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Die Geishas des Captain Fishby

Die Geishas des Captain Fishby

Titel: Die Geishas des Captain Fishby
Autoren: Vern Sneider
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„Purdy-Luxus-Modell“ mit verchromter
Lenkstange, Klingel und Schutzblechen — alles für achtzig Yen.
    „Das ist wirklich ein Betrieb heute“,
stellte der Oberst fest und wandte sich nun seinem eigenen Schreibtisch zu. Auf
der einen Seite lag ein Stapel von Berichten, auf der anderen die neueste
Nummer eines von ihm abonnierten Magazins. Oberst Purdy lächelte beseligt. Das
Magazin mußte mit der Morgenpost gekommen sein und hatte diesmal einen
ungewöhnlich hübschen Umschlag in drei Farben: Hellrot, Gelb und Schwarz. Jean
Lafitte, der Seeräuber, war darauf zu sehen; er hatte eine Binde vor dem einen
Auge, einen Dolch zwischen den Zähnen und kletterte gerade über die Reling
eines Handelsschiffes, das er sozusagen bereits gekapert hatte.
    Oberst Purdy lief es wohlig den Rücken
herunter. Das versprach eine spannende Lektüre zu werden. Er blätterte das Heft
durch und las den Titel des ersten Aufsatzes: „Ich lebte unter den Kopfjägern
am Amazonas.“ Purdys Augen strahlten. Er sah sich schon selber unter diesen
Kopfjägern. Sie standen alle um ihn herum, und ihre Speere funkelten gefährlich
im Schein des Lagerfeuers. Sie hatten ihn, der unbewaffnet war, eingekreist.
Vielleicht hätte er nie hierherkommen sollen. In Santarem bereits, unten am
Fluß, war er vor der Gefahr gewarnt worden. Aber er hatte nur gelacht. Denn er
hatte schon vor langer Zeit von jener berühmten weißen Frau gehört, die im
Innern des Landes lebte, jener Königin, die diese Stämme als ihre Gottheit
verehrten. Und jetzt stand sie neben ihm. Er spürte im Dunkel ihre Nähe und
atmete den Duft ihres Haares, als sie flüsterte: „Ich liebe dich, Wainright,
und ich muß mit dir fort von hier. Laß es nicht zu, daß sie mich hier
festhalten!“
    Ein Stuhl wurde zurückgeschoben.
Oberst Purdy fuhr aus seinen Träumen hoch. Die feingliedrige Amazonenkönigin
hatte sich plötzlich in einen grinsenden Major Thompson verwandelt, der an der
Tür stand und mit einem Feldstecher das Gelände absuchte. Der Oberst starrte
auf seinen Schreibtisch, blickte auf seine Berichte und runzelte die Stirn. Das
wäre jetzt das Rechte, den Kopfjägerartikel zu lesen; aber er zögerte und
setzte ein feierlich-ernstes Gesicht auf. Man lebte schließlich im Krieg, und
Pflicht war Pflicht. Entschlossen schob er das Magazin beiseite. Er würde heute
abend darin lesen. Er sah sich bereits in seinem Zimmer sitzen, einen
Whisky-Soda neben sich und Jean Lafitte und die Amazonenkönigin vor sich. Aber
jetzt mußte er sich erst einmal in die Berichte vertiefen. Denn während hier im
Hauptquartier die Politik und die Pläne festgelegt wurden, hing ihre
Durchführung von den Offizieren und Soldaten ab, die in den acht zum Bezirk
C-147 gehörenden Dörfern stationiert waren. Und es würde gewiß noch eine Weile
dauern, bis alles bei ihnen klappte. Natürlich wußten die Männer draußen kaum
etwas von diesem Zusatzplan. Es war auch zu gefährlich, das Geringste davon
verlauten zu lassen. Aber sie brauchten deshalb nicht besorgt zu sein. Sobald alles
fertig war, wollte der Oberst ihn umgehend weiterreichen.
    Man war im Hauptquartier einmütig der
Meinung, daß die Dorfkommandanten eigentlich ein recht bequemes Leben führten.
„Zum Teufel“, sagte Major Thompson immer verächtlich, „die brauchen nicht einmal
zu denken. Der Plan B denkt für sie. Und wenn sie irgendwo nicht weiterkommen,
brauchen sie nur darin nachzusehen.“
    Trotzdem hatte Oberst Purdy ein
wachsames Auge auf die Dorfkommandanten. Er wollte keine faulen Äpfel in der
Scheuer haben und kein Dorf, das einem inspizierenden General oder
Kongreßmitglied gleich unangenehm auffallen mußte. Der Oberst hielt den Kontakt
mit den Dörfern dadurch aufrecht, daß er sich Berichte über die jeweils
erzielten Fortschritte machen ließ. Berichte, die er täglich, wöchentlich oder
auch monatlich anforderte. Die Dorfkommandanten wußten das vorher nie so genau.
    „Das hält sie auf dem Trab“, fand
Major Thompson mit verständnisvollem Nicken. „Ich möchte wissen, wie sie dabei
faulenzen können! Es bleibt ihnen dann keine Zeit zum trägen Herumsitzen und
zum Träumen.“
    Die Berichte, die eigentlich schon
gestern hatten geliefert werden sollen, lagen jetzt vor Oberst Purdy, und er
griff nach dem ersten, der fünf Seiten lang war und von Major Enright stammte,
dem Kommandanten des Dorfes Haebaru. Oberst Purdy begann zu lesen:
     
    „A. Ich habe seit dem letzten Bericht
vom vorigen Monat folgende Vorträge vor
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