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Die Frauen von Savannah

Die Frauen von Savannah

Titel: Die Frauen von Savannah
Autoren: Beth Hoffman
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Tante Tootie, Mrs Odell, Oletta und ich – und frühstückten zusammen wie eine richtige Familie, meine richtige Familie.
    Als die Uhr auf zwanzig vor acht vorrückte, nahm ich mein Heft und ging zur Tür. Ich warf einen allerletzten Blick in den Spiegel, und Tante Tootie, Oletta und Mrs Odell kamen durch die Halle und waren ganz aufgeregt und rangen die Hände. Eine nach der anderen wünschten sie mir Glück: Tante Tootie mit einem Kuss, Mrs Odell mit einer Umarmung. Und Oletta sah mich sehr ernst an, legte mir die Hand auf die Schulter und blinzelte mir verschwörerisch zu.
    Ich lächelte, verabschiedete mich und war erleichtert, dass sie mich allein gehen ließen und nicht auf der Vordertreppe standen und mir hinterhersahen.
    Mir pulsierte vor Aufregung das Blut in den Adern, als ich die Tür hinter mir zuzog. Passierte das alles wirklich? Würde ich, CeeCee Honeycutt, mit einer neuen Freundin in eine neue Schule gehen?
    Ich holte tief Luft, drehte mich um und sah Richtung Bürgersteig. Mir rutschte das Herz in die Hose, und mein Lächeln schwand. Meine schlimmste Angst war wahr geworden: Dixie McAllister war nicht da.
    Ruhig bleiben. Sie kommt jeden Moment.
    Ich stellte mich auf die Zehenspitzen und sah den Gehweg auf und ab. Ein paar Männer in Anzügen hasteten vorbei, lederne Aktentaschen an der Seite, und am Forsyth Park überquerte eine muntere alte Dame mit ihrem Hund die Straße, aber von Dixie war nichts zu sehen. Dann hörte ich hinter der Ecke Gelächter und mein Herz machte einen kleinen Hüpfer.
    Da kommt sie. Sie kommt.
    Aber es waren nur zwei Mädchen, die auf Fahrrädern vorbeisausten.
    Ich suchte den Gehweg ab und murmelte ein Mantra. Bitte, bitte, bitte. Oh Gott, mach, dass sie kommt.
    Wenn ich nicht bald losging, würde ich womöglich zu spät kommen, also trat ich langsam die Stufen hinunter und öffnete das schmiedeeiserne Gartentor. Als ich mich umdrehte, um es zuzumachen, sah ich Mrs Odell, Oletta und Tante Tootie durch die Fransen der Wohnzimmergardinen gucken. Mir wurde heiß. Sie wussten, dass Dixie ihr Versprechen nicht gehalten hatte. Ich tat, als würde ich sie nicht bemerken, und gab mir Mühe, glücklich auszusehen, als wäre es mir egal, dass Dixie nicht da war.
    Nachdem ich den Riegel wieder eingehängt hatte, wandte ich mich um und trat auf den Gehweg. Und genau da, auf einer kleinen Steinmauer, teilweise verdeckt vom Blattwerk in Tante Tooties Vorgarten, saß Dixie. Sie las, die Ellbogen auf die Knie gestützt, ein Buch.
    Als sie aufschaute und mich sah, wirkte sie total erleichtert. »Hi, CeeCee. Bin ich froh, dich zu sehen! Ich hatte schon Angst, du wärst ohne mich zur Schule gegangen.«
    Ich wäre am liebsten auf die Knie gefallen vor lauter Dankbarkeit, sie zu sehen – meine neue Freundin, die eine nagelneue Uniform trug, genau wie ich, und die so breit lächelte wie der Tag.
    »Machst du Witze?«, fragte ich. »Ich konnte es gar nicht erwarten, dich wiederzusehen.«
    Dixie stand auf, steckte ihr Buch ein und hakte sich überraschenderweise bei mir unter. »Ich war so aufgeregt, dass ich schon ganz früh losgegangen bin. Ich hab schon seit halb acht hier gesessen. CeeCee, hast du Mord im Orientexpress gelesen? Das ist so spannend, ich kann es gar nicht weglegen.«
    »Ja.« Ich nickte heftig.
    Sie plauderte darüber, wie toll sie unsere neuen Uniformen fand und dass sie schon ganz gespannt war, was auf unserer Leseliste stehen würde. Als wir die Straße überquerten – Dixie rannte fast, als würden ihre Füße versuchen, mit ihren Worten Schritt zu halten, und ich war ganz benebelt, weil ich so irrsinnig froh war –, schaute ich über die Schulter zurück. Und da waren sie alle, Tante Tootie, Mrs Odell und Oletta, immer noch am Wohnzimmerfenster. Ihr Anblick brach mir fast das Herz.
    Die Sonne strahlte am blauen Himmel von Savannah, und der Tag lag vor mir wie ein herrliches, aber mit Schmerzen verpacktes Geschenk. Momma hatte die Welt verlassen und sich befreit, und damit hatte sie auch mich befreit. Und sosehr ich sie auch vermisste und mir wünschte, ihr Lachen noch einmal zu hören, sosehr glaubte ich, dass sie da draußen in dem großen, hellen Irgendwo war und mich beobachtete und sich für mich freute. Und mich liebte.

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Danksagung
    Eine Reihe außergewöhnlicher Menschen hat ihre Fingerabdrücke in diesem Buch hinterlassen, und ich bin ihnen allen zu Dank verpflichtet.
    Herzlichen Dank an die extraordinäre Literaturagentin Catherine Drayton von Inkwell
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