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Die Geschichte von Zoe und Will

Die Geschichte von Zoe und Will

Titel: Die Geschichte von Zoe und Will
Autoren: Kristin Halbrook
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lallt er, sieht mich mit zusammengekniffenen Augen an. Ich stoße den Atem zu schnell aus, sodass ich nicht antworten kann. Mein Herz pocht in abgehacktem Stakkato. »Was zum Teufel will der hier?«
    Mein Dad zeigt mit der Flasche auf Will. Ich schließe die Augen, versuche meinen Dad mit schierer Willenskraft zurück in den Schlaf zu zwingen. Wills Griff an meinem Ellbogen wird fester.
    »Verpiss dich von meinem Grundstück, sonst ruf ich die Bullen!«, röchelt mein Dad durch zusammengepresste Zähne und mit verschleimter Kehle.
    »Ja, wir verschwinden.«
    Ich taumle vorwärts, da mich Will am Arm zieht, aber es ist schwer, an meinem Dad vorbeizukommen ohne zurückzuzucken.
    »Mit dir geht sie nirgendwo hin«, sagt mein Dad. Er packt mich am anderen Arm, seine Finger wie brennende Tentakel, die sich um mein Handgelenk schlingen.
    »Lass los.« Meine Stimme ist schwächer als mir lieb ist. So ist das immer in Gegenwart meines Dads.
    »Lass sie los!« Will zerrt wieder.
    »Das werd ich verflucht noch mal nicht!«, brüllt mein Dad in die Nacht.
    Ich entwinde mich seinem Griff, stolpere rückwärts von dem unerwarteten Schwung meiner Bewegung. Will und ich stürzen über die Veranda, hasten die Stufen hinab und über den mit Unkraut überwucherten Rasen. Wir haben den Garten zur Hälfte durchquert, als mich die Flasche seitlich am Kopf trifft. Ich kann kaum glauben, dass er in seinem Zustand so zielsicher ist, aber anscheinend will er mich unbedingt aufhalten. Das Glas zersplittert nicht, gibt jedoch ein widerwärtig dumpfes Geräusch von sich, das ich zwei Mal höre, einmal außerhalb meines Kopfes und einmal von innen.
    Mit einem überraschten Schrei stürze ich zu Boden und presse die Hand aufs Gesicht. Ich kann nichts sehen. Da ist nur Dunkelheit, dann rote und gelbe Blitze. Ich zwinkere, fest. Presse meinen Kiefer aufeinander. Will sagt etwas zu mir, ich spüre seine Hände an meinem Kinn, aber ich erkenne ihn nicht, weil immer noch alles verschwommen und voller Blitze ist. Mein Handgelenk zittert, gibt unter meinem Gewicht nach. Mit dem Gesicht voran falle ich ins Gras.
    Will lässt mich liegen, rennt von mir weg, auf die Veranda zu. Ich kann sie hören, wie sie einander wie Bären anknurren und fauchen. Als ich mich schließlich auf die Seite rolle und die Situation erfasse, rufe ich nach ihm.
    »Nicht, Will, nicht!« Er antwortet mir, indem er meinem Dad die Faust in den Magen rammt. Und noch einmal. Und als Nächstes das Knie gegen seine Stirn. »Hör auf, Will!«
    Ich stemme mich auf die Beine, rutsche über den Rasen und überziehe meine Knie mit Grasspuren, bevor ich mich ganz aufrappeln kann. Er wird meinen Dad umbringen. Er erträgt es noch weniger als ich, wie mein Dad mich behandelt. Mein Dad knallt gegen die Hauswand, und Will ballt erneut die Faust und verpasst ihm einen Kinnhaken. Ich sehe Blut auf seinen Fingerknöcheln glitzern, aber ich weiß nicht, ob es von ihm stammt oder meinem Dad.
    »Will!«, schreie ich. »Will! Hör auf!«
    Ich krümme mich, als mich eine plötzliche Welle der Übelkeit erfasst und mein halb verdautes Abendessen aus meinem Mund im Gras landet. Ich spucke, huste und würge, laufe zur Veranda. Meine Hände zittern unkontrolliert. Meine Beine schaffen es kaum, mich zu tragen.
    Mein Dad rudert mit dem Arm zurück, er greift nach der Tür, will entkommen. Einen Moment später liegt er am Boden. Will tritt ihm in die Rippen, ein Mal, zwei Mal. Er wird ihn umbringen. Und eigentlich hat mein Dad es nicht anders verdient.
    »Hör auf, Will«, keuche ich. Ich erreiche ihn und zerre an seiner Hand. Er wirbelt zu mir herum, seine Augen scheinen blind. Ich weiche einen Schritt zurück, zitternd – ich will mit aller Gewalt, dass er mich wiedererkennt.
    »Zoe.«
    Will hält inne und wirft meinem Dad einen letzten bösen Blick zu, dann hebt er mich hoch und trägt mich über den Rasen. Ich krümme mich zusammen und presse die Handflächen gegen meinen Kopf. Will beginnt zu stottern, als er sich plötzlich auf die Weise sieht, wie ich ihn eben gesehen habe. Ein vertrautes Bild, schrecklich vertraut.
    »Zoe. Zoe. Ich würde dich niemals schlagen. Ich bin nicht wie er. Werd ich niemals sein. Niemals, Zoe. Himmel, schau mich nicht so an! Ich bin nicht das Monster. Ich würd dir niemals das antun, was er dir angetan hat. Versprochen!«
    Ich gebe meine abwehrende Haltung auf, drücke meine Stirn an seine Schulter, an seinen salzigen Hals, der von der Anstrengung schweißüberströmt ist, und
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