gemerkt, wie hungrig sie gewesen war. Nachdem sie ihre Schüssel ausgespült hatte, holte sie Wasser aus dem Brunnen im Hof. Vom Nachbarhaus scholl das Klappern der Webstühle zu ihr. Dort arbeiteten ihre Brüder. Der Vater, so erzählte Gretje ihr, war am Morgen nach Moers gereist, um Leinen auszuliefern. Die Familie webte Leinen, hin und wiederbleichten sie den Stoff auch. Alle waren eingebunden, und das Geschäft lief gut.
    »Soll ich Evchen mitnehmen?«, fragte Margaretha, als sie die Haken an ihrem Mantel schloss.
    Zweifelnd schaute die Mutter zum Boden, wo das kleine Kind in dem wachsenden Federberg wühlte, die Federn und Daunen mit fröhlichem Gejauchze in der Küche verteilte. Hin und wieder flogen ein paar der Federn in das prasselnde Feuer des Kamins und verbrannten. Der Gestank von verglühtem Horn breitete sich aus.
    »Ja, nimm sie mit, aber zieh sie warm an. Und pass gut auf sie auf.«
    Margaretha nahm das Kind und verdrehte die Augen, jedoch so, dass ihre Mutter es nicht sah. Als wenn sie schon mal nicht gut auf ihre Schwester aufgepasst hätte. Dann aber sah sie die Falten, die sich tief um die Mundwinkel ihrer Mutter eingegraben hatten, und bemerkte, wie müde Gretje war. Ihre Mutter hatte sich nicht hingelegt, als sie nach Hause gekommen waren. Sie hatte die blutigen Sachen ausgewaschen und in den Hof gehängt, das Feuer geschürt und das Essen vorbereitet. Wahrscheinlich hatte sie auch noch Strümpfe gestopft oder etwas anderes getan. Es gab immer etwas zu tun in diesem großen Haushalt, und Gretje konnte Dinge nicht liegen lassen.
    Margaretha setzte sich Eva auf die Hüfte und verließ das Haus. Sie ging durch das Obertor hindurch und wandte sich dann links. Der Münkersweg führte nach Linn. Eva erfreute sich an dem Ausflug, zeigte lachend auf die Gänse, die auf einer Wiese vor der Stadt grasten. Hin und wieder fiel eine dicke, flaumige Schneeflocke. »Feder!«, sagte das Kind und klatschte in die Hände.
    »Das ist eine Schneeflocke.« Margaretha lächelte. Mit dem linken Arm hielt sie das Kind umschlungen, an der rechten Hand schaukelte munter der noch leere Korb. Sie plauderte mit der kleinen Schwester, scherzte und sang. An der Kreuzungkam ihnen ein junger Mann entgegen. Er hatte seinen Hut tief ins Gesicht gezogen und den Mantelkragen hochgestellt. Margaretha stockte kurz, doch dann erkannte sie ihn. Es war Jan Scheuten. Er war zwei Jahre älter als sie, aber sie hatten gemeinsam die Schule besucht. Vor einem Jahr hatte er die Stadt verlassen, um eine Lehre bei einem Tischler in Linn zu machen. Manchmal kam er übers Wochenende nach Hause und besuchte mit seiner Familie den Gottesdienst. Margaretha und er hatten sich immer gut verstanden. Sie blieb stehen und lächelte ihm entgegen. Er hob den Kopf und sah sie.
    »Margaretha, welch entzückender Anblick an diesem kalten Tag. Was treibt dich aus der Stadt?« Er grinste.
    »Der Frost. Ich soll im Wallgarten noch schnell einiges an Gemüse retten. Und was bringt dich nach Krefeld?«
    »Mein Lehrherr ist verstorben.« Er verzog das Gesicht. »Und nun muss ich mir einen anderen suchen.«
    »Du bist ein fleißiger Mann, es wird dir schon gelingen. Deine Schwester hat heute Nacht einen gesunden Jungen entbunden, du wirst deine Familie in Feierstimmung vorfinden.«
    »Thilda hat einen Sohn? Das wird Johannes ja freuen, er hat sich einen Stammhalter gewünscht.«
    »Dein Schwager wird heute vermutlich arges Schädelbrummen haben, die Nacht über war die Branntweinflasche sein bester Freund.« Margaretha lachte.
    »Das kann ich gut verstehen. Vermutlich hatte er große Angst um sie.«
    Margaretha beschloss, ihm
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