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Die Geliebte des Piraten

Die Geliebte des Piraten

Titel: Die Geliebte des Piraten
Autoren: Amy J. Fetzer
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dachte, wie warm sich der Druck seiner Hand auf ihrem Bein angefühlt hatte.
    Dass sie es unterließ, ihren vollen Namen zu nennen, entging Raiden keineswegs. Damit zog sie eine Grenze, die er nach ihrem Dafürhalten brauchte. Über die Schulter warf er ihr einen Blick zu, den er gerade so lange auf ihr ruhen ließ, dass er unverschämt wirkte. »Kommt, wir werden diesem Spiel jetzt ein Ende machen.« Die Pistole im Anschlag und den Säbel gezogen, machte er einen Schritt aus dem Versteck heraus.
    Willa packte ihn am Arm. Sie spürte, wie sich seine harten Muskeln bewegten, dann bemerkte sie, dass ihre Handfläche feucht von Blut wurde. »Hoffnungslos in der Minderzahl und dazu auch noch verletzt« – sie hielt die Hand hoch – »und Ihr sucht noch immer den Kampf? Ich hätte Euch für gescheiter gehalten, Barbar.« Sie fasste nach ihrem Kleidersaum, um einen Stoffstreifen von ihrem Unterrock abzureißen, und stieß einen missmutigen Laut aus, als ihr wieder bewusst wurde, dass sie keine Unterröcke mehr trug. Kurzentschlossen zerriss sie den Futterstoff ihres Kleides. »Vielleicht mag Euch Euer Leben nichts wert sein« – sie richtete sich auf und verband seinen Oberarm – »aber ich habe vor, alt und grau zu werden, unpassende Dinge zu sagen und meine Enkel zu verwöhnen.«
    Raiden schaute auf ihren gebeugten Kopf hinunter, und beim Anblick ihrer sanften Hände auf seinem Arm rührte sich ein seltsames Gefühl in seiner Brust. »Und kein Aufstampfen mit Eurem Krückstock? Kein Zermusen Eures Essens zu Brei?«
    Sie schürzte die Lippen. »Wie aufmerksam von Euch, das noch hinzuzufügen.« Sie verknotete den Verband. »Aber ich habe die Absicht, meine Zähne zu behalten.«
    Ein Lächeln wollte sich auf sein Gesicht stehlen, auch wenn das Bild, das sie malte, fremd für ihn war, wenn es eine Zukunft beschrieb, die er für sich niemals Realität werden lassen würde. Denn es führte ihm vor Augen, welchen Wert sein Leben hatte. Es brachte ihn dazu, sich dafür zu verabscheuen, sie in dieses Durcheinander verwickelt zu haben. Aber sie hatte Recht. Es gab vieles, um das er sich noch kümmern musste, und er hatte nicht die Absicht, wie ein räudiger Hund in den Straßen Kalkuttas zu verrecken. »Ihr seid jetzt gebrandmarkt, weil Ihr mir geholfen habt.«
    Ohne aufzusehen, säuberte sie sich die blutbeschmierten Hände mit ihrem Taschentuch. »Zu meinem ewigen Bedauern.«
    Ja, dachte er, und jede Sekunde länger in seiner Gesellschaft könnte sie das Leben kosten. »Falls die Soldaten uns aufspüren und es wieder zum Kampf zu kommen droht, dann lauft laut schreiend auf sie zu.«
    Willa sah ihn ungläubig an. »Wie bitte? Aber man wird Euch beschuldigen, mich –«
    »… Euch alles geraubt zu haben, was zu rauben war«, ergänzte er gelassen. Obwohl er kaum lächelte, zeigte sich in seinen Augen ein amüsiertes Funkeln, als er sich dieses vorstellte. »Kommt jetzt.« Er trat hinter dem Holzstapel vor, und Willa folgte ihm wie ein Lamm zur Schlachtbank.
    Er führte sie durch enge Gassen, vorbei an den Hinterausgängen von Schänken und Läden, er ging rasch und zielstrebig und war immer auf der Hut. Die Leute liefen erschreckt vor ihm davon, wenn sie ihn kommen sahen, Mütter stellten sich schützend vor ihre Kinder und scheuchten sie ins Haus zurück. Mit dem gezückten Schwert in der Hand, die Einheimischen um mehrere Haupteslängen überragend, wirkte Raiden finster und drohend – von den langen dunklen Haaren bis hin zu den schwarzen Stulpenstiefeln. Willa gestand sich ein, dass seine Nähe ihr Herz schneller schlagen ließ. Von Zeit zu Zeit streifte sein Blick sie, und immer spiegelte sich darin die Verwirrung darüber wider, auf welch unerwartete Weise Willa sich in seine Angelegenheiten eingemischt hatte. Und jeder Blick löste in Willa Gedanken aus, die sie als so närrisch empfand, dass sie sie niemals hegen sollte. Doch sie tat es nichtsdestotrotz, und als sie unter einem niedrigen Torbogen hindurchschlüpften, wusste sie, dass Raiden trotz seiner rüden Sprache und seiner Drohungen sein Leben dafür lassen würde, sie zu beschützen. Denn er hatte seine Freiheit bereits für ihre angeboten.
    Es war eine verwirrende Feststellung, zumal sie ihm nicht vertrauen konnte. Ihr Blick glitt über sein Gesicht, doch sie konnte nur das Funkeln des Mondlichts in seinen Augen erkennen. Die Augen eines raubgierigen Mannes. Wortlos packte Raiden ihre Hand und trat wieder hinaus auf die Straße, wobei er sie dicht hinter
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