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Die Göring-Verschwörung

Die Göring-Verschwörung

Titel: Die Göring-Verschwörung
Autoren: Achim Müller Hale
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eintreffenden Gäste mit dem Selbstbewusstsein des Mächtigen fixierten. Er gab Ariane einen angedeuteten Handkuss und zuckte statt eines Lächelns nur kurz mit den Mundwinkeln. Er wusste um die Abneigung, die sie ihm entgegenbrachte, wusste, dass seine Frau im Ehestreit Rückhalt bei ihr gesucht hatte. Offenkundig beabsichtigte er nicht, die persönliche Begegnung zu nutzen, um sein Ansehen bei ihr aufzubessern.
    Er reichte Clarson die Hand, ohne viel freundlicher zu werden. »Herr Clarson, ich freue mich, Sie kennenzulernen.«
    »Die Freude ist ganz auf meiner Seite«, log Clarson.
    »Ich habe gehört, Sie sind Engländer mit deutschen Vorfahren?«
    »Mein Vater ist ein gebürtiger Wiener.«
    »Wien«, nickte Goebbels, »eine wunderschöne Stadt. Ich hatte im vergangenen Jahr selbst mehrfach Gelegenheit mich davon überzeugen.«
    »Freut mich, dass es Ihnen gefallen hat.«
    Clarson fühlte sich nicht wirklich mit Wien verbunden. Lediglich einmal hatte er als kleiner Junge vor Ausbruch des großen Krieges einige Wochen mit seinem Vater dort verbracht. Doch hatte es ihm wehgetan, als die Wehrmacht im vergangenen Jahr Österreich besetzt hatte und Berichte über den Jubel der Wiener Bevölkerung und die gleichzeitig einsetzende Verfolgung von Juden und vermuteten Regimegegnern die Londoner Zeitungen gefüllt hatten.
    »Ich werde Sie jetzt dem Führer vorstellen«, wechselte Goebbels das Thema. »Das ist eine große Ehre.«
    »Ich bin glücklich über die Gelegenheit, das Staatsoberhaupt Deutschlands persönlich kennenzulernen«, konzedierte Clarson.
    »Der Führer ist nicht bloß ein Staatsoberhaupt«, schnappte Goebbels, unzufrieden mit Clarsons Replik, »er ist ein Mann von einmaliger historischer Größe, ein Geschenk der Vorsehung, der Deutschland aus tiefster Not gerissen und an die Spitze der europäischen Nationen gebracht hat. Ich erwarte, dass Sie sich entsprechend verhalten.«
    Er machte auf dem Absatz seines Klumpfußes kehrt und geleitete seine Gäste in einer eigentümlich zackigen Gangart durch den Korridor.

5
    Die Goebbels verstanden es zu leben. Sitzmöbel aus lackiertem Mahagoni, kombiniert mit Kommoden des französischen Empire, bezeugten eine Stilsicherheit, die Clarson dem Paar nicht zugetraut hatte. Von Germanenkult und ähnlichen Peinlichkeiten der Nazi-Bewegung fand sich keine Spur. Vielleicht hatte er sich von seiner Frau leiten lassen oder einen unverdienten Glücksgriff mit seinem Innenarchitekten getan.
    Eine lange Glasfront an der Rückseite der Villa gab einen traumhaften Blick auf den Wannsee frei. Der von kleinen Laternen ausgeleuchtete Garten ging in einen Sandstrand über und am Ende eines breiten Landungsstegs sah man die Umrisse einer großen Segeljacht. Das Dritte Reich sorgte gut für seine Führer.
    Ein knappes Dutzend Personen hatte sich im Salon vor der Glasfront in Polstersesseln niedergelassen, arrangiert um einen lang gestreckten, niedrigen Tisch, auf dem Gläser und Kaffeegedecke standen. Zwei Ordonnanzen in weißer Livree standen im Hintergrund, die Hände militärisch korrekt an den Seiten, doch mit entspannten, freundlichen Gesichtern.
    Adolf Hitler erhob sich, als Goebbels mit seiner englischen Verwandtschaft eintrat. Die anderen Gäste, fast ausnahmslos in Uniform, folgten seinem Beispiel. Clarson erkannte Generalfeldmarschall Göring unter ihnen, der seine Körpermasse bedächtig und als Letzter aus dem tiefen Sessel herausdrückte. Die Übrigen schienen Adjutanten und Angehörige von Hitlers Stab zu sein; Männer in den Dreißigern und Vierzigern mit zurückweichendem Haaransatz und kleinem Bauch. Der Führer und Reichskanzler des Großdeutschen Reiches knöpfte sein braunes Jackett zu, strich sich eine Haarsträhne aus der Stirn und schritt lächelnd auf Ariane zu. Mit österreichischem Charme verneigte er sich zu einem Handkuss. »Meine Verehrung, gnädige Frau.«
    »Mein Führer, es ist mir eine große Freude Ihnen Ariane Clarson, meine geliebte Schwester aus London, vorzustellen«, sagte Magda strahlend.
    Ariane bedachte Hitler mit ihrem Zauberlächeln.
    »Ich hoffe, Sie hatten einen angenehmen Flug«, sagte Hitler, ihre Hand in den seinen festhaltend. »Frau Goebbels hat mir erzählt, dass Sie das Fliegen nicht gut vertragen.«
    »Ich hatte bloß ein wenig Angst«, sagte Ariane, entschuldigend die Schultern zuckend und noch immer lächelnd.
    »Sie Ärmste. Warten Sie nur, bald werden die neuen Großraumflugzeuge in Dienst gestellt. So komfortabel und geräumig
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