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Die gefährliche Zeugin verschwindet

Die gefährliche Zeugin verschwindet

Titel: Die gefährliche Zeugin verschwindet
Autoren: Stefan Wolf
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Hat das hier
gelegen? Tim überlegte. Wenn ja — wo war es jetzt?
    Er horchte. Dann entdeckte er
den Wollfaden.
    Gaby trug heute eins ihrer
hellblauen T-Shirts und darüber, lässig um die Schultern geworfen mit vorm Hals
verschlungenen Ärmeln, einen leichten Sommerpullover gegen die Kühle des
Morgens.
    Einen weißen Pullover.
    Und dort an einer dornigen
Ranke im Pfad hing ein langer, weißer Wollfaden — offensichtlich herausgerissen
im eiligen Durchrennen.
    Ja, Gaby war zweifellos
gerannt. Sonst wäre ihr das nicht passiert. Tim weiß, wie sorgsam sie mit ihren
Sachen umgeht.
    Tims Bike fiel ins Gras und der
TKKG-Häuptling stürzte sich in den schmalen, grünen, von Halbdunkel erfüllten
Pfad.
    Irgendwas war passiert.
     
    *
     
    Die völlig irre Regie, die das
Schicksal an diesem Morgen führte, hatte vor wenigen Minuten einen Höhepunkt veranlasst.
Nämlich in dem Augenblick als Gaby — von dem was so dringend gewesen war —
zurückkam.
    Ihr Bike lag am Straßenrand —
dort, wo Tim später die Stelle ausmachen würde. Noch während sich Gaby durch
die Büsche wand, hörte sie den Wagen. Er kam langsam von der Forststraße her.
    Waldarbeiter, dachte Tims
Freundin. Oder der Förster. Vielleicht auch Becker und Henrich. Jedenfalls gut,
dass ich ein Stück ins Grüne hinein bin.
    Sie trat aus dem Pfad hervor.
    In diesem Moment rollte der
Wagen heran, ein dunkler VW — das Modell für sportliche Aufsteiger.
    Gaby hatte einen anderen Wagen
erwartet, einen Jeep oder so, war aber deshalb nicht verblüfft. Sie blieb
stehen. Den oder die Insassen konnte sie nicht erkennen, denn die Strahlen der
Morgensonne leuchteten die Seitenstraße aus und spiegelten sich in der
Windschutzscheibe.
    Der Wagen hielt — keine fünf
Schritt von Tims Freundin entfernt. Die Fahrertür — ihr zugewandt — wurde
aufgestoßen. Ein Mann sprang heraus.
    Gabys Herzschlag setzte aus.
Sie erkannte den Kerl sofort — den Messertyp, den Kantigen in der Lederjacke —
, der vermutlich einer der Pistoleros war.
    Sein Grinsen erinnerte an einen
ekligen Vampir, den der Blutrausch packt.
    „Hajo, sie ist es!“, brüllte
er. „Ich glaub’s nicht! Die Kirsche wird mir ja regelrecht auf dem Teller
serviert.“
    Für einen Moment waren Gabys
Beine wie gelähmt. Dann warf sie sich herum und fegte los — zurück in den Pfad.
    Hinter ihr ein Fluch und
brechende Zweige. Er folgte ihr, der Mörder — den nur sie identifizieren
konnte.
    Zweige griffen nach ihr,
schienen sie festzuhalten. Dieser enge Pfad! Wohin führte er?
    „Hiiiilfe!“ Gaby schrie.
„Tiiiim!“ Aber die Hast nahm ihr den Atem. Es klang kläglich. Und die dichten
Büsche verschluckten den Hilferuf.

    Niemand hört mich, dachte sie.
Und wenn sie mich vermissen und zurückkommen, ist es zu spät. Dieser Kerl
bringt mich um. Ich bin zu gefährlich für ihn. Jetzt brauchte ich
Personenschutz. Ich muss mich verstecken. Aber wo?
    Sie hetzte weiter und hörte ihn
hinter sich. Immerhin hatte sie etwas Vorsprung gewonnen.
    Eine Wurzel über dem Boden.
Gaby stürzte. Sie schrie auf, aber nur leise. Bäuchlings landete sie auf
moosigem Boden. Linker Hand begrenzten stockwerkhohe Büsche den Pfad, bildeten
eine grüne Wand Aber unter die Büsche konnte sie blicken. Die tiefsten Zweige
begannen etwa 30 Zentimeter über dem Boden — genug Spielraum für ein schlankes
Mädchen wie Gaby.
    Flink und gewandt wie eine
Schlange kroch sie hinunter, kroch weiter, verhielt und wagte kaum zu atmen.
Ihr Herz hämmerte.
    Auf dem Pfad, drei oder vier
Meter hinter ihr, rannte der Verfolger vorbei.
     
    *
     
    Verdammt!, dachte Hajo, der
Stahlfeder-Typ. Wir haben es brandeilig, damit sich die Heinze nicht vergiftet
— und er rennt dem Mädchen nach. Na ja, warten wird sie nicht. Also muss es
sein. Heute kommt aber auch alles zusammen. Jedenfalls kann ich hier nicht den
Dauerparker machen. Soll Bert sie doch einfangen und nachkommen.
    Hajo Kerber stieg aus. Als
Pistolero war er daran gewöhnt, keine Spuren zu hinterlassen. Also nahm er
Gabys Rad aus dem Gras und legte es in den Kofferraum. Der ließ sich nun nicht
mehr schließen, aber das war auch nicht nötig auf der kurzen Strecke zum Ziel.
    Er stieg ein und fuhr weiter.
Noch fünf Minuten bis zum Gniprasch-Acker. Das hatte Vorrang.

22. Finale
am Bunker
     
    Der Verfolger kam zurück. Gaby
hörte ihn. Ihr Puls hatte sich kein bisschen beruhigt.
    Er hat’s gemerkt, dachte sie.
Dass ich mich verstecke. Weil alles still ist. Oder weil der Pfad nicht
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