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Die Frauen von Savannah

Die Frauen von Savannah

Titel: Die Frauen von Savannah
Autoren: Beth Hoffman
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Sprache. Ich verstand nicht, wie jemand so viele Teller und Tabletts besitzen konnte. Ich verstand auch nicht, wieso Oletta nicht da war. Die Küche war ihr Reich, und es kam mir komisch vor, dass sie nicht die Aufsicht hatte.
    Als Tante Tootie ihr Gespräch mit der Floristin beendet und die Fliegentür geschlossen hatte, fragte ich sie. »Wo ist Oletta?«
    »Sie kommt noch, und wie ich Oletta kenne, wird sie bestimmt versuchen, die Küche zu übernehmen. Aber sie kommt nicht zum Arbeiten, sondern als Gast – eigentlich ist sie viel mehr als nur Gast, sie kommt als Mitglied deiner neuen Familie. Ist das nicht wunderbar? Sie müsste jeden Moment hier sein.« Tante Tootie ließ ihre Hand über mein Haar gleiten. »Deine Haare sind ja noch ganz nass. Geh doch raus und setz dich einen Moment in die Sonne.«
    Ich beschloss, mich am besten von dem ganzen Rummel im hinteren Garten fernzuhalten, und ging den Flur entlang zur Eingangstür. Als ich auf den Stufen saß und mir das Haar aufschüttelte, hörte ich an der Ecke den Bus anhalten. Eine Frau mit dem irrwitzigsten Hut, den ich je gesehen hatte, stieg aus. Er war aus Stroh, hatte eine extrabreite Krempe und war mit roten, lila und irisierenden grünen Federn geschmückt.
    Sie kam den Gehweg entlang, und als sie Tante Tooties Haus erreichte, schaute sie auf und sah mich. »Was machst du denn hier draußen, Kind?«
    Nicht zu fassen. Ich rannte die Treppe hinunter und riss das Gartentor auf. Verschwunden waren Olettas graues Kleid, Kopftuch und praktische Schuhe. Stattdessen trug sie ein leuchtend orangefarbenes Kleid mit zwei Reihen Rüschen am Saum. An den Füßen hatte sie flache orange Schuhe, aus denen knallrot lackierte Zehennägel herausguckten. Sie hatte sogar Lippenstift aufgelegt. Und ihr Hut? Was sollte ich sagen?
    Ehrfürchtig sah ich zu ihr auf. »Oletta! Ich hab dich gar nicht erkannt. Du bist wunderschön.«
    »Ich hab mich extra für dich so aufgerüscht. Wie findest du meinen Hut?«, fragte sie und drehte eine kleine Pirouette. »Hab ich selber gemacht.«
    »Wirklich? Er … er ist das Irrste, was ich je gesehen habe.«
    »Finde ich auch«, sagte sie kichernd. »Hab ich auch zwei Wochen für gebraucht, ich musste dauernd mehr Federn kaufen. Und, wie sieht’s in meiner Küche aus?«, fragte sie, als wir die Stufen hinaufgingen.
    »Ganz gut, glaube ich. Wir haben Unmengen zu essen.«
    Oletta marschierte durch die Eingangshalle in die Küche wie die Königin der ganzen Welt. Sie nahm ein paar kleinere Veränderungen auf den Tabletts vor und sprach mit dem Mann vom Partyservice, dann schien sie zufrieden. »Und«, sagte sie und runzelte angesichts meiner zerknitterten Shorts die Stirn. »Du müsstest dich auch mal anziehen. Wo ist dein Kleid?«
    »Im Schrank.«
    »Dann mal los, Miz Gertrude will dir ja bestimmt auch langsam die Haare flechten.«
    Oletta und ich gingen hinauf und fanden Mrs Odell in ihrem Zimmer. Sie stand vor einem Spiegel und setzte den Hut des Gartenklubs auf. Dann drehte sie sich zu uns um, begrüßte uns und lächelte wie ein junges Mädchen, das zum Frühlingstanz geht. Sie trug ein seidiges Blumenkleid in Rosa- und Lavendeltönen und strahlte. »Tootie ist so nett. Sie hat mir für das Fest dieses Kleid geliehen. Sagt mal ehrlich – ist das zu jung für mich? Ich will mich ja nicht zum Gespött machen.«
    »Sie sehen richtig klasse aus«, sagte Oletta mit einem anerkennenden Nicken. »Das Kleid ist Ihnen ja wie auf den Leib geschneidert.«
    »Ich finde Sie auch sehr schön«, zirpte ich.
    Mrs Odell errötete, und ich überlegte, wann ihr wohl zuletzt jemand gesagt hatte, dass sie schön aussieht. Sie warf noch einen schnellen Blick in den Spiegel und drehte sich dann zu mir. »So, soll ich dir dann mal die Haare flechten? Ich wär so weit.«
    Ich setzte mich an den Frisiertisch, und Oletta ließ sich am Fenster nieder und beobachtete uns. Mrs Odells arthritische Finger bewegten sich langsam, und als sie fertig geflochten hatte, sah sie Oletta an. »Ich habe heute so steife Finger. Würden Sie das Gummi reinmachen?«
    Oletta machte mir das Gummi ins Haar und band ein Band zur Schleife. »Es ist schon fast ein Uhr«, sagte sie und klopfte mir auf die Schulter. »Zeit, dich anzuziehen.«
    »Ich gehe mal gucken, ob Tootie noch Hilfe braucht«, sagte Mrs Odell, als wir gingen.
    »Wir kommen gleich runter, Gertrude.«
    Meine Hände wurden feucht, und mein Magen verkrampfte sich, als Oletta und ich die Treppe hinaufgingen. Jetzt war ich
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