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Die Hebamme von Venedig

Die Hebamme von Venedig

Titel: Die Hebamme von Venedig
Autoren: Roberta Rich
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war fest. »Er hat niemanden auf dieser Welt außer uns.«
    Isaak sah sie staunend an, ob wegen ihrer Worte oder der Kraft in ihnen, konnte sie nicht sagen. Sie zwang sich, nicht weiterzureden. Sie wollte, dass er den Satz sagte, auf den sie wartete.
    Endlich sprach er: »Wir haben uns immer nach einem Sohn gesehnt, du und ich. Vielleicht hat Gott am Ende unsere Gebete erhört.« Er sah das Kind an und lachte entzückt, als Matteo seinen Daumen ergriff und daran saugte. »Er ist schön.«
    Er nahm ihr Matteo aus dem Arm, band das Spitzenmützchen los und enthüllte die rötlichen Locken. Isaak nahm den kleinen Kopf in die Hand und strich ihm das Haar aus der Stirn. Seine Augen füllten sich mit Tränen.
    »Ich werde ihn wie meinen eigenen Sohn großziehen, als wäre er von meinem Blut.«
    Hannah spürte, wie sie sich entspannte und die Luft tief in ihre Lungen drang. Es war der erste tiefe Atemzug seit langer Zeit.
    »Aber wie bist du an ihn gekommen?«
    »Ich werde dir die Geschichte später erzählen«, sagte Hannah. »Das hat keine Eile. Erst gibt es noch etwas anderes.« Sie griff in die Tasche zu ihren Füßen, holte den Geldbeutel mit den Dukaten hervor und zeigte ihn Isaak. »Du hast mich ohne Mitgift geheiratet, aber jetzt habe ich eine. Was wir davon nicht brauchen, um dich von den Rittern freizukaufen, wird uns bei einem neuen Anfang helfen.«
    »Die Malteser werden mich für fünfzig Dukaten freigeben«, sagte Isaak. »Ich habe ihnen seit meiner Ankunft nichts als Kopfzerbrechen bereitet.«
    »Mein guter Isaak. Du schaffst es überall, den Leuten den letzten Nerv zu rauben.«
    Isaak wandte den Blick von Matteo und sah sie an. »Du bist nicht die Einzige mit einem Schatz.« Er gab ihr den Jungen zurück, band den Beutel los, den er um den Hals trug, und zeigte ihr den Inhalt: etwa zwanzig harte weiße Puppen, glatter und etwas größer als Vogeleier.
    »Was ist das?«
    »Das sind Seidenspinnerpuppen aus einer guten Zucht. Sie werden uns helfen, ein neues Leben anzufangen.« Isaak schloss den Beutel und hängte ihn sich wieder um den Hals. »Seide ist überall begehrt«, sagte er mit einem Lachen, »nur auf dieser kargen Insel nicht, wenn sich das auch ändern mag. Die stämmige Nonne, die dir bei der Auktion zugerufen hat, nicht mehr als zwei Dukaten für mich zu zahlen? Das ist Schwester Assunta, und sie ist mein neuer Geschäftspartner. Gott stehe mir bei.«
    »Der Rabbi meinte, du würdest tot sein, bevor ich es bis hierher schaffe«, sagte Hannah.
    »Und die Gesellschaft für die Befreiung Gefangener hat mir angeboten, mich freizukaufen, wenn ich mich von dir scheiden ließe. Aber wozu wollte ich meine Freiheit, wenn ich dich nicht hätte?« Er strich ihr über die Wange. »Und hier bist du und hast das Ghetto hinter dir gelassen.«
    Hannah legte ihre Hand auf Isaaks. »Nach Venedig können wir nicht zurück.«
    »Wo sollen wir unser neues, dukatenreiches Leben also beginnen?«, fragte Isaak.
    »Wo immer Babys geboren werden.« Mit ihren Geburtslöffeln, die Babys auf die Welt brachten, die es sich in den Leibern ihrer Mütter zu häuslich eingerichtet hatten, würde sie überall ihr Glück finden können.
    »Du bist eine Lebensspenderin, Hannah.«
    »Lästere nicht, nur Gott kann Leben spenden.« Sie lehnte sich an ihn und fühlte die Wärme seines Körpers an ihrem. So lange hatte sie ihn vermisst.
    »Wenn du mich fragst, wo ich leben will«, sagte sie. »Die Osmanen behandeln die Juden gut. In Konstantinopel könnten wir tun, was wir wollen. Wir könnten ein Stück Land kaufen, in jedem Viertel der Stadt wohnen und leben, wie es uns gefällt.«
    Isaak überdachte, was sie da sagte, und nickte dann langsam. Eine Idee wuchs in ihm heran. »Wir könnten eine Weberei aufmachen …« Er erzählte ihr vom Kloster, von Schwester Assunta und von ihren Plänen, Seidenfaden zu produzieren.
    »In ein paar Tagen«, sagte Hannah, »fährt die Balbiana weiter nach Konstantinopel. Das bedeutet lange Wochen auf schaukelnden Planken, aber mit dir zusammen ist alles erträglich.«
    »Und unser Sohn? Wer soll ihn stillen?«
    »Wir haben es bis hierher geschafft«, sagte Hannah, »da wird es auch weitergehen.«
    Sie lächelte ihn an, senkte den Blick und sah die Wunde von der Fessel an seinem Fuß. Sie würde sie mit Mandelöl behandeln, und er würde nur eine kleine Narbe zurückbehalten, genau wie ihre Erinnerung an Jessica mit der Zeit weniger schmerzhaft werden würde.
    Es war unschicklich, aber sie zog ihn an sich
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