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Die Frauen von Clare Valley

Die Frauen von Clare Valley

Titel: Die Frauen von Clare Valley
Autoren: Monica McInerney
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fühlten sich auch miteinander wohl. Morgens blieben sie meist für sich, doch sie aßen mittags oft zusammen, und wenn ihnen danach war, verbrachten sie den Abend gemeinsam vor dem Fernseher oder mit Hörbüchern. Noch häufiger aber hatten sie Gäste.
    Viele, vor allem spontane Gäste. Lola und Margaret wurden immer vorgewarnt, weil Margarets Tor ein wenig quietschte. Margaret hatte es ölen wollen, doch Lola hatte sie daran gehindert. Sie liebte das Geräusch, die Vorfreude. Wer wohl diesmal kam? »Wenn mir schon kein Bote die Besucher mit einer Fanfare ankündigt, dann lass mir wenigstens das Tor«, hatte sie gesagt.
    Sie hatte sich auch einen Telefonanschluss in ihr Zimmer legen lassen. Lola hatte sehr viel Zeit am Telefon verbracht. Alex hatte fast jeden Abend angerufen. Manchmal, um Hallo zu sagen. Manchmal, um ihr etwas zu erzählen. Und manchmal hatte sie ihn angerufen.
    Sie hatten sehr früh alles zwischen sich bereinigt. Alex hatte noch mehr entschuldigt und erklärt. Lola noch mehr akzeptiert. Sie hätte auch mit Wut reagieren, bohren können. »Warum bist du nicht zu mir zurückgekommen?« Doch dafür waren sie zu alt. Sie hatten, unabhängig voneinander, ein gutes Leben gehabt. Ein gutes, erfülltes Leben. Was konnten sie denn mehr verlangen?
    Bei einem Anruf hatte Lola ihn gebeten, ihr seine sämtlichen körperlichen Beschwerden aufzulisten. »Danach möchte ich niemals wieder davon hören, aber dieses eine Mal kannst du dich so ausführlich ergehen, wie du magst.«
    Und das hatte er getan. Er hatte Probleme mit der Hüfte, nahm drei unterschiedliche Tabletten, hatte einige Male die Diagnose Hautkrebs fürchten müssen, und sein Gehör war auch nicht mehr das Beste. Lola hatte ihn aufrichtig bedauert und ihm dann liebevoll, aber entschieden gesagt, dass sie von nun an keine Zeit mehr an medizinische Themen verschwenden wolle. »Aus diesem Grund, Alex, hat Gott die Ärzte erfunden. Damit Freundschaften wie unsere lebendig bleiben.«
    Manchmal hatte er ihr etwas vorgelesen und sie ihm. Im Moment war Lola bei der Hälfte eines Thrillers von Robert Ludlum. Alex hatte ihr das Buch zu ihrem fünfundachtzigsten Geburtstag im Februar geschickt. Zuvor hatte sie mit Begeisterung einem Krimi von Agatha Christie gelauscht.
    Sie hatte ihm alles über ihre Familie erzählt. Über Annas Tod. Das Verhältnis von Bett und Carrie. Lolas Verhältnis oder vielmehr nicht existentes Verhältnis zu Geraldine. Umgekehrt wusste sie alles über seine Familie. Dass Rosie zu viel arbeitete. Lucia Probleme in ihrer Ehe hatte. Sie hatten viel über ihre Freunde gesprochen. Alex erkundigte sich nach Margaret, Kay, Patricia und Joan. Lola fragte ihn nach den wöchentlichen Treffen der Italienisch-Australischen Gesellschaft. Ihre Gespräche hatten nie sehr lange gedauert, manchmal gerade fünf Minuten, manchmal weniger. »Lola, ich bin’s. Ich mache gerade ein Kreuzworträtsel. Kennst du einen Schreitvogel mit sechs Buchstaben?« – »Alex, ich bin’s. Wie hieß noch mal die Oper, von der du mir erzählt hast?«
    Zu einem Wiedersehen war es noch nicht gekommen. Sie hatten keine Eile. Warum sollten sie sich mit Autofahrten, mit der Rumsitzerei in Terminals und Flugzeugen quälen, nur um sich zu sehen und miteinander zu reden? Sie wussten, wie sie aussahen. Doch, ja, sie hätten sich wahrscheinlich schon gern an den Händen gehalten, sich vielleicht sogar geküsst, doch darüber hinaus? Im Ernst, in ihrem Alter?
    »Reden ist der neue Sex«, hatte Lola zu Bett gesagt. Bett hatte ziemlich schockiert ausgesehen.
    »Hier ist so viel Platz«, hatte Margaret eine Woche nach Lolas Einzug gesagt. »Wenn du möchtest, dass er dich besucht – wir haben doch ein Gästezimmer.«
    »Das bräuchten wir gar nicht. Er würde selbstverständlich bei mir schlafen.«
    Margaret hatte ebenfalls ein wenig schockiert gewirkt. Also wirklich, die Jugend von heute!
    Lola hatte Alex auch begeistert von der Babytruppe erzählt. Nicht, dass Lola dort noch am Ruder gewesen wäre. Das Team hatte sich eines Nachmittags im Laden getroffen, um zu klären, ob nicht einige der anderen ehrenamtlichen Damen oder womöglich Herren der Truppe beitreten wollten. Da war Mrs Kernaghan hereingerauscht. Sie hatte sich sehr entschieden zu dem Thema geäußert, angeregt, den Namen Babytruppe schützen zu lassen, und gleich eine Reihe von Statuten verfasst. Eine Woche später hatten in der Valley Times ein langer Artikel sowie ein Interview mit Mrs Kernaghan über das Wirken der
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