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Wo geht’s denn hier ins Paradies?

Wo geht’s denn hier ins Paradies?

Titel: Wo geht’s denn hier ins Paradies?
Autoren: Nora Darius
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„Ich hab die Nase voll! Bis obenhin!“ Ellen Ammerbach zerriss mit einem energischen Ruck das Blatt mit dem eben erst fertiggestellten Entwurf in vier Teile. „Das ist doch kein kreatives Arbeiten!“
    „Du musst dich eben nach der Decke strecken“, meinte Freundin und Arbeitskollegin Carola Steinberger lakonisch. „Schließlich arbeiten wir bei ‚Mode-Hunold’ und nicht für Vivienne Westwood oder Stella Mc Cartney.“
    „Wäre ich doch nur in London geblieben!“
    „Du wiederholst dich, Schätzchen!“ Das klang eher gelangweilt als bösartig. Während sie sprach, bückte sich die blonde Carola mit dem frechen Pagenkopf nach Ellens Entwurf und legte die vier Teile auf ihren Zeichentisch. „Ist doch ganz o.k. so“, urteilte sie.
    „Ganz o. k.!“ Ellen schüttelte die braunen Haare, die sie heute hochgesteckt trug. Nur an den Seiten fielen ein paar Strähnen auf ihre Schultern und lockerten die Strenge auf. „Das ist mieser Durchschnitt. Viel zu bieder. Langweilig und uninspiriert.“
    „Also genau richtig.“
    „Hab mich gern!“ Das klang allerdings nicht so, als sollte die Aufforderung ernst genommen werden.
    Carola aber lachte nur. „Tu ich doch, mein Schatz! Und deshalb rate ich dir: Zeichne den Entwurf noch einmal neu. Mach hier vielleicht noch ein paar Abnäher, das gibt dem Kostüm ein bisschen Pfiff – und du wirst sehen, die Arnold wird begeistert sein.“
    „Wenn du meinst …“ Der resignierte Seufzer kam aus Ellens tiefster Seele. Dann nahm sie den Entwurf, arbeitete ihn noch ein wenig aus – und war wenigstens halbwegs zufrieden. Die Abnäher und Zierborden verliehen dem Kostüm einen gewissen Pfiff. Jetzt blieb nur zu hoffen, dass Verena Arnold, die Chefdesignerin von ‚Mode Hunold’, nickte allzu viel an Ellens Arbeit kritisieren würde.
    Seit Ellen vor anderthalb Jahren in die Firma Hunold eingetreten war, trugen sie und Frau Arnold einen heimlichen Kleinkrieg aus. Die junge Modezeichnerin wollte mehr Pep in die Kollektion bringen – was die Chefdesignerin zu unterbinden wusste. Erstens war Verena Arnold höchst konservativ eingestellt, zweitens erkannte sie dennoch genau Ellens Talent. Und fürchtete es! Also war ihr Bestreben, die junge Mitarbeiterin möglichst klein zu halten.
    Und so verschwanden nach ihrer Begutachtung die Borden beim Kostümentwurf ebenso wie die kleinen Seitenschlitze an einem Seidenkleid. Die bunten Knöpfe einer hellblauen Bluse wurden durch klassische Perlmuttknöpfe ersetzt … die Liste war lang. Und für Ellen frustrierend.
    „So kann’s nicht weiter gehen“, murmelte sie, als sie abends ihre Sachen zusammenpackte. „Ich kündige.“
    „Du bist verrückt! Doch nicht bei dieser miesen Konjunktur! Sei froh, überhaupt einen Job zu haben.“ Carola, immer vernünftig, rüttelte die Freundin am Arm. „Komm mit ins BLUE NIGHT , da kommst du auf andere Gedanken. Beim dritten Absacker kannst du schon über die Arnold lachen.“
    Im BLUE NIGHT , einer gemütlichen Bar ganz in Hafennähe, trafen sich Ellen und ihre Freunde regelmäßig. Hier verkehrten Künstler und solche, die sich dafür hielten, Journalisten kamen ebenso her wie Bankangestellte. Hin und wieder verirrten sich auch Touristen ins Lokal, was vor allem Jerry, der Besitzer, gern sah, denn die Zechen seiner Stammgäste blieben meist so klein wie ihre Geldbeutel.
    „Dafür ist hier immer beste Stimmung“, lachte Mimi Pouleé, eine quirlige Rothaarige. „Fast so wie am Montmartre.“
    „Da warst du doch vor zehn Jahren das letzte Mal“, meinte Jerry und goss den Freundinnen unaufgefordert deren Lieblingsdrinks ein – Ellen bevorzugte ganz schlichten Gin fizz, die beiden anderen einen Blue Lady, Jerrys Spezialität, die aus Blue Curacao, Ananassaft und einem Spritzer Champagner bestand..
    „Na und? Deshalb atme ich immer noch das Flair dieser Stadt. Und ich lebe es. Wie ihr seht, mit Erfolg.“ Mimi verzog das Gesicht zu einem selbstironischen Lächeln. Sie war in St. Pauli geboren, doch ihre Mutter war Französin. Und so hatte sich Marie Johanns sehr rasch einen Künstlernamen zugelegt. Mimi Poulée, nach der französischen Großmutter – das hatte Klang!
    Der Trick hatte Erfolg. Seit einem Jahr arbeitete Mimi als Kostümbildnerin beim Fernsehen. An den Job bei Hunold dachte sie nur noch mit Grausen zurück. Und so hielt sie Augen und Ohren offen, ob es für die Freundinnen nicht auch bald irgendwo beim Fernsehen einen Job geben könnte!
    „Hey, aufgepasst! Da kommt unser
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