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Die Gefangenen des Korallenriffs

Die Gefangenen des Korallenriffs

Titel: Die Gefangenen des Korallenriffs
Autoren: Jurij Kusnezow
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ihn bereits eine Ewigkeit nicht mehr gesehen hast. Notfalls drückst du kräftig auf die Tränendrüse, klar?«
    Als kurz darauf ein respekteinflößender Dickwanst in Uniform und mit grimmiger Miene an Bord kletterte, rechts und links unauffällig gestützt von zwei Untergebenen, stand für Kau-Ruck außer Frage, daß sich seine schlimmsten Befürchtungen bestätigten.
    »Die Schiffspapiere!« sagte der Mann barsch zu Kau-Ruck, in dem er zweifelsfrei den Kapitän erkannte.
    Zunächst vertieften sich die beiden Begleitposten in das Studium der Dokumente, die Kau-Ruck wohlweislich bereitgelegt hatte. Als sie fertig waren, reichten sie die Papiere an ihren Chef weiter.
    Die undurchdringlichen Mienen der Polizisten ließen keinerlei Rückschlüsse zu, ob sie die Dokumente anerkennen würden. Lediglich ein kurzer Blick, den der Hafenchef Chris zuwarf, deutete darauf hin, daß ihm der Name Charlie Black nicht unbekannt war. Und tatsächlich sagte er auch:
    »Ich kenne den alten Seewolf Charlie schon seit zwanzig Jahren. Der steht, auch wenn er nur ein Bein hat, den Jungen in nichts nach. Allerdings hab ich ihn schon ewig nicht mehr zu Gesicht gekriegt. Es heißt, er ist auf ein Korallenriff gelaufen und geht nun auf dem Meeresgrund spazieren?«
    »Aber nein, ganz und gar nicht!« beeilte sich Chris zu versichern. »Wir haben erfahren, daß er sich retten konnte und vor der mexikanischen Küste auf uns wartet.«
    »Das freut mich für ihn«, erwiderte der Oberzöllner wohlwollend. Und auf einmal scharf: »Aber was sind das da für Vögel?« Er nickte zu den beiden von der Rameria hin, hielt es offenbar für unter seiner Würde, sich an die dunkelhäutigen Männer direkt zu wenden, in denen er Mestizen oder Mexikaner vermuten mochte.
    »Mein Großvater John Smith, Mitbesitzer der Jacht, hat sie beauftragt, mich und den Katamaran zu Charlie Black zu bringen«, erklärte der Junge.
    »Möcht bloß mal wissen, wo der alte Charlie dieses prächtige kleine Schiff aufgetrieben hat«, murmelte der Hafenchef scheinheilig. »Von dieser Jacht werden ja ganz erstaunliche Dinge berichtet. Sie soll sogar fliegen können.«
    »Das ist wahr«, bestätigte Chris munter. »Es ist eine Sonderanfertigung, und mein Großvater hat sie für viel Geld bauen lassen. Allerdings weiß ich nicht, wo und von wem.«
    »Dafür weiß ich«, diesmal wandte sich der Polizeichef an die gesamte Besatzung, »daß ich euch wegen Verstoßes gegen die Seefahrtsregeln festsetzen und bestrafen könnte! Überhöhte Geschwindigkeit, Mißachtung der Vorfahrt, zum Kentern gebrachte Ruderboote, unerlaubtes Entfernen vom Unfallort, ohne den Verunglückten Hilfe zu leisten, was bekanntlich Fahrerflucht genannt wird, und noch einiges mehr. Aber da offiziell noch keine Anzeige erstattet wurde und sich all diese Dinge in anderen Bundesstaaten zutrugen, in Kansas, Arkansas und Louisiana, will ich dem alten Charlie zuliebe ein Auge zudrücken und euch passieren lassen… So, und nun eure Pässe«, er streckte fordernd die Hand aus.
    Chris zuckte zusammen. Genau das war der schwache Punkt. Woher sollten Kau-Ruck und Sor, die ja nicht von der Erde stammten und unerkannt hier weilten, gültige Pässe haben?
    Sor sah Kau-Ruck fragend an, zum Äußersten bereit, sobald das Kommando von ihm käme. Aber auch der Pilot, nur nach außen hin die Ruhe in Person, war gespannt wie eine Feder.
    »Ich nahm an, die Schiffspapiere würden ausreichen«, sagte er, »deshalb habe ich unsere Pässe nicht zur Hand. Aber ich bringe sie Ihnen sofort, einen Moment bitte.«
    Gelassen und mit wiegendem Schritt begab er sich zur Kajüte. Ein paar Minuten vergingen, Sor und Chris erschienen sie endlos. Was mochte der Pilot vorhaben, wie würde er sich aus der Affäre ziehn?
    Der Chef der Hafenpolizei und seine Untergebenen dagegen zeigten keinerlei Unruhe, sie beäugten mit sichtlichem Interesse den Katamaran. Endlich war Kau-Ruck wieder da, und diesmal schien er wie ausgewechselt. Er ging nicht mehr lässig, sondern elastisch und gestrafft, war nun ganz Kapitän und Respektsperson. Sein Blick aber ruhte so eindringlich und unverwandt auf den Gesichtern der Polizeibeamten, daß auch sie ihn plötzlich wie gebannt anschauten. Außerdem hielt er jetzt tatsächlich zwei Pässe in der Hand, in Leder gebunden und mit aufgedruckten Goldbuchstaben. Er trat dicht an den Polizeichef heran und reichte ihm schweigend die Papiere. Der Dicke nahm sie eher zögernd entgegen, begann vorsichtig darin zu
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