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Die Geschichte von Zoe und Will

Die Geschichte von Zoe und Will

Titel: Die Geschichte von Zoe und Will
Autoren: Kristin Halbrook
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gewöhnt. Damit sie sich daran gewöhnt, neben mir zu schlafen. Mit mir zu schlafen. Ihr Hals liegt nackt da, und ich will ihn küssen. Da gibt es Dinge, die ich mit Zoe tun will. Ich frage mich, ob sie genauso viel darüber nachdenkt wie ich. Ob es Dinge gibt, die sie mit mir tun will.
    Manchmal überrascht es mich immer noch, dass sie überhaupt hier ist. Aber sie will bei mir bleiben, denkt, ich könnte etwas aus mir machen. Ich hatte noch nie einen guten Geburtstag, bis jetzt.
    »Zoe, Baby, du solltest noch nicht schlafen.«
    »Hmhm«, erwidert sie.
    Ich blicke immer wieder zu ihr rüber. Kontrolliere den Rückspiegel. Schaue lang genug auf die Straße, um sicherzugehen, dass wir noch drauf sind und nicht auf einen Graben voller Kuhfladen zufahren. Ich weiß, dass sie nicht die ganze Nacht mit mir aufbleiben kann. In der Hinsicht sind wir zwei völlig unterschiedliche Menschen: Sie hat Köpfchen, und ich kann die ganze Nacht aufbleiben.
    »Bleib noch ein bisschen wach«, wiederhole ich. Ich nehme ihre Hand und drücke sie an meine Lippen. Sie lächelt, obwohl sie todmüde ist. »Erzähl mir, was für eine Krankenschwester du gleich noch mal werden willst.«
    Sie redet eine Weile, während ich weiterfahre. Erzählt von verschrumpelten Babys und Dads, die im Kreißsaal in Ohnmacht fallen. Darüber muss ich lachen. Wahrscheinlich wäre ich auch so, irgendwann mal, völlig überwältigt und verrückt vor Glück, Dad zu werden, aber auch schockiert wegen all dem Blut.
    Mein Dad ist wohl nicht lang genug geblieben, um das am eigenen Leib zu erfahren. Ich kenne meinen Dad nicht, aber ich weiß, dass meine Mom allein war, als sie mich zur Welt gebracht hat. Nach zwei Jahren hat sie geglaubt, es wäre besser für sie, mich bei ihren Nachbarn abzuladen und nie mehr zurückzukommen.
    »Weißt du was?«, frage ich, als sie eine Minute lang nichts sagt. »Ich denke, ein Baby, das genau so aussieht wie du, wäre wunderschön.«
    Zoe lehnt sich über die Handbremse und küsst mich auf den Mundwinkel.
    »Kann ich jetzt schlafen?« Sie gähnt lautstark. Ich schaue aufs Armaturenbrett.
    »Es ist jetzt, na ja, ungefähr eine Stunde her. Denkst du, das ist lang genug?« Sie sollte es wissen. Immerhin ist sie diejenige, die Krankenschwester werden will.
    »Ich denke, das sollte okay sein. Mir ist nicht schwindlig oder irgendetwas in der Richtung. Ich denke, dass das ein Anzeichen wäre. Weck mich, wenn wir an die Staatsgrenze kommen, ja?«
    Sie zieht und zerrt an dem Kissen, drückt und knufft es drei oder vier Mal, bevor sie sich hinlegt. Mit einer Hand breite ich die Decke über ihr aus. Es ist schwer, die Augen auf der Straße zu lassen. Sie ist so süß, wie sie eindöst, sich in mein Kissen schmiegt.
    »Ich weck dich, wenn wir da sind«, verspreche ich.

ZOE
    ES IST WUNDERSCHÖN , in seinem Wagen zu schlafen. Ich habe noch nie woanders als in meinem eigenen Bett in meinem Zimmer geschlafen. Außer man zählt die Male, als ich in Ohnmacht gefallen bin. Aber meiner Meinung nach ist das kein richtiges Schlafen.
    Es ist kein tiefer, gleichmäßiger Schlaf, denn obwohl mein Körper Ruhe braucht, läuft mein Verstand auf Hochtouren. Er will mit Will wach bleiben, mitbekommen, woran wir vorbeifahren, einen Blick nach hinten werfen und sehen, was wir zurücklassen. Seine Finger an meinem Hals spüren, seinen gleichförmigen Atem neben meinem Ohr hören.
    Manchmal gewinnt mein Körper die Oberhand, und ich döse ein. Ich träume davon, neben Will zu liegen, auf eine Art, wie wir es nie zuvor getan haben, und ich verspüre heiße Verlegenheit, gemischt mit einem nervösen Verlangen. Doch dann siegt mein Gehirn, und ich erwache schläfrig und ignoriere das Pochen in meinem Kopf, lausche stattdessen dem leisen Klimpern des Windspiels meiner Mom oder lächle Will an und lege ihm die Hand an die Wange. Ich finde ihn schön, auf seine eigene wilde Art. Ich habe ihn schon immer schön gefunden, seit dem Tag, als er ins Heim verlegt wurde und dann später an meine Schule kam.
    Durch das Heim hatte er eine feste Gruppe von Leuten, mit denen er abhing. An seinem ersten Tag ist er mit Charlie Harmon, der dieses Jahr den Abschluss macht und zur Armee gehen will, und Lexi Simon die Korridore auf und ab geschlendert. Sie ist zwei Jahre jünger als Will, hat aber vor zwei Wochen die Schule abgebrochen, als sie herausfand, dass sie schwanger ist.
    An jenem Tag hat er eine Bemerkung über den blauen Fleck auf meiner Stirn gemacht, eine unbekannte Stimme
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