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Die gefährliche Zeugin verschwindet

Die gefährliche Zeugin verschwindet

Titel: Die gefährliche Zeugin verschwindet
Autoren: Stefan Wolf
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nicht, dass er gleich was unternimmt. Aber die Verantwortung für Irmas
Schicksal können wir allein nicht tragen.“
    Tim nickte. „Wahrscheinlich
hast du Recht, Pfote. Doch das ist der zweite Schritt. Erst mal reden wir mit
Becker.“
    „Der Mann hat Nerven“, meinte
Klößchen. „Heute Abend soll er mit den Gangstern verhandeln. Aber jetzt geht er
auf Pirsch.“
    „Vielleicht entspannt ihn das“,
sagte Karl. „Oder er ist total kaltschnäuzig und Irmas Schicksal ihm wurscht.“
    „Nach allem, was ich über ihn
gehört habe“, erklärte Tim, „ist er als Mitmensch eher ‘ne Niete. Und der
andere, der Henrich, nicht besser. Mal sehen, wie wir miteinander auskommen.
Auf geht’s!“
    Der Morgen war sonnig, aber
kühl — Hitze erst für den späten Vormittag angesagt.
    Alle kannten die Strecke zum
Buchenforst. Die Landstraße führt anfangs durch Felder und Weiden, später durch
hügeliges Land. Der Waldrand rückte näher. Oskar lief angeleint neben Gabys
Rad. Als Cockerspaniel ist er ausdauernd wie ein Marathon-Sieger. Trotzdem —
für den Fall, dass der Vierbeiner müde wurde, hatte Gaby einen Hundekorb
anstelle des Gepäckträgers auf dem Rad — ein bequemes Transportmittel.
    Kaum Verkehr auf der
Landstraße. Sie kamen zügig voran. Nach einer Dreiviertelstunde erreichten sie
das Waldgebiet und bald schon den Buchenforst. Er heißt so, weil hier früher
nur Buchen standen. Inzwischen überwiegen die Nadelbäume.
    Tim fiel auf, dass die
Waldstraße mehrere Abzweigungen hat. Einige führen zum Gniprasch-Acker. Man
sieht noch, dachte der TKKG-Häuptling, dass hier Panzer gerollt sind.
Truppenübungsgelände in freier Natur. Irrsinn! Was so ein Panzer platt macht —
dafür braucht die Natur Jahre zur Reparatur.
    „Nach meiner Berechnung“,
meinte Tim, „sind wir in zehn Minuten am Jagdhaus.“
    Gaby stoppte und stieg vom Rad.
Tim wurde das freie Ende der Hundeleine ausgehändigt.
    „Übernimm ihn mal, ja? Wenn ihr
langsam fahrt, hole ich euch ein. Ich habe vorhin ein bisschen zu viel Tee
getrunken.“
    „Vorsicht vor Mücken!“, warnte
Tim. „Und vor allem vor Zecken.“
    „Hauptsache, es sind keine
Wanderer in der Nähe.“
    Während Gaby ihr Rad in eine
Abzweigung zum Gniprasch-Acker schob, radelten die Jungs weiter. Und nur Oskar
blickte zweimal zurück.
    Die Straße beschrieb jetzt eine
sanfte Kurve. Das entzog Gaby vollends den Blicken. Etwas später vermeinte Tim
ein Auto zu hören. Aber das war so weit hinter ihnen, dass er dem keine
Bedeutung zumaß.
    Ein schwerer Fehler — denn es
war der Wagen der Pistoleros.
     
    *
     
    Als Becker beim Jagdhaus
eintraf, stand Henrichs Landrover auf dem Vorplatz. Henrich kam in diesem
Moment aus dem Eingang, wutrot das Gesicht. Er schwitzte. Er war nicht nur groß,
sondern auch fleischbehangen, hatte Fettpolster an den falschen Stellen. Mit
einem rot karierten Taschentuch wischte er sich über den Stiernacken.
    „Einbruch! Bei uns wurde
eingebrochen.“
    „Was?“ Becker stieg aus seinem
Jeep.
    „Irgendein verdammter Penner
hat die Hintertür geknackt. Hat alles durchwühlt.“
    „Himmel! Unsere Waffen.“
    „Die hat er nicht angerührt.
Ein Wilddieb war’s also nicht. Wenn ich den erwische. Am besten gleich umlegen.
Aber die erwischt man ja nie.“
    Zusammen begutachteten sie den
Schaden.
    „Vielleicht war das unser
Anrufer“, meinte Becker. „Der Psycho.“
    „Unsinn! Glaubst du, dass der
Fressvorräte klaut? Der hätte die Bude angezündet. Nee, Norbert. Das war
Gesindel. Einer. Vielleicht mehrere.“
    „Der Versicherung müssen wir’s
melden. Auch der Polizei.“
    „Meinetwegen.“ Henrich schloss
den Gewehrschrank auf. „Wie dem auch sei — ich lass mir den Tag nicht
verderben.“
    Becker nickte.
    „Kommt deine Anna noch oder...
Ach so! Sie mag das ja nicht. Wenn’s nach ihr geht, muss Schlachtvieh an
Altersschwäche sterben, nicht wahr?“
    „Ist ihr Recht so zu denken.
Also, lass meine Freundin in Ruhe.“
    „Schon gut.“
    Für Becker war klar, dass er
seinen Kompagnon in die Lösegeldaffäre nicht einweihen würde. Das ging den
nichts an. Im Übrigen war die Atmosphäre mal wieder gespannt. Wie in letzter
Zeit so oft.
    Henrich schulterte seinen
Stutzen. Becker nahm seine Repetierbüchse. Die Wagen wurden abgeschlossen. Und
los! Richtung Eichenhöhe, wo zahlreiche Wildwechsel verlaufen.
    Henrich schritt voran, ein
guter Geher trotz seiner Statur. Dass er nach Schweiß roch wie eine ungelüftete
Sauna, war ein anderes Thema.
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