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Die Geliebte des Piraten

Die Geliebte des Piraten

Titel: Die Geliebte des Piraten
Autoren: Amy J. Fetzer
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auf die Zündpfanne und drückte es fest.
    Die Frau war von exquisiter Schönheit und spottete jeder Beschreibung, ihr Akzent war anders als jeder, den er bislang gehört hatte, er klang kultiviert und angenehm. Aber nur, wenn sie ihren Schnabel nicht gerade an mir wetzt, dachte er, während ihm ein Dutzend Fragen durch den Sinn gingen. Warum war sie ohne Begleitung auf dem Markt gewesen? Welcher Mann ließ eine Frau ohne Eskorte oder Zofe allein herumspazieren? Und wessen Frau war sie? Sie musste verheiratet sein, ihr Alter ließ das vermuten. Sein Blick glitt zu ihrer Hand. Obwohl sie keinen Ring trug, blieb Raiden bei seiner Vermutung. Nach seinen Erfahrungen machten die Frauen das Einhalten ihres Ehegelübdes ohnehin vom jeweiligen Augenblick und dem jeweiligen Mann abhängig.
    Die Sonne wurde durch den Mond vom indischen Himmel verdrängt, die rote Hitze des Tages von der blauen Kühle der Nacht. Die Farben tanzten über Willas Gesicht und ihre nackten Schultern und ließen die Smaragde und Brillanten auffunkeln, die ihren Hals und ihre Ohren schmückten. Selbst die ehrenhafteste aller Seelen hätte jetzt in Versuchung geraten können, Willa um dieses Reichtums willen die Kehle durchzuschneiden oder sie in die Sklaverei zu verkaufen – an irgendeinen Sultan, der eine Vorliebe für helle, elfenbeinfarbene Haut hegte. Raidens Blick glitt über ihr grünes Kleid, das im Zwielicht eine dunklere Nuance angenommen zu haben schien; moirierte, schimmernde Seide, kostspielig und mit Perlen bestickt. Ein gelangweiltes Mädchen, das auf der Suche nach Abwechslung allein umherzog? Sie kramte ihr Taschentuch aus dem Ridikül heraus und tupfte sich damit Gesicht und Hals ab. Raidens Blick blieb auf das Tuch geheftet, als Willa es über ihr Dekolleté gleiten ließ, über die sanft gerundeten Ansätze ihrer Brüste. Sie war wirklich ein ausgesprochen hübsches, appetitliches Ding. Und würde ihm einen Haufen Probleme einbringen, wenn er sie nicht irgendwie loswurde.
    Und er würde sie loswerden. Und das schnell.
    Er steckte die Pistole zurück hinter den Gürtel. »Habt Ihr ein Haus oder eine Wohnung hier?«
    Sie sah ihn an. »Das geht Euch nichts an.«
    »Ihr steht unter meinem Schutz.«
    Eine sanft geschwungene Augenbraue wurde hochgezogen. »Ich bin ein Opfer Eures Schutzes. Wie lange müssen wir noch hier bleiben?«
    Er antwortete nicht, starrte sie nur an, und Willa spürte, wie eine Welle der Verlegenheit sie durchströmte. Seine Augen mochten so unergründlich und schwarz sein wie die Flüsse Carolinas um Mitternacht, doch sie bargen eine unbekannte, aufrührerische Kraft in sich, die wie ein Blitz aufzuckte. Jedes Mal, wenn er sie ansah, zuckte ihr Innerstes zusammen und ihr Herz machte einen Sprung. Beim Allmächtigen, er war ein gut aussehender Teufel. Ein Teufel. Welch treffende Beschreibung. Er hatte etwas Ungezähmtes an sich, wie es ihr noch nie bei einem Mann begegnet war – bei keinem Mann aus ihren Kreisen. Macht, das war es. Er erlangte Aufmerksamkeit allein durch seine beeindruckende Erscheinung, seine undurchdringliche Miene, seinen großen muskulösen Körper. Lässig mit einer Schulter gegen die Mauer gelehnt, wirkte er auf Willa wie eine große Sphinx, unbeeindruckt von der Situation, von ihr und von seiner Umgebung. Er starrte Willa einfach nur an. Als er mit einer raschen Bewegung des Kopfes das Haar zurückwarf, wurde eine lange sichelförmige Narbe an seinem Hals sichtbar. Und der goldene Ohrring, den er trug. Wie exotisch.
    Womit verdient er sich wohl sein Brot, fragte Willa sich unvermittelt, gelangte jedoch schnell zu dem Schluss, dass es am besten wäre, es nicht zu wissen. In Anbetracht der Umstände ihrer Begegnung musste es eine risikoreiche Beschäftigung sein. Sie seufzte, wandte den Blick ab und starrte aus dem Fenster. Eine schöne Suppe hatte sie sich da eingebrockt. Genau das passende Ende für einen höchst unerfreulichen Tag, den sie bei zahllosen Schiffsausrüstern mit dem Versuch verbracht hatte, eine Überfahrt zu den Banda-Inseln zu bekommen. Doch kein Seemann, der seinen achtbaren Ruf zu verlieren hatte, wollte sie dorthin mitnehmen. Die meisten derjenigen, die sie gefragt hatte, hatten sich rundweg geweigert, überhaupt über dieses Ansinnen zu reden. Der letzte Ausrüster, bei dem sie vorstellig geworden war, hatte sogar die Frechheit besessen, ihr ins Gesicht zu lachen. Dieser verdammte Schuft! Sie hatte allein sein wollen und ihren Leibwächter Manav deswegen gegen seinen
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