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Die Habenichtse: Roman (German Edition)

Die Habenichtse: Roman (German Edition)

Titel: Die Habenichtse: Roman (German Edition)
Autoren: Katharina Hacker
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Liverpool Street Station? Kein Problem, nickte der eine ihm beruhigend zu, aber die zwei anderen waren abgelenkt, schauten zur anderen Straßenseite, wo eine alte Frau sich hinter ihrem Hund herschleppte und eine junge Frau entlangging, als hätte sie weiche Knie, lässig, in einem kurzen Rock, sie hob die Füße nicht, schlurfte in offenen Sandalen, mit ihren weichen, weißen Füßen, er fluchte, überquerte zwischen den drängenden, hupenden Autos die Straße, aber sie schaute sich nicht um, lief weich und sexy, die Sohlen schleiften auf den Steinen des Bürgersteigs, so langsam alles, als wollte sie es ihm leichtmachen, bot sich schon wieder an, schamlos, selbst die Muftis bemerkten es, über die Straße hinweg. Er ließ sich zurückfallen, holte dann wieder auf. Der Rock klebte an ihrem Po, an ihren Schenkeln, einladend, abstoßend. Sie merkte nicht, daß er dicht hinter ihr war, hörte weder seinen Atem noch seine Schritte, ganz in Gedanken, mit sich selbst beschäftigt, zufrieden, dachte Jim, zufrieden mit sich selbst und mit ihrem Tag, der sorglos vor ihr lag, bis gegen Abend ihr Mann auftauchen würde, um für sein teures Geld wenigstens ein Abendessen und ein paar freundliche Sätze zu bekommen. Schläfst wohl nicht mit ihm, hatte er gefragt, und was kriegt er für sein Geld? Wippend, wie mit weichen Knien ging sie, vielleicht war es Absicht, vielleicht spürte sie sehr wohl, daß da hinter ihr ein Mann herging, sich aufgeilte an ihrem kleinen Po, hübsch rund und sexy, sie bogen schon in die Leighton Road ein, er drei Meter hinter ihr, den Blick auf ihr honigbraunes Haar gerichtet, auf ihren Po, auf die Bluse mit hellgrünen und blauen Karos, folgte ihr oder trieb sie vor sich her, um ihr eine Überraschung zu bereiten. Viel zu hastig aufgebrochen vorhin, dachte er, ohne Geld, ohne Abschied, aber das können wir ändern. Streckte den Arm aus, rief ihren Namen, faßte sie, bevor sie sich umdrehen konnte, am Arm, und da war ihr Gesicht. Überrascht, kindlich, sie schob sich näher, als wollte sie ihm in die Arme fallen, erleichtert. Er mußte wegschauen. Sie schämte sich nicht, hielt ihm das Gesicht hin, mit aufgerissenen Augen, mit leicht geöffnetem Mund, unschuldig, plapperte drauflos, daß ihr Mann verreist sei, ohne sie mitzunehmen, daß sie einen Freund gebeten habe zu kommen, das alles mit der Miene jemandes, der Rechte hatte, der getröstet werden würde, aber er wolle, dieser Freund wolle nicht kommen, wegen einer anderen Frau, sie schob sich näher an ihn, er mußte zurückweichen, hielt sie am Arm, hielt sie fest, auf Abstand, und dann zog er sie voran. Hell, dachte er, blinzelte geblendet, die Sonnenbrille auch in der Jacke, er erinnerte sich an das, was Damian gesagt hatte, von der Helligkeit, in der die Sachen verborgen waren, spürte den warmen Arm unter seinen Fingern. Er sehnte sich nach Mae, sehnte sich zum Gotterbarmen nach ihr.

37
    Nach all dem Licht draußen war es in der Wohnung dunkel, ihre Augen gewöhnten sich mühsam daran, sie sog die dumpfe, säuerliche Luft ein, Jim stolperte, sie rempelte ihn an, spürte den festen Körper, –er ruft nachher noch einmal an, sagte sie, ich wette, daß er noch einmal anruft und fragt, ob er nicht doch kommen könnte, und ehrlich gesagt weiß ich gar nicht, ob ich das dann noch will, Schulranzenstimme, hatte Andras gesagt, und sie galoppierte los, –du hättest die Fotos sehen sollen, die Alexa von mir gemacht hat, sie waren in meinem Schreibtisch, wo hätte ich sie auch sonst aufbewahren sollen? Nacktfotos, ich glaube, das Schlimmste ist, daß sie nicht pornographisch sind, wahrscheinlich hat Alexa eine ganze Sammlung, ich sollte sie meinen Eltern schenken, kannst du dir das vorstellen, sie sitzen in ihrer Schuhschachtel, so nenne ich ihr Haus, eine Schuhschachtel, irgendwas Teures, nicht Prada, aber teuer, solide, und ihre Reaktion, wenn ich ihnen diese Fotos schicke, damit sie wieder wissen, wie ich nackt aussehe? Sie verstummte. Er drehte sich weg und schloß die Tür ab. –Jim? Du hast neulich gesagt, daß ich jemandem ähnlich sehe? Er stand im Halblicht vor ihr, nicht ganz so groß wie Jakob und Alistair, aber kompakter, voll konzentrierter, zorniger Energie. Er hatte die Tasche abgestellt. Sie bückte sich, griff danach, –laß das, sagte er scharf, –ich wollte sie doch nur aus dem Weg stellen, damit du nicht stolperst. Aufmerksam schaute sie in sein Gesicht, sie konnte nicht deuten, was sie sah, und Jakob würde versuchen, sie
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