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Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
Autoren: Rae Carson
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fürchten beginne, ihn mit irgendetwas beleidigt zu haben. » Hector?«
    » Ihr überrascht mich immer wieder.« Damit geht er weiter in die Dunkelheit.
    Wir kommen an eine gewundene Treppe, deren unterste Stufe bereits vermodert ist.
    » Sie windet sich durch die Palastmauern nach oben«, flüstert Hector. » Wir müssen leise sein.«
    Er wartet, bis ich nicke, dann steigt er hinauf. Die nackte Erde hinter den Holzstützen weicht allmählich gemauertem Stein, und die Stufen knarren und biegen sich unter unserem Gewicht. Um uns herum ertönen erste Lebenszeichen– Schritte, gedämpfte Stimmen, Waschwasser, das in die Gosse unter uns fließt.
    Die Treppe endet unvermittelt in einer Sackgasse. Hector hält die Kerze hoch und beleuchtet eine Wand, die für Stein viel zu glatt ist. Er fährt mit dem Finger darüber und hinterlässt dabei eine dünne Spur aus Dunkelheit auf der staubgrauen Oberfläche. Ein Klicken ertönt. Die Tür gleitet geräuschlos beiseite und gibt den Blick auf eine etwas hellere Düsternis dahinter frei.
    » Der Kleiderschrank«, flüstert er und tritt hinein. » Wartet hier, bis ich die Gemächer überprüft habe.«
    Licht flutet in den kleinen Raum, als er die beiden Türflügel öffnet und gleich darauf wieder schließt. Ich bleibe allein im Dunkeln. Mein Herz verkrampft sich, während ich die Leere um mich herum auszuloten versuche. Hier hingen früher einmal die Kleider meines Gatten. Was wohl aus ihnen geworden sein mag?
    Ich warte einige Herzschläge lang und lausche angestrengt auf mögliche Kampfgeräusche, und ich wünschte, Hector hätte mir wenigstens die Kerze gelassen.
    Dann öffnet er die Schranktüren, und die plötzliche Helligkeit blendet mich so sehr, dass ich blinzeln muss. » Alles in Ordnung«, sagt er. Ich nehme die dargebotene Hand und betrete die königlichen Gemächer.
    Das Schlafgemach meines verstorbenen Ehemannes ist von enormer Größe und dekadent mit Marmorboden und polierten Mahagonimöbeln ausgestattet. Gut zweimal mannshohe Wandteppiche hängen von vergoldeten Wandleisten. Ein riesenhaftes Bett ragt in der Raummitte empor wie eine geduckte Festung und wird von einem spitz zulaufenden, rotseidenen Baldachin überspannt.
    Ich könnte diese Suite beziehen, wenn ich wollte; als Monarchin stünde mir das zu. Aber ich hasse diese Räumlichkeiten. Sie kommen mir geschmacklos und albern vor. Und weil ich mich hier bisher nur aufgehalten habe, um die Hand eines Sterbenden zu halten und ihm im Tod beizustehen, fühlt sich die ganze Umgebung noch immer sehr tot an.
    Gegenüber befindet sich eine kleinere Tür, die zu meinen eigenen Gemächern führt. Nach Hause. » Ich habe alles überprüft. Außer Mara ist niemand da«, sagt Hector, der meinen sehnsüchtigen Blick bemerkt. » Ihr seid erst einmal sicher.«
    Erst einmal. Wir müssen strategisch vorgehen, hat er im Tunnel gesagt. Ich balle die Hände zu Fäusten, bereite mich auf etwas vor, von dem ich nicht einmal genau weiß, was es ist. » Dann gehen wir.«
    Wir sind vor Ximena und den Wachen zurückgekehrt. Ich gehe erregt in meinem Schlafgemach auf und ab, während Hector mit verschränkten Armen und entschieden vorgestrecktem Kinn an der Tür steht.
    » Ich muss etwas tun«, erkläre ich. » Ich kann nicht einfach nur hier warten.«
    Mara, meine Kammerfrau, winkt mich zum sonnendurchfluteten Atrium. » Aber wir müssen erst dein Gewand wechseln«, sagt sie hastig. » Es ist voller Staub. Und ich sollte dein Gesicht neu pudern und dein Haar richten und… und…«
    Die leise Verzweiflung in ihrer Stimme bringt mich dazu, Mara genau anzusehen. Sie ist so rank und schlank wie eine Palme, siebzehn Jahre alt, genau wie ich. Sie weicht meinem Blick aus, als sie fortfährt: » Und ich habe gerade das Becken im Atrium reinigen lassen! Möchtest du nicht vielleicht baden?«
    » Später. Ich muss erst herausfinden…« Mein Protest verstummt, als ich sehe, dass ihre Lippe zittert, und ich trete zu ihr und schließe sie in die Arme.
    Überrascht holt sie Luft, dann schlingt sie ihre Arme um mich und drückt mich fest.
    » Mir geht es gut, Mara«, raune ich in ihr Haar. » Wirklich.«
    » Der Animagus hätte dich umbringen können«, flüstert sie.
    » Hat er aber nicht.«
    Sie ist die erste, die sich aus unserer Umarmung löst. Als sie sich wieder aufrichtet, hat sie die Lippen zu einer entschlossenen Linie zusammengepresst.
    » Hector«, sage ich.
    Er öffnet die verschränkten Arme und nimmt Haltung an, betrachtet mich jedoch
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