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Die gefährliche Zeugin verschwindet

Die gefährliche Zeugin verschwindet

Titel: Die gefährliche Zeugin verschwindet
Autoren: Stefan Wolf
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Becker blieb ein Dutzend Schritte hinter ihm. Als
Henrich dann redete, war er viel zu laut für die Stille des Waldes — und vor
allem für das, was sie vorhatten: Wild aufspüren, indem man sich leise nähert.
    „Weißt du, Norbert, mir ist was
Spaßiges durch den Kopf gegangen.“
    „Nicht so laut! Deine Stimme
vertreibt ja ‘nen Grizzlybär.“
    Aber Henrich sprach weiter,
ohne die Stimme zu dämpfen. „Inzwischen glaube ich nämlich auch, Norbert, dass
uns dieser unbekannte Anrufer an den Kragen will.“
    „Tatsächlich?“
    „Ein Verrückter. Stell dir vor,
der lauert hier irgendwo.“
    „Auf uns?“
    „Auf uns. Und er hat sich eine
unserer Waffen geholt, während wir unterwegs sind. Ins Jagdhaus kommt er ja
jetzt rein ohne Probleme.“
    Becker blinzelte nervös. „Ja
und?“
    „Einen von uns erwischt es.
Dich, zum Beispiel. Halali! Becker tot. Ich höre zwar den Schuss, bin aber weit
weg und denke mir nichts. Später finde ich deine Leiche. Doch der Mörder ist
schon verschwunden — und wird nie ermittelt.“
    „Hm. Warum erzählst du den
Blödsinn?“
    „Weil unsere Firma mir dann
ganz allein gehören würde.“
    „Oder mir.“ Becker sprach
heiser. „Könnte ja auch sein, dass er dich erlegt.“
    Auch Becker schwitzte jetzt. Er
hatte seine Büchse von der Schulter genommen und hielt sie in den Händen. Wobei
ihm bewusst wurde, wie nutzlos die Waffe war. Eine Bombe, eine Todesfälle — wie
Henrichs Gewehr.
    In diesem Moment drehte Henrich
sich um. Mit einer blitzartigen Bewegung brachte er seinen Stutzen in Anschlag.
Die Mündung zielte auf Becker. Die Sicherung klickte.
    Aber auch Becker hatte angelegt
und visierte seinen Geschäftspartner an über Kimme und Korn. Diese Verteidigungshaltung
war ein Reflex.

    Verdammt!, dachte Becker im
selben Moment. Besser, ich hätte mich überraschen lassen. Und er drückt ab.
Dann ist er hin — und ich konnte zusehen. Jetzt riskiert er, dass ich
gleichzeitig schieße. Was ich aber nicht tun werde, du Mistkerl. Stirb allein!
    Dann durchfuhr es ihn eiskalt.
Denn Henrich, die Waffe im Anschlag, bewegte sich auf ihn zu — war jetzt nur
noch fünf Schritte entfernt und Becker damit im Streubereich der Gewehrbombe.
    Henrich starrte auf Beckers
Finger am Abzug. Der stiernackige Typ würde schießen, wenn sich dieser Finger
auch nur einen Millimeter bewegte. Langsam wich Becker zurück.

21. Gaby
rennt um ihr Leben
     
    Nach fünf Minuten wurde Tim
unruhig. Er hatte sich mehrfach umgeblickt. Hier verlief die Forststraße
schnurgerade. Die Sicht reichte etwa 400 Meter zurück. Dicht stehende Bäume zu
beiden Seiten der Fahrbahn — und von Gaby keine Spur.
    Tim hielt an und stellte einen
Fuß auf den Boden. Oskar, dem schon etwas die Zunge aus dem Maul hing, setzte
sich auf die Hinterkeulen. Auch Karl und Klößchen hielten ihre Drahtesel an.
    „Warten wir auf Gaby?“,
erkundigte sich Tims dicker Freund. „Sie hat doch gesagt, sie würde uns
einholen.“
    „Sie müsste längst zu sehen
sein. Eine Minute noch — dann fahre ich zurück. In dieser Gegend weiß man ja
nicht, ob irgendwo Erdspalten sind — ehemalige Schützengräben vom
Truppengelände. Oder Krater, von Granaten gebohrt. Da kann jeder leicht
reinfallen.“
    „Hm“, meinte Karl. „Ich glaube
nicht, dass Gaby irgendwo reinfällt, nur weil sie mal austreten muss.“
    „Stimmt!“, nickte Tim und gab
Karl die Leine. „Wartet hier. Ich sehe nach.“
    Er preschte zurück auf seinem
Mountainbike und stellte fest, dass es mehr als ein Kilometer war — bis zu der
Seitenstraße, in die Gaby abgebogen war.
    Auch hinter der Kurve hoffte er
noch, sie würde ihm entgegenkommen. Aber die Straße war leer. Und still. Nur
Vogelstimmen im Wald und das Gesumm der Insekten.
    Tim bog in die Seitenstraße.
    Leer.
    Nach etwa 300 Metern machte
auch sie eine Kurve. Aber so weit hatte Gaby ihre Tretmühle bestimmt nicht
geschoben. Dazu bestand kein Grund.
    Tim fuhr langsam und spähte
nach beiden Seiten. Seine Nackenhaare knisterten vor innerer Spannung — und
Sorge. Denn wohin er auch blickte — weder seine Freundin noch ihre Tretmühle
waren zu sehen.
    Das gibt’s doch nicht!, dachte
er und hielt an der Einmündung eines kaum schulterbreiten Pfades.
    Ein schmaler Einschnitt war’s
zwischen dichten Büschen, vielleicht ein Wildwechsel, jedenfalls nur wenig
begangen. Doch jetzt war kniehohes Gras niedergetreten und vorn, am
Straßenrand, hatte etwas Großflächiges die Gräser zu Boden gedrückt.
    Gabys Bike?
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