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Die Geishas des Captain Fishby

Die Geishas des Captain Fishby

Titel: Die Geishas des Captain Fishby
Autoren: Vern Sneider
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Morgen, stand er von Tische auf und blickte auf seine Uhr. Er war groß,
kerzengerade gewachsen, ohne jeden Bauchansatz — ganz wie es sich für einen
Obersten gehörte. Da jetzt alle die Khakiuniform trugen, so trug auch er sie,
aber die seine war gestärkt und blitzte deshalb besonders. Sein dichtes
stahlgraues Haar, obwohl sorgfältig gebürstet, wirkte leicht zerzaust, und der
kleine Schnurrbart gab ihm einen sportlichen Anstrich.
    „Meine Herren“, sagte er in
kameradschaftlichem Ton, der aber trotzdem keinen Zweifel darüber aufkommen
ließ, wer hier zu befehlen hatte, „meine Herren, es ist 8 Uhr 27.“
    Und schon war die kurze
Frühstückspause vorüber. Die Gesichter strafften sich. Major Thompson reckte
die Schultern. Major McNeil drückte seine Zigarette aus, und so fort. Nur der
Soldat Gregovich, der in einer Ecke die schmutzigen Teller aufeinanderstellte,
lächelte. Es war immer eine Freude für ihn — wie er oft sagte: die alten Säcke
hier loszuwerden. „Man hat dann wenigstens freie Bahn.“
    Die kleine Gruppe wartete an der Tür,
dann traten die Offiziere respektvoll zur Seite, um den Vorgesetzten
vorbeizulassen. Mit seinem Stöckchen leicht sich ans Bein klopfend, ging der
Oberst voraus, und die anderen folgten ihm im Gänsemarsch.
    Diese Abteilung des Hauptquartiers,
Gruppe C-147, hatte ihre Zelte auf den smaragdgrünen Hügeln zwischen dem Dorfe
Goya und dem alten Schlosse Nakagusuku aufgeschlagen. Dort, wo es früher nur
Felder gegeben hatte, auf denen süße Kartoffeln wuchsen, standen jetzt, entlang
einer geraden Straße, pyramidenförmige Zelte, die durch Holzstege miteinander
verbunden waren. Am einen Ende der Straße befand sich die aus Sperrholz gebaute
Offiziersmesse, am anderen das Meßzelt für die einfachen Soldaten. Auf der
linken Seite waren die Fahrbereitschaft und die Verpflegungszelte. Aber das
Wichtigste von C-147 lag oben auf einem Hügel, von wo aus man das wellige Land
weithin überblicken konnte: das Büro dieser Hauptquartiersabteilung.
    Die ursprüngliche Aufgabe der Gruppe
C-147 war die Betreuung eines Flüchtlingslagers von Einheimischen gewesen. Da
sich dergleichen jedoch oft ändert, wurde C-147 mit der Kontrolle eines Teils
der kleinen Insel Okinawa beauftragt, zu der acht Dörfer und insgesamt 50 000
Einwohner gehörten. In den Dienstanweisungen wurden sie als „feindliche
Zivilisten“ bezeichnet, von denen allerlei Unangenehmes zu erwarten sei. Da sie
sich hinter der amerikanischen Front befanden, konnten sie womöglich die
Telefondrähte durchschneiden, Verpflegungslager in die Luft sprengen und den
Lastwagen, die den Munitionsnachschub zu besorgen hatten, den Weg versperren.
All dies hatte C-147 zu verhindern.
    Es muß zugegeben werden, daß die
Dienstanweisungen die Dinge genau beim richtigen Namen nannten. Im Anfang waren
die Telefonleitungen wirklich des öfteren durchgeschnitten worden. Hier und dort
hatte ein Japaner die schwarzen Drähte, die über das offene Feld gespannt
worden waren, nachdenklich betrachtet und sich dabei am Kopfe gekratzt. Das war
Manna vom Himmel! Das war goldrichtig! Und solange Oberst Purdy seinen
einzelnen Dorfkommandanten nicht befohlen hatte, den Leuten zu erklären, was
ein Telefon sei, wurde jeder klapprige Pferdewagen mit amerikanischen
Telefondrähten stabiler gemacht. Auch Lastwagen, die zur Front — oder
sonstwohin — fuhren, wurden unterwegs aufgehalten. Doch gelang es mit ein paar
am Straßenrand niedergelegten Kaugummipäckchen oder Schokoladentafeln, den Weg
wieder frei zu machen. Und das immer so lange, bis lächelnde, schlitzäugige
Kinder die Süßigkeiten verzehrt hatten.
    Aber leider war auch ein Fall von Sabotage
vorgekommen. Und zwar im Hauptquartier selbst! Nachdem Oberst Purdy III alles
Karten- und Würfelspiel verboten und die Karten und Würfel beschlagnahmt hatte,
erfand der Soldat Gregovich ein neues Spiel: man mußte sich in der Nacht auf
eine Erderhöhung stellen, eine Handvoll Muscheln auf das Offizierszelt werfen
und dabei laut „Fliegeralarm!“ schreien. Wer dann richtig voraussagte, welcher
von den Offizieren zuerst im Luftschutzgraben sein würde, der hatte gewonnen.
    Durch sorgfältige Beobachtungen hatte
Gregovich herausbekommen, daß vor Mitternacht Major Thompson immer das Rennen
machte. Nach Mitternacht hingegen wollten seine alten Beine nicht mehr so
recht. Aber er wurde dann immerhin noch zweiter oder dritter. Gregovich hatte
sich allmählich ein ganz hübsches Sümmchen an dem Major
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