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Gut gegen Nordwind

Gut gegen Nordwind

Titel: Gut gegen Nordwind
Autoren: Daniel Glattauer
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Kein Betreff
    Frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr wünscht Emmi Rothner.
     
    Zwei Minuten später
    AW:
    Liebe Emmi Rothner, wir kennen uns zwar fast noch weniger als überhaupt nicht. Ich danke Ihnen dennoch für Ihre herzliche und überaus originelle Massenmail! Sie müssen wissen: Ich liebe Massenmails an eine Masse, der ich nicht angehöre. Mfg, Leo Leike.
     
    18 Minuten später
    RE:
    Verzeihen Sie die schriftliche Belästigung, Herr Mfg Leike. Sie sind mir irrtümlich in meine Kundenkartei gerutscht, weil ich vor einigen Monaten ein Abonnement abbestellen wollte und versehentlich Ihre E-Mail-Adresse erwischt hatte. Ich werde Sie sofort löschen.
    PS: Wenn Ihnen eine originellere Formulierung einfällt, jemandem »Frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr« zu wünschen, als »Frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr«, dann teilen Sie mir diese gerne mit. Bis dahin: Frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr! E. Rothner.
     
    Sechs Minuten später
    AW:
    Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Fest und freue mich für Sie, dass Ihnen ein Jahr bevorsteht, das zu Ihren achtzig besten zählen wird. Und sollten Sie zwischendurch schlechte Tage abonniert haben, bestellen Sie sie ruhig – irrtümlich – bei mir ab. Leo Leike.
     
    Drei Minuten später
    RE:
    Bin beeindruckt! Lg, E. R.
     
    38 Tage später
    Betreff: Kein Euro!
    Werte »Like«-Verlagsleitung, ich habe mich von Ihrem Magazin dreimal schriftlich und zweimal telefonisch (bei einer gewissen Frau Hahn) getrennt. Wenn Sie mir die Zeitung dennoch weiter schicken, so betrachte ich das als Ihr Privatvergnügen. Den soeben zugesandten Zahlschein in der Höhe von 186 Euro behalte ich gerne als Souvenir, um mich auch dann noch an »Like« zu erinnern, wenn ich endlich keine Ausgaben mehr zugestellt bekomme. Rechnen Sie aber bitte nicht damit, dass ich auch nur einen Euro einzahlen werde. Hochachtungsvoll, E. Rothner.
     
    Zwei Stunden später
    AW:
    Liebe Frau Rothner, machen Sie das absichtlich? Oder haben Sie schlechte Tage abonniert? Mfg, Leo Leike.
     
    15 Minuten später
    RE:
    Lieber Herr Leike, das ist mir jetzt wirklich überaus peinlich. Ich habe leider einen chronischen »Ei«-Fehler, also eigentlich einen »E«-vor-»I«-Fehler. Wenn ich schnell schreibe, und es soll ein »I« folgen, rutscht mir immer wieder ein »E« hinein. Es ist so, dass sich da meine beiden Mittelfingerkuppen auf der Tastatur bekriegen. Die linke will immer schneller als die rechte sein. Ich bin nämlich eine gebürtige Linkshänderin, die in der Schule auf rechts umgepolt wurde. Das hat mir die Linke bis heute nicht verziehen. Immer schiebt sie mit der Mittelfingerkuppe ein »E« hinein, bevor die Rechte ein »I« setzen kann. Verzeihen Sie die Belästigung, kommt (wahrscheinlich) nicht wieder vor. Schönen Abend noch, E. Rothner.
     
    Vier Minuten später
    AW:
    Liebe Frau Rothner, darf ich Ihnen eine Frage stellen? Und hier noch eine zweite: Wie lange haben Sie für Ihre E-Mail mit der Darlegung Ihres »Ei«-Fehlers gebraucht? Lg, Leo Leike.
     
    Drei Minuten später
    RE:
    Zwei Fragen zurück: Wie lange schätzen Sie? Und warum fragen Sie?
     
    Acht Minuten später
    AW:
    Ich schätze, Sie haben nicht länger als zwanzig Sekunden dafür gebraucht. Für diesen Fall gratuliere ich Ihnen: In der kurzen Zeit ist Ihnen eine tadellose Mitteilung gelungen. Sie hat mich zum Schmunzeln gebracht. Und das schafft heute Abend sonst wohl nichts und niemand mehr. Auf Ihre zweite Frage, warum ich frage: Ich bin beruflich derzeit auch mit der Sprache von E-Mails befasst. Und nun noch einmal meine Frage: Nicht länger als zwanzig Sekunden, liege ich richtig?
     
    Drei Minuten später
    RE:
    Soso, Sie sind beruflich mit E-Mails befasst. Klingt spannend, allerdings fühle ich mich jetzt ein bisschen wie eine Testperson. Aber egal. Haben Sie eigentlich eine Homepage? Wenn nein, wollen Sie eine? Wenn ja, wollen Sie eine schönere? Ich bin nämlich beruflich mit Homepages befasst. (Bis hierher habe ich exakt zehn Sekunden gebraucht, ich habe es gestoppt, war aber ein Berufsgespräch, das geht immer flott.) Bei meiner banalen E-Mail mit dem »E«-vor-»I«-Fehler haben Sie sich leider gründlich verschätzt. Das hat mir sicher gute drei Minuten meiner Lebenszeit gestohlen. Na ja, weiß man, wofür es gut war? Nun würde mich aber doch noch eines interessieren:Wieso haben Sie angenommen, dass ich für meine »E«-vor»I«-Fehler-Mail nur zwanzig Sekunden gebraucht habe? Und bevor ich Sie endgültig
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