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Die Frauen von Clare Valley

Die Frauen von Clare Valley

Titel: Die Frauen von Clare Valley
Autoren: Monica McInerney
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Truppe gestanden. Es ginge, so Mrs Kernaghan, vor allem darum, das Wissen der älteren Generation an die jüngere weiterzugeben, das Gemeinschaftsgefühl zu stärken und einen Beitrag zu Gesundheit und Wohlergehen von Generationen von Frauen zu leisten. »Wohltätigkeit ist schön und gut, aber das fängt zu Hause an, und zwar wortwörtlich«, wurde sie zitiert. »Und was wäre wichtiger, als die jungen Mütter und die Kinder in unserer schönen Gemeinde nach allen Kräften zu unterstützen?«
    Bett hatte von alldem nichts gewusst. »Ich vermute, dass sie das Interview selbst geschrieben hat.«
    Bett arbeitete ein Mal pro Woche bei der Zeitung. Sie hatte sich mit ihrer Nachbarin Jane geeinigt. Wenn Bett arbeitete, passte Jane gegen Bezahlung auf die Zwillinge auf. Trotzdem fiel die Babytruppe noch regelmäßig bei Bett ein. Daniel arbeitete wieder Vollzeit. Die Regelung tat beiden gut, fand Lola. Bett war wieder ganz sie selbst, strahlend und zufrieden. Wenn sie von den Zwillingen sprach, dann, um komische Begebenheiten zu erzählen, ohne den einstigen panischen Ausdruck in den Augen. Doch sie klagte unvermindert über Carrie. Carrie wiederum klagte unvermindert über Bett.
    »Warum beschwert ihr euch nicht direkt beieinander?«, hatte Lola einmal gefragt. »Ohne mich als Mittelsmann?«
    Auch Carrie und Matthew ging es gut. Sie führten eine traditionelle Ehe, Carrie war die Hausfrau, Matthew verdiente die Brötchen. Das wäre nichts für Lola gewesen, doch bei den beiden schien das Modell gut zu funktionieren. Seit einem Monat allerdings verkaufte Carrie nebenher Make-up. »Großartige Idee! Nutze deine Stärken«, hatte Lola gesagt, als Carrie bei Margaret – bei Lola und Margaret – erschienen war, um ihnen unverbindlich die Produkte vorzuführen. In Lolas Augen war Carrie viel zu zurückhaltend – wozu Make-up, wenn der Effekt subtil, »nur ein Hauch« war, wie Carrie die Marketingbotschaft zitierte? Lola hatte, als Carrie fort war, erst einmal eine weitere Schicht aufgelegt.
    In den letzten Wochen hatte es sich auch endlich abgekühlt. Nach dem heißen Sommer bot der Herbst ein spektakuläres Bild, ringsum leuchteten die Weinblätter in Rot und Orange. Lola hatte Alex ihre Eindrücke beschrieben. Sie hatten oft über die Orte gesprochen, an denen sie gelebt hatten, Städte, die Alex auf seinen Reisen um die Welt gesehen hatte, die Gegenden in Australien, in denen Lola und Jim ihre Motels betrieben hatten. Stätten, an die sie gern gereist wären. »Wohin wollen wir diese Woche fahren?«, lautete die Frage. Dann entschieden sie sich für eine Stadt, Venedig etwa oder San Francisco. Beim nächsten Telefonat tauschten sie Wissenswertes über ihr Traumziel aus.
    Im vergangenen Monat hatten sie auch darüber gesprochen, sich endlich doch zu sehen. Clare Valley oder Melbourne? Sie hatten sich auf Melbourne geeinigt.
    »Was meinst du, sollen wir nach Brighton fahren?«, hatte er gefragt. »Den Tag noch einmal nacherleben?«
    Alex hatte versprochen, dass seine Tochter Rosie Lola am Flughafen abholen und sie beide fahren würde. Wohin sie wollten. Das hatte Rosie selbst zu Lola gesagt, als sie einmal ans Telefon gegangen war. Lola gefiel, dass Rosie ihren Vater Papa nannte. »Papa hat mich von jeder Reise abgeholt, und er hat mich auch überall hingefahren. Es wäre schön, mich endlich zu revanchieren.«
    Der Flug nach Melbourne dauerte nur eine Stunde. Sie hätte längst fliegen sollen. Sollen. Können. Müssen. Aber nun … Nun war es nicht zu ändern. Sie konnte die Zeit nicht anhalten, zurückdrehen, verlangsamen und die glücklichen Zeiten genießen. Sie musste gehen, wohin das Leben sie führte.
    »Jetzt reicht es aber mit dem Entschuldigen«, hatte sie Alex bei ihrem fünften, oder vielleicht war es auch der sechste, Anruf gesagt. »Wir können doch nichts ändern. Freuen wir uns lieber, dass wir das Glück haben, wieder miteinander zu sprechen.«
    Doch wenn es möglich gewesen wäre, hätte sie natürlich einiges verändert. An erster Stelle Annas Schicksal. Wenn Lola Annas Tod hätte abwenden können, sie hätte es getan. Er war so sinnlos. Eine solche Ungerechtigkeit Anna gegenüber, Ellen gegenüber. Ihnen allen gegenüber.
    Und wenn sie den Schmerz abwenden könnte, den Alex’ Familie nun ertragen musste, hätte sie auch das liebend gern getan.
    Rosie hatte vor zehn Uhr morgens angerufen, vor drei Tagen. Lola hatte am Abend zuvor noch eine Stunde lang mit Alex telefoniert. Sie hatten über Politik
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