Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
Autoren: Rae Carson
Vom Netzwerk:
Condes werden groß, als er mich sieht, aber schnell legt sich wieder ein Mantel der Gelassenheit über seine Züge. Man könnte ihn fast als gut aussehend bezeichnen mit seinen breiten Schultern, dem scharfem Blick und einem schwarzen, kurz geschorenen Bart, der an den Schläfen in Grau übergeht. » Ihr solltet nicht hier sein, Euer Majestät«, sagt er. » Ihr seid hier nicht sicher.«
    » Habt Ihr befohlen, den Palast abzuriegeln?«, frage ich noch ganz außer Atem von dem hastigen Aufstieg.
    » Nein. Der Haushofmeister hat das getan.«
    Ich sehe dem Conde forschend in die Augen und versuche zu erkennen, ob ich Verrat oder Unruhe in ihnen lesen kann, aber er ist so überaus gelassen wie immer.
    » Ich verlange, dass das Tor geöffnet wird«, erkläre ich.
    » Ich weiß nicht, ob das eine gute…«
    » Das dort unten sind unsere Leute. Nicht unsere Feinde.«
    » Sie sind in Panik. Menschen in Panik tun schreckliche Dinge.«
    » Wie zum Beispiel, das Tor vor jenen zu verschließen, die wir eigentlich beschützen sollten?«
    Seine Nasenflügel blähen sich, als er tief die Luft einzieht. Er beugt sich vor, die Augen leicht zusammengekniffen, und es erfordert meine ganze Selbstbeherrschung, nicht vor ihm zurückzuweichen. Gib nicht nach, Elisa. Unter uns ist ein wenig Ruhe eingekehrt. Die Leute haben mich zweifelsohne gesehen, und jetzt warten sie ab, um zu sehen, was ich tun werde.
    Dann endlich richtet sich der Conde wieder auf. » Wie Eure Majestät wünscht.«
    Ich hebe das Kinn, um der Menge den Befehl mitzuteilen. » Die Bürger von Brisadulce sind uns willkommen. Öffnet das Tor!«
    Der Ruf dringt über den ganzen Innenhof. Das Räderwerk knirscht, als das Falltor hochgezogen wird. Die Soldaten treten beiseite, und die Bürger meiner Stadt strömen in den Hof. Aber die anfängliche Unruhe vergeht schnell, und schon bald kommen die Leute in geordneter Eile hinein. Erleichtert lasse ich die Schultern sinken. Bis zu diesem Augenblick war ich mir nur beinahe sicher, die richtige Entscheidung getroffen zu haben.
    Falls die Tatsache, dass sich die Lage nun allmählich beruhigt, auch den Conde auf irgendeine Weise bewegt, so zeigt er es nicht. » Hinsichtlich der heutigen Ereignisse gibt es viel zu besprechen«, sagt er nur.
    » In der Tat«, erkläre ich ebenso gelassen. » Ich werde eine Sondersitzung des Quorums einberufen.«
    Er verbeugt sich tief, wendet sich dann auf dem Absatz um und schreitet an der Mauer entlang von dannen. Auch ich drehe nun ihm sowie der Menge, die sich im Hof versammelt, den Rücken zu; ich blicke über meine Stadt. Ich muss die Weite spüren und saubere Luft atmen.
    Hector steht neben mir. Er hat die Ellenbogen auf die Brüstung gestützt, sodass sich unsere Schultern beinahe berühren, und er sagt: » Dies ist Eure erste große Krise als Herrscherin. Ihr meistert sie gut.«
    » Danke.« Aber ich kralle meine Finger voll böser Vorahnung um die Mauersteine und sehe über die flachen Dächer von Brisadulce. Sie schmiegen sich an den Hang wie eine Treppe aus gebrannten Ziegeln, üppig bepflanzt und berankt. Hinter ihnen erstreckt sich der gebogene Meereshorizont, als hätte jemand mit dem Daumen blaue Farbe unter dem Himmel verschmiert. » Hector, wisst Ihr, wie das ist, wenn Wolken sich am Himmel zusammenziehen und alle Leute zum Hafen hinunterlaufen, um zu sehen, ob das Wasser so hoch steigt, dass es die Straßen überfluten wird? Um zu sehen, ob der Sturm, der da kommt, ein Hurrikan ist?«
    » Ja.«
    » Ich fürchte, das erleben wir gerade. Doch das, was wir sehen, ist lediglich die erste Welle.«

3

    I ch hasse die Quorumssitzungen.
    Es war richtig, eine einzuberufen; wir müssen entschieden auf diesen Vorfall reagieren. Aber der Lord-General und der Lord-Conde sind schon seit Jahrzehnten an der Macht. Ich bin der Emporkömmling– eine siebzehnjährige Königin, die kraft eines königlichen Erlasses regiert, nicht aufgrund der Erbfolge. An guten Tagen sprechen sie über meinen Kopf hinweg und tun so, als sei ich gar nicht da. An einem schlechten komme ich mir vor wie ein lästiger Sandfloh, der jederzeit mit einem schnellen Schlag erledigt werden kann.
    Ich komme als Letzte. Meine Entourage aus Zofen und Leibwächtern bleibt an der Schwelle zurück, denn nur Quorumsmitglieder dürfen den Sitzungsraum betreten. Mara zwingt sich zu einem ermutigenden Lächeln, als ich die großen Doppeltüren zuziehe und dann den Riegel vorschiebe, um uns einzuschließen.
    Der Sitzungsraum ist niedrig
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher